Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Laschet muss Klimakanzler werden
Vor Armin Laschets möglichem Wechsel vom Rheinufer ins Kanzleramt stellt sich meine Generation die Fragen: Versteht er die existenziellste Bedrohung unserer Zeit? Mit welcher Klima-Agenda gehen die Christdemokraten in den Wahlkampf? Und schaffen sie es, dabei authentisch zu bleiben? Diese Fragen betreffen mich zweifach: Ich bin Teil der Jungen Union der CDU – und, ja, auch Klimaaktivist bei „Fridays for Future“. Das ist kein Widerspruch. Klimaschutz geht selbstverständlich auch geleitet von konservativen Werten.
Nach eineinhalb Jahrzehnten der Regierung unter Angela Merkel verfehlen wir die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch immer. Wir müssen den Klimaschutz nach Jahren des Zögerns endlich zum CDU-Thema erklären – und machen! Und ich bin mir sicher: Das können wir, authentisch und konservativ, und ohne uns den Grünen anzubiedern.
Aus meiner Sicht ist der Klimaschutz seit jeher Teil der konservativen DNA. Unter Helmut Kohl wurde die Bewahrung der Umwelt als Staatsziel festgeschrieben. Die Erste, die das Thema auf die Weltbühne brachte, war die Konservative Margaret Thatcher. Und Edmund Burke, der Urvater des Konservatismus, sprach als Erster im politischen Kontext vom Band zwischen den Generationen. Diese generationenübergreifende Verantwortung ist nach wie vor eines der zentralen Themen der CDU, wie uns die „Schwarze Null“zeigt. Trotz solcher Ankündigungen sind konservative Parteien aber immer wieder hinter ihre eigenen Ansprüche zurückgefallen. Die CDU verhindert Maßnahmen zum Klimaschutz mehr, als sie aktiv voranzutreiben. Jetzt gilt es, die Gerechtigkeit zwischen Jung und Alt zum Hauptziel konservativen Klimaschutzes zu machen. Ich sehe den Menschen im Mittelpunkt einer CDU-Klimapolitik.
Zwar sind wir in Europa nicht diejenigen, die am frühesten und am stärksten von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Doch die verheerenden Auswirkungen steigender Temperaturen sind auch schon bei uns spürbar, etwa durch Waldsterben und Extremwetterlagen. Deswegen betreiben wir Klimaschutz auch für uns und unsere Kinder. Eines kommt uns dabei gelegen: Bei der Klimapolitik geht es – im Rahmen wissenschaftlicher Notwendigkeiten – auch um demokratische Kompromisse. Über das Ziel, weit vor der Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu sein, können wir nicht mehr streiten. Über einen Teil der Maßnahmen müssen wir es aber. Die richtigen Maßnahmen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels aushandeln kann am besten die konservative Politik – mit Maß und Mitte. So können wir Laschets Dreiklang einhalten: ökologisch, ökonomisch und sozial.
Der Wiederaufbau der Wirtschaft ist dabei zentral. Glücklicherweise können – und müssen – wir die Corona-Konjunkturpakete mit Klimaschutz verknüpfen. Nur wenn die Investitionen im Verkehrs-, Gebäude- und Energiesektor zur Emissionssenkung beitragen, können wir unseren Beitrag zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze erfüllen. Armin Laschet selbst verfolgt den Anspruch einer „ökologisch-sozialen Marktwirtschaft“. Ich erwarte, dass dieses Ziel von ihm mit Maßnahmen untermauert wird. Um Ökonomie und Ökologie zu vereinen, müssen wir klimaschädliche Komponenten effektiv dekarbonisieren und den Markt dort arbeiten lassen, wo er es kann. Andere Länder zeigen, dass das in einem deutlich konsequenteren Anreizsystem funktioniert, also mit einem höheren CO2-Preis (dreistellig pro Tonne) und der Umsetzung von Innovationen wie den erneuerbaren Energien und alternativen Baumaterialien.
Klimaschutz geht selbstverständlich auch geleitet von konservativen Werten
Um diese Art der Marktwirtschaft zu erreichen, muss Laschet mit Fehlern der Vergangenheit aufräumen. Die Zerstörung von jahrhundertealten Grundstücken, Häusern von Familien, landwirtschaftlichen Betrieben und der Abriss von Kirchen im Rahmen des Kohlegesetzes ist für mich nicht mit den Grundwerten der Christdemokratie und des Konservatismus vereinbar. Statt die Interessen großer Konzerne wie RWE zu schützen, muss ein CDU-Vorsitzender, der im 21. Jahrhundert angekommen ist, sich für die Menschen einsetzen. Das bedeutet ein klares Bekenntnis zu einem mit den Klimazielen vereinbaren Kohleausstieg bis spätestens 2030 sowie zum Erhalt der Dörfer im Rheinland. Selbstverständlich ist die Sozialverträglichkeit zu beachten. Doch mit einem „Weiter so“beim Kohleausstieg erarbeitet sich Laschet keine Glaubwürdigkeit.
Der Kohleausstieg funktioniert nicht ohne konsequenten Ausbau der Erneuerbaren. Doch die CDU-geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen plant mit einer 1000-Meter-Abstandsregelung in der Windkraft einen kritischen Einschnitt. Studien belegen, dass solche Maßnahmen die Akzeptanz von Windrädern nicht erhöhen. Stattdessen tragen sie dazu bei, klimafreundliche Technologien weiter zu stigmatisieren und einzudämmen. Auf den letzten Metern zerstört Laschet selbst seine vergleichsweise gute Bilanz in der Windenergie. Diese Ideen darf er nicht fortführen.
Wir brauchen einen authentischen konservativen Ansatz für Klimapolitik, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Chancen heutiger junger Generationen bewahrt. Unser Fokus darf sich nicht auf die Umwelt alleine beschränken, sondern muss Perspektiven aufzeigen, klimagerechten Wohlstand und nachhaltige Sicherheit für alle zu garantieren. Um das umzusetzen, muss Armin Laschet nun konkret werden und ein Team aufbauen, das ihn wissenschaftlich beraten kann.
Die Frage, ob Armin Laschet der dringend benötigte Klimakanzler sein kann, muss er selbst beantworten. Wenn er jedoch nicht dafür antritt, werden es andere tun.