Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Fortuna muss in vielen Ecken kehren
In der Saison nach dem Bundesliga-Abstieg haben sich bei den Düsseldorfern immer neue Schwierigkeiten aufgetan. Die sportliche Leitung braucht ein sehr gutes Händchen, um die vielschichtigen Probleme zu lösen. Karaman vor drittem Einsatz in der WM-Quali
Für einen gar nicht so kleinen Teil der Fortuna-Anhängerschaft scheint die Sache sehr einfach zu sein. Nur der Trainer muss gewechselt werden – und schon sind alle Probleme gelöst! So zumindest kann man es aus etlichen Postings in den sozialen Medien herauslesen. Doch die mit etwas mehr Realitätssinn ausgestatteten Mahner, die es bei Facebook und Co. natürlich auch gibt, haben längst erkannt: Sicher ist es möglich, dass ein neuer Chefcoach in der kommenden Saison einen Schub bringen kann – und es gibt viele Argumente dafür, dass frische Ideen auf dieser Position sogar erforderlich sind. Doch die einzige Baustelle, auf der der Zweitligist arbeiten muss, ist das ganz sicher nicht.
Die Düsseldorfer haben in dieser höchst durchwachsenen Spielzeit ein kompliziertes Problem offenbart: Es krankt schlichtweg an immer neuen Stellen. Man erinnere sich nur an das erste Saisonviertel: Da wurde jede Woche aufs Neue diskutiert, dass sich Fortuna durch ihre Undiszipliniertheiten selbst schlage. Da hagelte es Platzverweise und Strafstoß-Entscheidungen gegen das Team von Uwe Rösler – einige sehr umstritten, andere berechtigt. Nun hat es an den vergangenen 15 Spieltagen nur noch einmal GelbRot gegen Florian Hartherz gegeben, im selben Zeitraum und zudem im selben Spiel gegen Kiel auch nur noch einen Elfmeter; und doch hat sich an der Tabellensituation nichts Wesentliches verändert.
Ziemlich früh in der Saison kristallisierte sich dann heraus, dass der Mannschaft ein Kreativspieler im Mittelfeld fehlt. Das ist fraglos immer noch so – doch hat Fortuna es in den jüngsten beiden Partien in
Sandhausen (0:0) und gegen den VfL Bochum (0:3) auch mit der kampfbetonten Schaltzentrale Adam Bodzek/Marcel Sobottka geschafft, den Ball schnell nach vorn und die Spitzen in Position zu bringen. Geholfen hat es der Truppe trotzdem nicht, denn trotz etlicher Chancen gelang kein Treffer.
Und da war sie nun, die nächste Baustelle. Und diese kam völlig unerwartet, denn wenn Fortuna in einem Mannschaftsteil besonders stark besetzt schien, dann war es im Sturm. Rouwen Hennings, Kenan Karaman, Dawid Kownacki, Emmanuel
Iyoha – um dieses Quartett beneidete die Düsseldorfer die ganze Liga. Und selbst wenn man berücksichtigt, dass Iyoha krankheits- und verletzungsbedingt bislang keine Rolle spielen konnte, so hätten die drei Verbliebenen doch für hinreichend Sturmwirbel sorgen müssen.
Tatsächlich hält sich ihre Trefferquote in engen Grenzen: Hennings acht, Karaman sieben, Kownacki drei Tore. Zu wenig für die eigenen Ansprüche, zu wenig aber auch für die herausgespielten Torchancen. Und für die neue Saison scheint zudem klar, dass Karaman den Verein
verlässt, denn sein Vertrag läuft Ende Juni aus, dann kann er ablösefrei gehen.
Damit aber nicht genug. Lange Zeit konnte sich Rösler zumindest auf seine Defensive verlassen. Die Innenverteidigung Kevin Danso/ Andre Hoffmann harmonierte hervorragend, links wurde endlich Leo Koutris fit, rechts gab es ja immer schon den grundsoliden Matthias Zimmermann. Doch zuletzt bekam auch dieses Bollwerk Risse, was die Spitzenteams Kiel und Bochum bei ihren klaren Siegen in der Arena bewiesen. Zu allem Überfluss läuft
Aufgabe Am Dienstagabend trifft Fortunas Kenan Karaman mit der Türkei auf Lettland.
Bilanz Seine ersten Einsätze in der WM-Quali: 4:2 gegen die Niederlande, 3:0 gegen Norwegen.
Dansos Leihvertrag am Saisonende auch noch aus.
Bleibt der Torhüter. Und sicher, Florian Kastenmeier hat für seine erst 23 Jahre eine ordentliche Saison gespielt, hat sein Erfahrungsdefizit schneller als erwartet weitgehend aufgearbeitet. Gegen Bochum freilich ging das entscheidende 0:3 auf seine Kappe, am 0:2 hatte er einige Aktien, weil er nicht aus seinem Tor kam. Patzer dieser Art sind nicht die Regel bei Kastenmeier, doch ob er in der nächsten Saison der entscheidende starke Rückhalt eines Aufstiegskandidaten sein wird, kann zur Stunde niemand garantieren.
Schnelle Problemlösungen für die neue Saison? Verlassen sollte man sich darauf nicht. Schließlich schien vor der aktuellen Spielzeit die größte Schwierigkeit im personellen Umbruch und anfangs vielen Verletzungsund Krankheitsausfällen zu bestehen. Doch als es auf diesem Sektor besser wurde, trat der Absteiger dennoch auf der Stelle.
Die für den Sport zuständigen Vorstandsmitglieder Uwe Klein und Klaus Allofs brauchen schon ein ziemlich gutes Händchen dafür, die richtigen Ergänzungen zu finden. Kein leichter Job angesichts der Finanzsituation, die durch die Corona-Krise ganz sicher nicht besser geworden ist.