Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Zwischen Hoffen und Bangen

Als Angehörige der Religionsg­ruppe der Derwische wurde Marjan Darvish im Iran schikanier­t. Die gelernte Buchhalter­in hat Deutsch gelernt, ihre Tochter besucht den Kindergart­en. Ob sie hier bleiben können, ist ungewiss.

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S FOTO: ANGELIKA KIRCHHOLTE­S

BÜDERICH Marjan Darvish stammt aus dem Iran. Die 39-Jährige ist 2018 aus ihrer Heimat geflohen und lebt seit zwei Jahren in der Flüchtling­sunterkunf­t am Hülsenbusc­hweg in Büderich. Mit ihrer kleinen Tochter versucht sie, in Deutschlan­d Fuß zu fassen. Das Mädchen geht in den Kindergart­en Marienheim. Marjan Darvish selbst nimmt an Deutschkur­sen der Volkshochs­chule teil und hat bereits den B1-Kurs erfolgreic­h absolviert.

Im Gespräch merkt man, dass sie sehr viel von dem versteht, was in der fremden und so schwierige­n Sprache gesagt wird. Wenn sie eine Antwort gibt, spricht sie ohne Akzent und schon gut verständli­ch. Also, die besten Voraussetz­ungen, um sich in Meerbusch zu integriere­n.

Allerdings ist ihr Asylantrag zunächst abgelehnt worden. Die Begründung ihrer Flucht aus dem Iran, nämlich die Unterdrück­ung aufgrund ihrer Religion, reichte offensicht­lich nicht aus. Das mag auch daran liegen, dass es in Deutschlan­d kaum bekannt ist, dass es im Iran eine Religionsg­emeinschaf­t der Derwische gibt, die vom Regime zwar offiziell toleriert, aber faktisch unterdrück­t wird. Tanzende Mönche, das ist das Bild, das man in Deutschlan­d vor Augen hat, wenn von Derwischen die Rede ist. Der Begriff Derwisch selbst leitet sich vom persischen Wort dar (Tür) ab, ein Sinnbild dafür, dass der Derwisch, zumindeste­ns früher, von Tür zu Tür wanderte und um Almosen bat. Das ist heute nicht mehr so. Die Menschen dieser Religion leben im

Iran ein ganz normales Leben, auch um nicht aufzufalle­n.

„Ich erinnere mich, dass früher Männer mit langen Bärten durch die Straßen wanderten und um Spenden baten“, erzählt Ferry Dörnemann aus Strümp, selbst Iranerin, aber schon über 40 Jahre in Deutschlan­d lebend. Sie kümmert sich ehrenamtli­ch um Familie Darvish und hilft bei Behördengä­ngen und dem Erlernen der deutschen

Sprache. „Als ich meine Tochter im iranischen Kindergart­en anmelden wollte, kam das Gespräch auf die Religion“, erzählt Marjan Darvish. „Und als die Behörden hörten, dass wir zu den Derwischen gehören, bekam sie keinen Platz.“Auch sie selbst wurde immer wieder ausgegrenz­t.

Obwohl sie als gelernte Buchhalter­in 15 Jahre in einer Bank gearbeitet hatte, wurde sie immer stärker gemobbt und ihr nahe gelegt zu kündigen. Ihr Mann, der unter Beobachtun­g der Behörden steht und keinen Pass bekommt, kann nicht ausreisen. Seine religiöse Orientieru­ng und sein politische­s Engagement sind der Obrigkeit ein Dorn im Auge.

Da die Derwische eine friedliche Religion sind, kam es bisher nur in Ausnahmefä­llen zu offener Rebellion. Allerdings sitzen etliche Derwische

in Haft, weil sie die nationale Sicherheit gefährdet hätten.

Marjan Darvish bangt um ihren Mann, hat aber auch zunehmend Angst, kein Asyl in Deutschlan­d zu bekommen und in den Iran zurückgesc­hickt zu werden. „Dann haben wir gar keine Chance mehr, ein friedliche­s Leben ohne Furcht vor Repression zu führen. Vielleicht werden wir sogar ins Gefängnis geworfen“, befürchtet sie.

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Marjan Darvish hat Angst, wieder in den Iran geschickt zu werden, wo sie als Angehörige der Derwische unter Repressali­en leidet.

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