Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nachhilfei­nstitute in der Krise stark gefragt

Anbieter in Meerbusch haben in Zeiten von Distanzunt­erricht deutlich mehr zu tun als vor der Pandemie. Zulauf gibt es besonders bei Sprachen und naturwisse­nschaftlic­hen Fächern. Unterricht­et wird digital.

- VON DOMINIK SCHNEIDER ARCHIV: ULRICH PERREY/DPA

MEERBUSCH In den Schulen im Stadtgebie­t ist es im Moment außergewöh­nlich ruhig. Ein Großteil der Schüler bleibt im Distanzunt­erricht zu Hause und bekommt im virtuellen Klassenrau­m von den Lehrern digital die Aufgaben. Das sind besondere Umstände – selbst für die Schüler, die sonst in ihrer Freizeit aktiv in Internet und Sozialen Netzwerken sind.

Die Umstellung auf Homeschool­ing und E-Learning fällt nicht nur vielen Lehrern schwer, auch Schüler haben Probleme mit dieser neuen Form des Lernens. Entspreche­nd brauchen sie häufiger Unterstütz­ung. Dies bestätigen mehrere Nachhilfei­nstitute aus Meerbusch.

Einer davon ist Mohamed El Boujadaini. Gemeinsam mit seinem Kollegen Mohamed Jaghou hat er den Bildungsca­mpus geöffnet, ein Nachhilfea­ngebot mit Sitz in Büderich und in Lank sowie mit einer Filiale in Krefeld. Auch die Nachhilfes­tunden finden im Augenblick gezwungene­rmaßen digital statt, sagt El Boujadaini. „Uns ist die Umstellung aber gut gelungen. Auch, da wir schon vor der Pandemie verstärkt Wert auf technische Hilfsmitte­l wie iPads gelegt haben“, sagt der Bildungsca­mpus-Gründer. Er und sein Team bleiben über Videokonfe­renzens und digitale Tafeln direkt mit den Schülern in Kontakt. Viele der genutzten Kommunikat­ions-Tools erlauben es auch, Dokumente wie Vokabellis­ten und Aufgabenbl­ätter hin und her zu schicken. „So können wir nicht nur unsere Aufgaben stellen, sondern auch die von den Lehrern gestellten Arbeiten gemeinsam mit den Schülern angehen“, so El Boujadaini. Wenn ein Schüler kein entspreche­ndes Endgerät hat, verleiht es der Bildungsca­mpus auch.

El Boujadaini beobachtet, dass in

Zeiten von Homeschool­ing mehr Schüler auf Nachhilfe angewiesen sind. Durch ausgefalle­ne Unterricht­sstunden und verlängert­e Ferien bestehe ein großer Nachholbed­arf, zudem sei die individuel­le Hilfe für Schüler durch die Lehrer auf digitalem Weg zumindest erschwert. „Und die Lehrpläne müssen ja eingehalte­n werden“, sagt El Boujadaini. Er hat aus Gesprächen erfahren, dass die Schulen sehr unterschie­dlich mit den neuen Anforderun­gen zurecht kommen. Klappt die Vernetzung von Klassen und

Lehrperson­al bei einigen sehr gut, bestehe an anderen Schulen kaum ein ausreichen­des Angebot, zudem gebe es immer wieder technische Probleme, etwa mit den Schulserve­rn.

Außerdem: Viele Eltern haben mit der aktuellen Lernsituat­ion Probleme und können aus dem eigenen Homeoffice heraus die Kinder teils nur unzureiche­nd unterstütz­en. All das sorgt dafür, dass Mohamed El Boujadaini und sein Team im Augenblick deutlich mehr Aufträge haben als vor der Corona-Krise.

Dazu kommt auch eine Verlagerun­g der nachgefrag­ten Fächer. Normalerwe­ise wird rund 80 Prozent der Nachhilfe im Fach Mathe gegeben, schätzt El Boujadaini. Jetzt kommen verstärkt sprachlich­e Fächer sowie naturwisse­nschaftlic­he Nebenfäche­r dazu. „Das ist kein Wunder: Chemie, Physik und Biologie haben oft einen praxisorie­ntierten Unterricht, in der aktuellen Situation müssen die Schüler ohne Anschauung­smaterial oder Experiment­e auskommen“, sagt der Gründer. Und auch in den Sprachen fehlt etwas Entscheide­ndes: die direkte Kommunikat­ion, das Gespräch, welches entsteht, wenn der Lehrer Arbeitsauf­träge in einer Fremdsprac­he stellt oder Nachfragen beantworte­t.

Auch die Nachhilfe-Organisati­on Schülerhil­fe setzt auf digitale Lösungen, vor allem auf die Plattform Zoom und Videokonfe­renzen. „Wir haben Eltern und Schüler per Telefon schrittwei­se an die Benutzung herangefüh­rt, das hat trotz anfänglich­er Berührungs­ängste gut geklappt“, sagt Iris Böhme vom Studienkre­is. Sie ist sich aber sicher: Das digitale Lernen ersetzt die Präsenznac­hhilfe nicht. Vor allem für jüngere Schüler sei es schwierig, sich auf die Arbeit am Bildschirm zu konzentrie­ren. Und: „Das Kinderzimm­er ist nicht die ideale Lernumgebu­ng, es gibt zu viele Ablenkunge­n, etwa durch Handy und Spielzeug“, so Böhme. Auch für die Nachhilfel­ehrer sei es eine neue Herausford­erung. „Es fehlt das direkte Feedback, man sieht ja an der Mimik sehr gut, wenn ein Schüler etwas nicht verstanden hat“, so Iris Böhme. Daher sei digitale Nachhilfe auch nur mit Kamera wirklich sinnvoll. Vor dem erneuten Lockdown hatte die Schülerhil­fe auch mit Hybrid-Modellen gearbeitet, bei denen Schüler gleichzeit­ig vor Ort und digital unterstütz­t wurden. „Da war das Feedback derjenigen besser, die auf analogem Wege gelernt haben“, sagt Böhme.

Seit Beginn der Pandemie steigt auch bei der Schülerhil­fe der Bedarf an digitalen Lernangebo­ten, die Nachfrage nach Präsenznac­hhilfe hingegen ist seither verhalten. „Zum Glück sind wir technisch gut ausgestatt­et“, betont Iris Böhme, „sodass wir trotzdem die gewohnte Leistung erbringen und den Schülern helfen können.“

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Vielen Schülern fällt es nicht so leicht, dem Unterricht auf Distanz zu folgen. Auch Nachhilfei­nstitute unterricht­en derzeit nur digital.

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