Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Einigung im Luftstreit rückt näher

Land und Umwelthilf­e sprechen wieder über eine Einigung, Fahrverbot­e sind wohl vom Tisch. Die Verkehrswe­nde bleibt trotzdem Thema – denn es gibt längst eine viel größere Herausford­erung.

- VON ARNE LIEB

DÜSSELDORF Die Sorge vor Diesel-Fahrverbot­en erregte über Jahre die Gemüter. Alles deutet darauf hin, dass sich das bald erledigt hat. Das Land NRW und die Umwelthilf­e haben Gespräche aufgenomme­n, um einen Vergleich vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht vorzuberei­ten. Der Umweltorga­nisation, die wegen der zu hohen Stickoxidb­elastung auf Düsseldorf­er Hauptstraß­en geklagt hatte, hat bei einem Treffen vor zwei Wochen ein „Eckpunktep­apier“vom Umweltmini­sterium erhalten. Offenbar wird dort nicht nur aufgeliste­t, wie sich Düsseldorf bereits um saubere Luft bemüht. Die Behörden bieten auch weitere Maßnahmen für saubere Luft an. So soll bald eine Einigung erzielt werden.

Ein Grund, warum man sich offenbar näherkommt, liegt in den guten Messwerten. Nur noch für die Merowinger­straße ist noch nicht auszuschli­eßen, dass die Stickoxid-Grenzwerte im vergangene­n Jahr eingehalte­n wurden. Überall sonst waren die Werte in Ordnung. Das hängt natürlich mit der Pandemie zusammen, folgt aber auch dem Trend. Als Gründe gelten, dass immer mehr alte Autos ersetzt werden – und dass Düsseldorf schon einiges unternomme­n hat, um die Werte an den Hotspots zu senken. Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) geht vor diesem Hintergrun­d nicht davon aus, dass weitere Klagen dazukommen, wenn das Verfahren mit der Umwelthilf­e abgeschlos­sen ist.

Eine Einigung liegt auch nahe, weil Düsseldorf die letzte der 14 beklagten Kommunen in NRW ist, für die ein solcher Vergleich noch aussteht. Die Umwelthilf­e ist also grundsätzl­ich zum Entgegenko­mmen bereit, auch wenn die Organisati­on und ihr Geschäftsf­ührer Jürgen Resch rhetorisch gern austeilen. Noch im ersten Halbjahr könnten Ministeriu­msangaben zufolge die Vergleichs­gespräche beginnen.

Die Umwelthilf­e kann sich in jedem Fall zugutehalt­en, dass sie mit ihrer Klage viel in Bewegung gebracht hat. Um Fahrverbot­e zu vermeiden, hat auch Düsseldorf an seinem Luftreinha­lteplan stark nachgebess­ert. Der Ordnungs- und Verkehrsau­sschuss erhält am Mittwoch eine Übersicht über die aktuellen Projekte für die Luftreinha­ltung und ihre Umsetzung.

So hat die Rheinbahn 154 alte Dieselbuss­e vorab ausgemuste­rt und durch Modelle mit dem neusten Abgasstand­ard Euro 6d ersetzt, außerdem experiment­iert das kommunale Verkehrsun­ternehmen auf Wunsch der Politik vermehrt mit emissionsf­reien Antriebsar­ten. Dazu kommen diverse Vorhaben zur Förderung von Bus und Bahn wie ÖPNV-Sonderspur­en sowie Investitio­nen für den Radverkehr. Außerdem will man mehr Park-and-Ride-Plätze schaffen, in der Innenstadt sollen dafür Parkplätze für Autos wegfallen.

Die „Reduzierun­g des öffentlich­en Parkraums durch Radverkehr­s- und ÖPNV-Maßnahmen“gehört auch zu den Zielen.

Dass die einst wegen des Streits mit der Umwelthilf­e ersonnenen Umweltspur­en jüngst weggefalle­n sind, wird die Gespräche zumindest aus Sicht von Land und Stadt nicht gefährden. Durch die neuen Pförtneram­peln, die ebenfalls den Verkehr drosseln, würden die umstritten­en Sonderspur­en eins zu eins ersetzt, heißt es. Daneben will die Landesregi­erung – sie ist formal zuständig – in den Gesprächen mit weiteren Projekten punkten. Umwelthilf­e-Geschäftsf­ührer Resch ist von dieser Argumentat­ion offenbar noch nicht überzeugt, er hat kürzlich Oberbürger­meister Keller vorgeworfe­n, dieser habe mit der vorschnell­en Umweltspur-Abschaffun­g sein Wort gebrochen. Das weisen Keller und ein Sprecher des Umweltmini­steriums

zurück. Es gibt offenbar noch Redebedarf.

Eins ist bereits klar: Eine Reduzierun­g des Autoverkeh­rs wird politisch auch dann ein Ziel bleiben, wenn dieser Streit beigelegt wird – dafür gibt es derzeit einen breiten Rückhalt, nicht nur in Düsseldorf. Schwarz-Grün will die Verkehrswe­nde vorantreib­en, SPD, Linksparte­i und Klimaliste im Stadtrat fordern noch mehr Engagement. Ein Weg zurück zur autogerech­ten Stadt ist derzeit politisch kein Thema. Denn die (außerhalb des Lockdowns) verstopfte­n Straßen sind nicht nur wegen der Luftbelast­ung ein Problem. Der Stadtrat hat sich verpflicht­et, die Anstrengun­gen für den Klimaschut­z zu verstärken. Auch das geht nur mit erheblich weniger Abgasausst­oß. Viele Projekte aus dem Luftreinha­lteplan dürften also auch den Weg in entspreche­nde Programme für den Klimaschut­z finden.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Eine Infotafel am Südpark weist auf das Ende der Umweltspur­en hin. An ihre Stelle sollen andere Projekte für Luftreinhe­it treten.

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