Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Testen vor dem Fliegen wird die neue Normalität
Deutschlands Feriengebiete sollen Ostern dicht bleiben, die Luftfahrtbranche setzt Testen als vorrangige Schutzstrategie durch. Tui und DER Touristik stehen bereit.
BERLIN Die Lobby der deutschen Pensionsbetreiber, Ferienhausanbieter oder Hotelbesitzer hat nur wenig zu sagen, die Luftfahrtunternehmen und Tourismusveranstalter finden dagegen in Berlin ein offenes Ohr. So lassen sich die touristischen Entscheidungen der Bund-Länder-Konferenz zugespitzt zusammenfassen. Denn während es über Ostern nicht erlaubt sein soll, dass eine Familie innerhalb Deutschlands eine
Ferienwohnung mietet, erhält die Luftfahrtbranche von der Politik das, was sie seit Monaten vorschlägt: Massenhaft Tests vor Abflügen sollen das Einsteigen in einen Jet wieder attraktiver machen. Und nachdem mehrere Staaten, beispielsweise die Türkei und Spanien, schon die Testpflicht vor Abflug durchgesetzt haben, indem sie eine Einreise ohne negatives Testergebnis verboten, zieht Deutschland nach: Für alle Flüge soll ein Test vor Abflug in die Bundesrepublik verpflichtend werden. Das werde „Einreisevoraussetzung
bei Flügen nach Deutschland“.
„Wir stehen bereit, zu handeln“, erklärt ein Sprecher von Tui auf Anfrage. Der deutsche Marktführer habe bereits viele Wochen lang Heimkehrer von den Kanaren vor dem Abflug testen lassen, weil die Inselgruppe als Hochrisikoregion eingestuft worden war. Jetzt könne die Prozedur auch mit Mallorca als entscheidendem Osterziel anfangen.
Auch der Branchenzweite DER Touristik (Rewe) begrüßt die Berliner Linie. Man verzeichne eine sehr hohe Nachfrage nach Mallorca-Flügen über Ostern. Und man habe bereits mit mobilen Testlaboren vor Ort die Planungen gestartet, teilte das Unternehmen mit. Es sei grundsätzlich zu begrüßen, dass es für Urlauber aus Gebieten mit geringeren Indizenzwerten weiterhin keine Quarantänepflicht, aber nun die neue Testpflicht gebe. Dabei muss allerdings differenziert werden: Die reine Testpflicht vor Rückkehr gilt aktuell nur für Mallorca und die anderen Balearen-Inseln wie Ibiza, Menorca und Formentera sowie einige andere Regionen.
Andere Urlaubsgebiete haben dagegen häufig so hohe Inzidenzwerte, dass auch nach Rückkehr laut Bundesregelung noch eine Quarantäne nötig ist. Für etwa 160 von rund 200 Ländern weltweit gilt weiterhin die Quarantänepflicht bei Rückkehr. In Nordrhein-Westfalen gilt dies allerdings nur bedingt, weil sich Rückkehrer aus Ländern, die als einfaches Risikogebiet eingestuft sind – wie Griechenland, Italien, Marokko, die Schweiz, große Teile Österreichs oder Frankreichs –, durch einen qualifizierten Corona-Test von der Quarantäne befreien lassen können.
Wie geht es weiter? Unternehmen wie Condor und Eurowings hoffen, dass sich Tests vor Abflug durchsetzen. „Wir als Deutschlands führender Ferienflieger halten es für richtig, Teststrategien im Flugverkehr zu stärken“, sagt ein Sprecher von Eurowings. Im Gegensatz zu pauschalen Quarantäneregeln würden „regelmäßige Covid-19-Tests wirksamen Infektionsschutz“bringen. Die Ostertests in Mallorca würden vorbereitet. Am Airport Düsseldorf sollen im Sommer bis zu 70.000 Passagiere am Tag getestet werden, sagt Flughafen-Chef Thomas Schnalke.
Schockiert sind die innerdeutschen Anbieter. „Erneut lassen Bund und Länder den Deutschland-Tourismus ohne Perspektive im Regen stehen“, sagte Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes. Ihm nütze auch wenig, dass über Ostern von jeder Art des Reisens inklusive Mallorca abgeraten wird – verboten sind nur Aufenthalte in der Heimat.
Tests könnten auch den hiesigen Tourismus retten. In Tübingen gibt es nach einem Test den „Tübingen-Pass“, der Besuchern auch einen Gastronomiebesuch erlaubt. Das Konzept könnten Sylt, Borkum, Heiligendamm oder auch Garmisch kopieren: Urlaub ja, aber mit regelmäßigen Tests.
Norbert Kunz Deutscher Tourismusverband
„Bund und Länder lassen den Deutschland-Tourismus im Regen stehen“