Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Nationalsozialisten auf Expedition in Tibet
Ein SS-Kommando auf dem Dach der Welt: Am 19. Januar 1939 erreichte eine der sonderbarsten Geheimmissionen der Nationalsozialisten die Stadt Lhasa. Die Forscher, darunter der Anthropologe Bruno Beger und der Zoologe Ernst Schäfer, waren von SS-Chef Heinrich Himmler geschickt worden. Sie sollten in Tibet nach Beweisen für einen besonders bizarren Teil der nationalsozialistischen Rassentheorie suchen: Angeblich seien im Himalaya noch Nachfahren der sogenannten „Ur-Arier“zu finden – eine angebliche vor-antike Zivilisation, die ein Vorläufer der „Herrenrasse“sein sollte, zu der die Nazi-Ideologen die Deutschen erklärt hatten. Beger, Schäfer und ihre Kollegen wurden in Lhasa tatsächlich freundlich empfangen. Die Tibeter begrüßten die Reisenden mit Geschenken und ließen sich höflich vermessen – Gesichtsproportionen und Körpermaße sollten als Beweis für die „arische“Abstammung herhalten. Als Ergebnis seiner pseudo-wissenschaftlichen Untersuchungen verkündete Beger, dass die Tibeter aus Sicht der Rassentheorie geeignet seien, eine Art Partnervolk der Deutschen zu werden. Im Sommer 1939 kehrten die Expeditionsteilnehmer nach Deutschland zurück, ab 1943 wurden ihre Erkenntnisse der deutschen Öffentlichkeit in dem Film „Geheimnis Tibet“vorgeführt. Da hatte Anthropologe Beger bereits eine andere Tätigkeit übernommen: Er vermaß zur Unterstützung seiner kruden Thesen im Konzentrationslager Auschwitz Häftlinge. Zu diesem Zweck ließ er Menschen ermorden. 1970 wurde er wegen Beihilfe zu 86-fachem Mord zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt.