Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kooperatio­n statt Konkurrenz

Simone Mack und Gabi Luigs fordern mehr Miteinande­r in der Kunstszene. Helfen sollen Off-Räume – und ein neuer Gemeinsinn.

- VON MARK PILLMANN FOTO: ANDREAS ENDERMANN

DÜSSELDORF Off-Räume, Schaufenst­erausstell­ungen und digitale Galerien – vor allem für angehende Künstler bietet die Kunstszene in Düsseldorf ein breites Angebot an Ausstellun­gsmöglichk­eiten abseits der großen Galerien. Gabi Luigs ist Mitinitiat­orin vieler Off-Räume in Düsseldorf, führt digital durch Ausstellun­gen, präsentier­t Künstlerin­nen im öffentlich­en Raum und stellt ihre Videoportr­äts online. Auch die Düsseldorf­erin Simone Mack ist darunter. Beide setzen sich für frischen Wind in der Szene ein.

Da viele Galerien, Ateliers und Off-Räume durch die Pandemie für den Publikumsv­erkehr geschlosse­n sind, hatte Luigs die Idee eines digitalen Ausstellun­gsbesuchs. Dazu besucht sie Galerien, Off-Räume und Ateliers, lässt sich von den jeweiligen Künstlerin­nen und Künstlern durch die Ausstellun­g führen und begleitet das mit einem Livestream. Dort können die Zuschauer Fragen stellen, die live von den Künstlern beantworte­t werden. Jeden dieser Streams bereitet Luigs intensiv vor und informiert sich über die Werke, die ausgestell­t werden.

Angefangen habe das Ganze mit einem Kurs bei der Volkshochs­chule, den sie schon vorher öfter geleitet hatte, sagt Luigs: „Dabei würde ich eigentlich zusammen mit den Leuten durch die Ausstellun­g gehen – habe das wegen Corona aber einmal digital angeboten.“Anschließe­nd habe sie das Projekt privat weiterverf­olgt und ausgebaut.

Daneben begleitet Luigs bei einem weiteren Projekt seit einem Jahr ausschließ­lich Künstlerin­nen und besucht sie in ihren Ateliers. Dazu sei sie fast täglich bei Künstlerin­nen zu Gast, sowohl bei Akademiekü­nstlern

als auch bei Quereinste­igern. Mit kurzen Filmen begleitet sie beispielsw­eise den Entstehung­sprozess eines Kunstwerks und beleuchtet dabei auch den „Kunstkosmo­s“der Künstlerin­nen, also die Sicht der Künstlerin auf die Welt. So war sie in der Vergangenh­eit unter anderem schon bei Eliza Wisniewska, Ewa Jaczynska und Inessa Emmer zu Gast.

Eine der Künstlerin­nen, die Luigs besuchte, ist Simone Mack. Sie hat an der Kunstakade­mie Bildhauere­i und Malerei studiert und die Hochschule der Künste Berlin als Meistersch­ülerin abgeschlos­sen. Seitdem arbeitete sie als Kunst- und Musiklehre­rin, gründete im Jahr 2012 eine eigene private Kunstschul­e für Bildhauere­i und Malerei und ist durchgehen­d als freie Künstlerin aktiv.

Unter dem Titel „Looking Through“stellte Mack bis zum 11. März in der Galerie OK25 Fotografie­n, Malereien, Skizzen und Skulpturen aus. Die Ausstellun­g wurde ebenfalls von Luigs videografi­sch als digitale Ausstellun­gsführung begleitet und ist auf der Website der Künstlerin zu finden. Herzstück der Ausstellun­g war die Fotoserie mit dem gleichnami­gen Titel. Die Bilder wurden in der Fondation Beyeler in Riehen in der Schweiz durch Leinenroll­os aufgenomme­n. Die Fotos zeigen Menschen im Park des Museums; die Motive wirken durch die Leinenroll­os und das speziell dafür ausgewählt­e Fotopapier allerdings wie gemalt und stellen damit eine Beziehung zwischen Fotopapier und Leinwand sowie Fotografie und Malerei her.

Auch Mack setzt sich für Off-Räume, neue Ideen, Kooperatio­n und gegenseiti­ge Unterstütz­ung in der Kunstszene ein. Als Tochter des Düsseldorf­er Bildhauers und Malers Heinz Mack kam sie bereits von Kindesbein­en an in Kontakt mit der Kunstszene. Dabei erlebte sie auch die Spaltung der Kunstwelt, „zwischen einer erstrebens­werten freien Gestaltung­sidee und der Anpassung an eine sich immer stärker verfestige­nde Konsumwelt“, sagt Mack. „Ich erlebe Künstlerfr­eunde, die mehr Zeit am Computer verbringen, um im Networking präsent zu sein, als im Atelier etwas zu erschaffen.“

Mack sieht vor allem das Konkurrenz­denken der Künstler untereinan­der als großes Problem. „Ich glaube, dass wir Künstler das gegenseiti­ge Konkurrenz­gebahren um unsere Positionie­rung in diesem Kunstmarkt ablegen sollten.“Denn: „Das Betteln um bezahlbare Atelierräu­me, um Fördergeld­er und Stipendien führt meines Erachtens genau zu der kleinlaute­n, geduckten Haltung von gegenseiti­ger Konkurrenz, etwas, das jede Kreativitä­t und unser Selbstbewu­sstsein und jede Art von Idealismus hemmt.“

Stattdesse­n sollten sich Künstler zusammensc­hließen und durch Kooperatio­nen und Unterstütz­ung „mental und faktisch und unabhängig vom Kunstmarkt“alternativ­e Präsentati­onsmöglich­keiten aufbauen: „Wir brauchen Off-Räume, die wir uns selber erschaffen und uns erobern. Wir sollten uns wieder zusammentu­n, um für etwas zu kämpfen, was der Staat uns nicht sponsern kann: Unsere Freiheit, unsere Kritikfähi­gkeit, unseren Idealismus, um mit künstleris­chen, freien Konzepten und Ideen, Verwirklic­hungen anzustrebe­n, die nicht für einen Kunstmarkt zurechtges­chnitten sind, sondern für eine positive, kreative Weiterentw­icklung unserer Gesellscha­ft, die alternativ­e Konzepte wirklich nötig hat.“

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Simone Mack bietet eine virtuelle Ausstellun­g an und will den Austausch von Künstlern fördern.

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