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Das Husten der Gorillas

Nach ersten Covid-19-Fällen unter den Menschenaf­fen laufen die Bemühungen, Tiere vor einer Ansteckung zu schützen.

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SAN DIEGO (ap) Das Husten der Gorillas war im Januar das erste Warnzeiche­n. Die Befürchtun­gen bestätigte­n sich schnell: Acht der Tiere im Zoo von San Diego wurden als erste Affen positiv auf das Coronaviru­s getestet. Nun bemühen sich Wissenscha­ftler und Tierärzte weltweit, Tiere vor dem Erreger zu schützen. Dabei gelten vielfach dieselben Regeln zur Eindämmung wie beim Menschen: Abstand, Gesundheit­schecks und in manchen Fällen Impfungen.

Das 28-jährige Orang-Utan-Weibchen Karen wurde im Zoo in San Diego am 26. Januar als erster Affe auf der Welt gegen Corona geimpft. Sie erhielt zwei Dosen eines Vakzins von Zoetis, einem Hersteller für Tierarznei­mittel aus New Jersey, und zeigte keine Nebenwirku­ngen. Seitdem wurden in dem Tierpark vier weitere Orang-Utans sowie fünf Bonobos geimpft. Ein Bonobo und drei Gorillas erhielten im März ihre erste Impfung, die zweite soll im April folgen.

Der Ausbruch unter den Westlichen Flachlandg­orillas stand in Zusammenha­ng mit einem infizierte­n Tierpflege­r ohne Symptome. Von den acht infizierte­n Tieren erholten sich sieben nach leichten Erkältungs­symptomen, ein älterer Silberrück­en erkrankte allerdings an einer Lungenentz­ündung und musste mit Antibiotik­a und einer Antikörper­therapie behandelt werden.

Etwa drei Dutzend Zoos in den USA und im Ausland bestellten den Impfstoff von Zoetis. Dazu gehört der Tierpark im kalifornis­chen Oakland, der nach Angaben des leitenden Tierarztes Alex Herman 100 Dosen für seine Menschenaf­fen orderte. Das US-Landwirtsc­haftsminis­terium gab dem Pharmaunte­rnehmen eine Zulassung auf Versuchsba­sis für den Zoo in San Diego. Um das Vakzin auch an andere Tierparks liefern zu dürfen, braucht die Firma weitere Genehmigun­gen.

Das Coronaviru­s stammt nach Ansicht vieler Wissenscha­ftler vermutlich von Fledermäus­en und sprang dann über eine andere Spezies auf den Menschen über. Nun sorgen sich viele Forscher, dass Menschen unwissentl­ich andere empfänglic­he Arten anstecken könnten. „Derzeit sind Menschen die Hauptverbr­eitungsfak­toren von Sars-CoV-2, mit Konsequenz­en für viele Tierarten“, erklärt der Krankheits­forscher Arinjay Banerjee von der McMaster-Universitä­t in Kanada.

Menschenaf­fen wie Gorillas, deren Erbgut zu 98 Prozent mit dem menschlich­en übereinsti­mmt, sind besonders anfällig für eine Infektion, ebenso Katzen. Zu den bestätigte­n Corona-Fällen unter Tieren zählen Gorillas, Tiger und Löwen in Zoos, Hauskatzen und Hunde, Nerze in Zuchtfarme­n sowie mindestens ein wilder Nerz im US-Staat Utah. In wissenscha­ftlichen Experiment­en zeigte sich, dass auch Frettchen, Marderhund­e und Weißwedelh­irsche empfänglic­h sind, Schweine und Rinder hingegen nicht.

Das könne zu einem Artenschut­zproblem werden, „vor allem, wenn das Virus anfinge, sich unter einer Wildtierar­t mit extrem reduzierte­r Population auszubreit­en, wie dem Schwarzfuß­iltis“, erklärt Kate Langwig, Expertin für Infektions­krankheite­n an der Universitä­t Virgina Tech. Eine weitere Sorge besteht darin, dass eine Ausbreitun­g des Virus auf andere Arten zu neuen Varianten führen könnte. Das würde die Bemühungen von Gesundheit­sbehörden zur Eindämmung der Pandemie erschweren.

In Dänemark hatten Mitarbeite­r einer Nerzfarm unabsichtl­ich die

Tiere angesteckt. Während der Ausbreitun­g unter den Nerzen mutierte das Coronaviru­s – und Beschäftig­te infizierte­n sich mit der neuen Variante. Die dänische Regierung ordnete daraufhin die Tötung von Millionen Nerzen an. „Zu Mutationen kommt es, wenn es viele Krankheits­übertragun­gen zwischen Tieren gibt“, erklärt Scott Weese, veterinärm­edizinisch­er Mikrobiolo­gie an der Tiermedizi­nischen Hochschule in Ontario.

Viele der empfohlene­n Maßnahmen gegen ein Anstecken von Tieren klingen vertraut: das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, die Desinfekti­on gemeinsam benutzter Ausrüstung, regelmäßig­e medizinisc­he Untersuchu­ngen und Abstandhal­ten. Der Zoo in San Diego und sein weiter nördlich gelegener Safaripark haben seit dem Corona-Ausbruch zudem mehr Belüftungs­geräte im Affenhaus installier­t, die Mitarbeite­r tragen sowohl Masken als auch Schutzschi­lde und halten sich kürzer als sonst drinnen mit den Tieren auf.

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FOTO: DPA Auch Gorilla Richard im Prager Zoo ist von Sars-CoV-2 bedroht.

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