Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

»Das Kino hat eine ganz wichtige Aufgabe, in der nächsten Zeit mitzudefin­ieren: Wie können wir es uns auch anders vorstellen?

- VON JÜRGEN GROSCHE

In Wenders‘ Filmografi­e finden sich Klassiker, an die sich Cineasten gerne erinnern: „Der Himmel über Berlin“, „Buena Vista Social Club“oder das Filmportra­it über den aktuellen Papst: „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“. Den internatio­nalen Durchbruch feierte er mit „Paris, Texas“im Jahr 1984. Wenders erhielt 33 bedeutende Filmpreise, darunter die Goldene Palme bei den Filmfestsp­ielen in Cannes, den Regiepreis in Cannes, den Silbernen Bären und Goldenen Ehrenbären bei der Berlinale. Dreimal war er für einen Oscar nominiert. Seit 2001 sind weltweit auch Ausstellun­gen mit seinen Fotografie­n erfolgreic­h.

Seine Wurzeln hat der auch in Hollywood sehr geschätzte Filmemache­r in Düsseldorf. Hier wurde er am 14 . August 1945 geboren. Nach dem Abitur hatte er ganz andere berufliche Ziele: unter anderem Arzt, Architekt,

Priester oder Maler. 1966 ging er nach Paris. Dort schaute er sich in einem Jahr über tausend Filme an. Dabei reifte dann wohl seine eigentlich­e Berufung. 1967 begann Wenders in München ein Studium an der damals neuen Hochschule für Fernsehen und Film.

Für die Jury war klar: Dieser Künstler von Weltruf ist es mit seiner „tollen, herausrage­nden Persönlich­keit“wert, ein „Düsseldorf­er des Jahres 2020“zu werden und damit sein Lebenswerk zu würdigen. Er habe den Preis verdient. Und er freute sich darüber. „Lebenswerk“enthalte ja zwei Worte, sagte Wenders bei der Preisüberg­abe: Werk und Leben. „Ohne zu leben kriegt man auch kein richtiges Werk hin.“Seine Filme hätten immer darauf Wert gelegt, dass sie von etwas handeln, das er erfahren habe. „Deswegen ist der Preis fürs Lebenswerk auch ein Preis für das, was ich erlebt habe.“

An Düsseldorf schätzt der Filmemache­r die Weltoffenh­eit. Gleichzeit­ig erlebte er als Kind die Grenzen. Die

Brücken waren Ende des Krieges gesprengt worden, „die andere Seite war nicht zu erreichen. Vielleicht ist meine Sehnsucht, in die Welt zu kommen, schon da entstanden“. Aber je weiter er gekommen sei, desto mehr freute er sich zurückzuko­mmen: „Der Geruch des Rheins ist für mich mein Urgeruch.“

Im Corona-Jahr waren Reisen ja nicht möglich. Wenders freut sich schon darauf, endlich wieder Japan und Tokio zu besuchen. Das Jahr habe einen großen Einfluss auf ihn gehabt. „Ich habe zum ersten Mal seit meiner Jugend an derselben Stelle Winter, Frühling und Sommer werden sehen und Herbst und wieder Winter.“Aber jetzt müssten alle, die Gesellscha­ft und jeder einzelne, überlegen, ob alles so weitergehe­n soll wie immer oder ob die Gesellscha­ft etwas aus der Erfahrung lernen könne. Filmemache­rn weist der Regisseur eine tragende Rolle zu: „Ich glaube, das Kino hat eine ganz wichtige Aufgabe, in der nächsten Zeit mitzudefin­ieren: Wie können wir es uns auch anders vorstellen?“

Wim Wenders Filmregiss­eur und Fotograf

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