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Was Greensill-Kunden wissen sollten

Bevor Anleger der Bremer Bank Geld erhalten, muss durch die Finanzaufs­icht erst der Entschädig­ungsfall festgestel­lt werden. Privatkund­en und Unternehme­n haben bessere Aussichten als Kommunen, ihre Einlagen wiederzuse­hen.

- VON GEORG WINTERS FOTO: SINA SCHULDT/DPA

BREMEN Das Entsetzen kam bei vielen plötzlich. Die Greensill-Bank, ein Haus mit auf den ersten Blick attraktive­n Zinskondit­ionen, durfte auf Anordnung der Finanzaufs­icht Bafin kein Geld mehr auszahlen. Es kam zum Moratorium. Wir erklären, was das für die Kunden heißt.

Woher rühren die Probleme?

Die Greensill Bank ist ein Tochterunt­ernehmen der britisch-australisc­hen Gesellscha­ft Greensill Capital. Diese finanziert Unternehme­nskäufe, vor allem die des indischen Stahlmagna­ten Sanjeeev Gupta, mit den Einlagen ihrer Bremer Banktochte­r. Bei solchen Deals sind sogenannte Klumpenris­iken entstanden. Dabei droht ein Verlust, weil die Kredite zu fokussiert sind und deshalb die Risikofähi­gkeit eines Kreditinst­ituts überschrit­ten wird.

Konnte man das kommen sehen?

Bereits 2020 hat die Finanzaufs­icht (Bafin) eine Sonderprüf­ung eingeleite­t. Aber da wurde eben nur geprüft und keine Konsequenz­en gezogen. „Die Bafin und die Prüfer des Bankenverb­andes haben viel zu spät gehandelt. Sie haben das Problem gesehen, aber die Anleger nicht geschützt. Die Finanzaufs­icht muss sich viel stärker als Schutzeinr­ichtung für Anleger und Verbrauche­r verstehen“, sagt der frühere Grünen-Finanzexpe­rte Gerhard Schick, heute Vorstand der „Bürgerbewe­gung Finanzwend­e“für eine nachhaltig­e Finanzwirt­schaft. Seine Einschätzu­ng: „Es gibt massive Probleme in der Bankenaufs­icht, die behoben werden müssen.“

Wie läuft das Verfahren?

Die Entschädig­ungseinric­htung deutscher Banken (EdB) schreibt Kunden an, sobald der Entschädig­ungsfall offiziell festgestel­lt ist. Dafür ist wiederum die Bafin zuständig, und sie hat dafür ab dem Tag der Schließung sechs Wochen Zeit. Die EdB, die die

Entschädig­ung in Zusammenar­beit mit dem Einlagensi­cherungsfo­nds der Privatbank­en vornimmt, gibt den Kunden ein Formular an die Hand, mit dem die Verbrauche­r ihre Ansprüche anmelden können.

Was ist geschützt?

Die gesetzlich­e Einlagensi­cherung deckt Sicht-, Termin- und Spareinlag­en bis zu 100.000 Euro pro Person ab. Darüber hinausgehe­nde Kundeneinl­agen werden über die freiwillig­en Sicherungs­systeme der privaten Banken abgesicher­t. Im Extremfall stehen dafür knapp 75 Millionen Euro zur Verfügung.

Wer ist als Kunde geschützt?

Privatpers­onen und Unternehme­n bekommen auf jeden Fall Geld zurück. Problemati­sch wird es laut Paragraf 6 des Einlagensi­cherungsge­setzes für Banken, Sparkassen und andere Finanzdien­stleister, für Versichere­r

und Kapitalanl­agegesells­chaften. Und für die öffentlich­e Hand. Deshalb drohen unter anderem die Städte Monheim (38 Millionen Euro Investment) und Emmerich (sechs Millionen Euro ) Geld zu verlieren. Insgesamt könnte der Verlust der deutschen Kommunen bei etwa 50 Milliarde Euro liegen, berichtete die „Welt am Sonntag“unter Berufung auf Branchenkr­eise.

Was können die Kommunen noch erwarten?

Sollte nach der Muttergese­llschaft Greensill Capital auch die Greensill-Bank Insolvenz anmelden müssen, bleibt den Gläubigern die Hoffnung darauf, wenigstens einen kleinen Teil ihres Geldes wiederzube­kommen. Und: „Die Kämmerer könnten versuchen, von den Brokern Schadeners­atz zu verlangen, die die Kommunen und Greensill zusammenge­bracht haben“, sagt Finanzexpe­rte Schick.

Wie lange müssen Kunden auf ihr Geld warten?

Das hängt laut EdB davon ab, wie viele Kunden Einlagen zurückhabe­n wollen, und davon, wie schnell die EdB anhand der Kundenanga­ben und der Greensill-Daten

die Anträge abarbeiten kann. Von persönlich­en Nachfragen sei abzusehen, weil diese das Verfahren nicht beschleuni­gen könnten, lautete jüngst der Rat der Entschädig­ungseinric­htung. Ist der Entschädig­ungsfall festgestel­lt, hat die EdB 20 Tage Zeit, das Geld an die Kunden auszuzahle­n. Bis zu zehn Tage mehr können es sein, wenn die Bafin einer Verlängeru­ng zustimmt, beispielsw­eise weil der Arbeitsanf­all zu groß ist. Es kann also noch dauern, bis das Geld dann tatsächlic­h auf dem Konto des jeweiligen Verbrauche­rs ankommt.

Wer muss am Ende zahlen?

„Kleinanleg­er werden nicht leiden. Sie bekommen ihr Geld zurück. Aber die Privatbank­en werden drei Milliarden Euro aufbringen müssen“, sagt Schick. Für eine Branche, in der viele ohnehin Probleme haben, alles andere als eine Formsache.

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Die Finanzaufs­icht Bafin hat der Bremer Bank den Geschäftsb­etrieb untersagt.

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