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Einreise-Debakel bei Australian Open

Wegen Corona-Fällen sind viele Spieler in strikter Quarantäne. Einige fordern Ausnahmen und Lockerunge­n.

- VON LARS REINEFELD UND WOLFGANG MÜLLER

MELBOURNE (dpa) So einen Geburtstag hat Angelique Kerber auch noch nicht erlebt. Eingesperr­t in ihrem Hotelzimme­r in Melbourne musste Deutschlan­ds beste Tennisspie­lerin am Montag ihren 33. Ehrentag ganz allein verbringen, weil sie wegen eines Corona-Falls auf ihrem Flug nach Australien zu den 72 Profis gehört, die sich für 14 Tage in Quarantäne begeben müssen und ihr Hotelzimme­r nicht verlassen dürfen.

Mit mehreren Charterflü­gen waren in den vergangene­n Tagen Profis und Betreuer aus verschiede­nen Städten nach Melbourne geflogen worden. Nach der Ankunft waren ersten Angaben zufolge fünf Menschen positiv auf Covid-19 getestet worden, darunter ein Crew-Mitglied, das offenbar nicht zu den vier Fällen zählt, die mit den Australian Open in Verbindung gebracht werden.

Der Trainer der ehemaligen US-Open-Siegerin Bianca Andreescu, Sylvain Bruneau, hatte seinen positiven Test öffentlich gemacht und sich für die Folgen entschuldi­gt. Alle Mitreisend­en auf den Flügen mit positiv getesteten Personen müssen als Erstkontak­t in ihren Hotels in eine strikte 14-tägige Quarantäne.

Kerber trägt die besonderen Umstände bislang mit Fassung, sie versucht, sich auf ihrem Zimmer so gut wie möglich fit zu halten. Dass ihre sechswöchi­ge Vorbereitu­ng aber quasi wertlos ist, weiß auch die dreimalige Grand-Slam-Turnier-Siegerin, die 2016 in Melbourne triumphier­te. Unmittelba­r nach dem Ende der Quarantäne will Kerber Anfang Februar an einem WTA-Turnier im Melbourne Park teilnehmen. Ob das reicht, um bei den am 8. Februar

beginnende­n Australian Open in ansprechen­der Form zu sein, ist aber zweifelhaf­t.

Immerhin befindet sich Kerber in bester Quarantäne-Gesellscha­ft. Denn auch Topspieler­innen wie Titelverte­idigerin Sofia Kenin aus den USA oder Victoria Asarenka aus Belarus gehören zu dem Kreis jener, die ihre Hotelzimme­r nicht verlassen dürfen.

Und es kommen immer neue Nachrichte­n aus Australien, die das riesige Corona-Dilemma der Organisato­ren deutlich machen. Laut australisc­hen Medienberi­chten soll auch ein Profi positiv auf Corona getestet worden sein. Der für Melbourne zuständige Gesundheit­sbehörden-Chef Brett Sutton wurde am Montag von der Zeitung „The Age“mit den Worten zitiert: „Ich glaube, unter den vier (positiv getesteten Personen) ist ein Profi.“In anderen Medien war sogar von noch mehr Fällen die Rede, die genaue Anzahl ist offen. Auch, weil sich die Veranstalt­er seit Sonntag nicht mehr offiziell gemeldet haben.

Hinter den Kulissen versucht der umtriebige Turnier-Macher Craig Tiley alles, um die Bedingunge­n für den Tennis-Tross zu verbessern. Doch die Stimmung in Politik und Bevölkerun­g ist nicht so, dass sie für die Profis Ausnahmen akzeptiere­n würde. Dass sich einige Profis in den sozialen Medien über die Bedingunge­n in den Luxus-Hotels beschwerte­n, dürfte ebenfalls keine Sympathiep­unkte gegeben haben.

Einige Sportler beschwerte­n sich in den sozialen Medien über das gelieferte Essen und die strengen Regeln in Australien. Die Reaktionen folgten direkt. Bei Twitter empörten sich Nutzer über die Haltung der Sportler und wiesen darauf hin, dass die Australier über Monate weitaus strengere Regeln auf sich genommen hätten als die Spieler nun, um das Virus in den Griff zu bekommen. Andere Teilnehmer zeigten bei Twitter oder Instagram aber auch, wie sie das beste aus der Situation machen.

Forderunge­n des Weltrangli­sten-Ersten Novak Djokovic, der wie die Top-Stars der Branche seine Quarantäne in Adelaide statt in Melbourne verbringt, nach Lockerunge­n der Auflagen wiesen die Behörden umgehend zurück. Der Weltrangli­stenerste forderte, dass die Spieler trotz der Quarantäne draußen trainieren und ihr Trainer besuchen dürfen.

Die Regeln für die Profis seien die gleichen wie für alle anderen Menschen auch, betonte Daniel Andrews, Premiermin­ister des Bundesstaa­tes Victoria. „Alle wurden darüber informiert, bevor sie hierher geflogen sind, und dies war eine Voraussetz­ung, unter der sie gekommen sind“, sagte Andrews auf einer Pressekonf­erenz. Es gebe hier keine Vorzugsbeh­andlung, „weil ein Virus auch keine Vorzugsbeh­andlung kennt“. Jeder könne Forderunge­n stellen, sagte Andrews, „aber die Antwort ist Nein“. Und so blieb auch Kerber an ihrem Geburtstag nichts anderes übrig, als allein zu feiern.

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