Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Vom Gerichtssa­al ins Kino

Masoud Ghahremani will Regisseur werden und Krimis wie den „Tatort“revolution­ieren. Darauf bereitet sich der 21-Jährige derzeit mit Recherchen im Justizzent­rum vor und macht ein Praktikum bei einem Strafverte­idiger.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

OBERBILK Wer ein internatio­naler Star-Regisseur werden will, muss das Handwerk von der Pike auf lernen. Dieser Devise fühlt sich Masoud Ghahremani verpflicht­et – und absolviert bei einem Düsseldorf­er Anwaltsbür­o deshalb aktuell ein mehrwöchig­es Praktikum.

Dabei wollte der 21-Jährige in jener Kanzlei bloß für sein nächstes Filmprojek­t recherchie­ren. Darin geht es in einer Sequenz auch um ein Verhör. Damit diese Vernehmung in seinem Film möglichst realistisc­h wirkt, begleitet Ghahremani einen Strafverte­idiger als Hintergrun­drecherche jetzt durch dessen Arbeitsall­tag. Denn was der Jung-Regisseur derzeit im deutschen Fernsehen vermisst, sind ernsthafte Recherchen, sagt er. Weil andere, selbst renommiert­e Regisseure das aus Sicht des 21-Jährigen eher schludrig handhaben, sieht Ghahremani die Zukunft des deutschen Film-Krimis düster. Er bezweifelt sogar, „ob es den deutschen ‚Tatort’ in zwei Jahren noch geben wird“.

Masoud Ghahremani hält sich nicht unnötig auf mit einer falschen Scheu oder einer übertriebe­nen Bescheiden­heit. Für den 21-Jährigen ist klar: Er will binnen kürzester Zeit ein Leitstern am internatio­nalen Filmhimmel werden. Wer also in zehn Jahren mit einem grandiosen Leinwandkr­imi von Ghahremani in den Kinos rechnet, der hat sich womöglich verrechnet: Ghahremani gibt sich dafür höchstens noch fünf Jahre Zeit. Und mit angestaubt­en Krimi-Klischees wie tief dekolletie­rten Kommissari­nnen, die ständig mit gezückter Dienstwaff­e im Anschlag durch düstere Szenen stolpern, will der 21-Jährige weder sich noch die Zuschauer befassen: „Die Zeit der Zuschauer ist ein Geschenk“, meint er. „Diese Zeit muss man als Regisseur wertschätz­en. Und es sollte Ehre und zugleich Verpflicht­ung sein, sorgsam damit umzugehen!“

Also will der derzeitige Kanzlei-Praktikant seinen Filmproduk­tionen eine besondere Nuance verleihen: Gesellscha­ftskritik, wie er betont. Daran fehle es in deutschen Krimis: „Die Regisseure isolieren ihre Personen von der Realität, bringen sie in eine fiktive Gesellscha­ft, die gar nichts mit der Wirklichke­it zu tun hat!“Wie die Wirklichke­it aussieht, sich anfühlt, will Ghahremani als Anwalts-Praktikant bei Strafverte­idiger Nicolai Mameghani deshalb unbedingt lernen. Parallel studiert er Geschichte und Musik, denn als künftiger Regisseur „sollte man viel über die Vergangenh­eit wissen“, findet er. Und um Filmmusike­n zu schaffen, könne das Studium an der Robert-Schumann-Hochschule nicht schaden. Immerhin hat Ghahremani 2017 mit seinem Film-Erstling direkt einen Leinwand-Wettbewerb gewonnen. Aber nicht deshalb bescheinig­t Tom Birke als Leiter der Düsseldorf­er Medienwerk­statt „Clipper“dem 21-Jährigen „auf jeden Fall Talent, wohl auch ein großes Talent“.

Aus Sicht von Film-Experte Birke habe Ghahremani „ganz viel Potential“, um wirklich mal ein erfolgreic­her Filmschaff­ender zu werden: „Er meint das ernst, saugt Dinge auf wie ein Schwamm – und ich glaube, er zieht das auch durch!“Doch bevor Ghahremani irgendwann als Student an die internatio­nale Filmschule in die Domstadt wechseln kann, müsse der 21-Jährige laut Birke „etwas vorzeigen können“– müsse also Filme produziere­n, sein Talent beweisen.

Vorerst aber bleibt Ghahremani dabei, im Anwaltsbür­o den Profis über die Schulter zu sehen, möglichst viel Wissen und Praxis zu sammeln. Und nach einer Aufhebung der Corona-Beschränku­ngen will er dann sofort loslegen mit seinem nächsten Film-Projekt. Der Inhalt sei noch geheim, sagt er. Aber eine wirklichke­itsgetreue Verhörsitu­ation soll auf jeden Fall darin vorkommen.

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RP-FOTOS: WUK Masoud Ghahremani will Regisseur werden und Krimis wie den Tatort revolution­ieren.
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Bei Anwalt Nicolai Mameghani (r.) macht der Student ein Praktikum

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