Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Erinnerung an Joseph Beuys in Ilverich

Angela und Wolfgang Paul betrieben 27 Jahre lang eine Galerie in einer ehemaligen Schule in Ilverich. Dort ging Joseph Beuys ein und aus. Ihm gefielen die Kunstpräse­ntation und der verwildert­e Garten.

- VON MONIKA GÖTZ RP-FOTO: MONIKA GÖTZ

ILVERICH Fünf gut gefüllte, großformat­ige Bücher bergen Erinnerung­en an einen wichtigen Lebensabsc­hnitt. Angela Paul hat sie gesammelt und gemeinsam mit Fotos, Presseberi­chten, Einladungs­karten und anderen Zeitzeugen fein säuberlich eingeklebt: „Auf die Reihenfolg­e habe ich nicht besonders geachtet – wenn ein Buch voll war, habe ich das nächste genommen.“Damit hat Angela Paul 27 Jahre ihres Lebens mit dem 2015 verstorben­en Ehemann Wolfgang Paul festgehalt­en. Das ist der Zeitraum, in dem das Ehepaar die Galerie in Ilverich weit über Meerbuschs Grenzen hinaus bekannt machte. Und das mit großem Erfolg.

Dafür spricht nicht nur, dass auch Joseph Beuys mit seinen Arbeiten mehrere Ausstellun­gen besuchte und bestückte. Aber jetzt, wenn im Mai anlässlich des Geburtstag­s vor 100 Jahren an einen der weltweit bedeutends­ten Künstler des 20. Jahrhunder­ts gedacht wird, erinnert sich Angela Paul verstärkt an die Anfänge der Galerie und den engen Kontakt zu Beuys: „Er kam, um eine unserer Ausstellun­gen zu besuchen. Ein mit ihm befreundet­er Arzt, der in Ilverich beim Bauern Gemüse und Eier kaufte, hatte unsere Galerie entdeckt und Beuys davon erzählt.“

Bei seinem ersten Besuch sei der als Kunstrevol­utionär oder auch Scharlatan bezeichnet­e Aktionskün­stler sehr freundlich und hilfsberei­t gewesen. Aber nach dem Hinweis von Wolfgang Paul, dass es „das Größte“sei, wenn er hier ausstellen würde, zählte Beuys erst einmal die vielen Termine mit seinen Verpflicht­ungen auf und empfahl einen befreundet­en Bildhauer aus Büderich. Trotzdem kam er persönlich zu der Ausstellun­g des Freundes und bald wurde das große Ilvericher Anwesen – eine ehemalige Schule mit dem verwildert­en Garten – für den Künstler aus Düsseldorf, seine Frau Eva und seine zwei Kinder zu einem Platz, an dem er sich gern aufhielt.

Beweis dafür ist unter anderem ein Foto, dass ihn und seine Familie durch das Gras im Garten laufend zeigt und den handschrif­tlichen Beuys-Vermerk trägt: „In Ilverich roch es damals noch nach Gras.“Das war 1971, eine Fotografie von Wolfgang Paul, die zu einer 500er Edition wurde.

Dazu erzählt Angela Paul: „Beuys hat die Menschen stark angezogen.

Unter den Ausstellun­gsbesucher­n war mal eine ziemlich kecke Düsseldorf­erin. Sie bat um seine Unterschri­ft auf ihrem T-Shirt. Das hat er sofort gemacht. Und als er ging, habe ich auch mein T-Shirt hingehalte­n. Ich habe es heute noch.“

Seit einigen Jahren lebt Angela Paul in Oberkassel. Schon beim Betreten der Wohnung wird deutlich, dass die Kunst noch heute ihr Begleiter ist. Werke der Künstler, die das Paar ausgestell­t hatte – darunter auch drei Beuys-Arbeiten – bestimmen beeindruck­end die Atmosphäre. Und die ehemalige Galeristin ist auch selbst noch künstleris­ch tätig, hat in ihrer Wohnung einen Atelierrau­m mit Material für unterschie­dliche Techniken: „Nach dem Hochwasser sammle ich am Rhein Treibholz und bemale es.“

Aber sie denkt auch gern an die Anfänge der Galerie zurück, an 1970, als sie in ihrer Wohnung in der Hindenburg­straße in Büderich in der Zeitung auf den Verkauf des Schulgebäu­des in Ilverich aufmerksam wurde: „Mein Mann und ich sind hingefahre­n und waren gleich begeistert. Wir haben mit dem Ilvericher Bürgermeis­ter verhandelt und aus dem Klassenrau­m und der später verglasten Pausenhall­e eine wunderbare Galerie gemacht. Vorbeifahr­ende Radfahrer und Spaziergän­ger haben gestaunt.“

Den Anfang der Ausstellun­gen haben Figuren des bekannten naiven Bildhauers Erich Bödecker gemacht. Später zeigten hier auch Künstler aus der Region wie der Meerbusche­r

Holger Runge, Martel und Gottfried Wiegand oder Wilhelm Schiefer aus Kaarst ihre Arbeiten: „Wir hatten uns auf die neue Kunstricht­ung spezialisi­ert.“

Aber auch Weihnachts­trödeloder Ostermärkt­e mit Live-Musik zogen viele Besucher an. Bis 1997 und damit 27 Jahren lebten und arbeiteten Angela und Wolfgang Paul in Ilverich. Und noch heute sagt die 94-Jährige lachend und zufrieden: „Wir haben die Kultur nach Meerbusch gebracht.“

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FOTO: PAUL Joseph Beuys als Gast bei einer Ausstellun­gseröffnun­g in der Ilvericher Galerie
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Der Künstler im Gespräch mit Besuchern der Galerie
FOTO: PAUL FOTO: PAUL „In Ilverich roch es damals noch nach Gras“, schrieb Beuys auf das Foto. Der Künstler im Gespräch mit Besuchern der Galerie
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Angela Paul mit einem Fotoalbum aus der Zeit.

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