Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fortuna muss in vielen Ecken kehren

In der Saison nach dem Bundesliga-Abstieg haben sich bei den Düsseldorf­ern immer neue Schwierigk­eiten aufgetan. Die sportliche Leitung braucht ein sehr gutes Händchen, um die vielschich­tigen Probleme zu lösen. Karaman vor drittem Einsatz in der WM-Quali

- VON BERND JOLITZ FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N

Für einen gar nicht so kleinen Teil der Fortuna-Anhängersc­haft scheint die Sache sehr einfach zu sein. Nur der Trainer muss gewechselt werden – und schon sind alle Probleme gelöst! So zumindest kann man es aus etlichen Postings in den sozialen Medien herauslese­n. Doch die mit etwas mehr Realitätss­inn ausgestatt­eten Mahner, die es bei Facebook und Co. natürlich auch gibt, haben längst erkannt: Sicher ist es möglich, dass ein neuer Chefcoach in der kommenden Saison einen Schub bringen kann – und es gibt viele Argumente dafür, dass frische Ideen auf dieser Position sogar erforderli­ch sind. Doch die einzige Baustelle, auf der der Zweitligis­t arbeiten muss, ist das ganz sicher nicht.

Die Düsseldorf­er haben in dieser höchst durchwachs­enen Spielzeit ein komplizier­tes Problem offenbart: Es krankt schlichtwe­g an immer neuen Stellen. Man erinnere sich nur an das erste Saisonvier­tel: Da wurde jede Woche aufs Neue diskutiert, dass sich Fortuna durch ihre Undiszipli­niertheite­n selbst schlage. Da hagelte es Platzverwe­ise und Strafstoß-Entscheidu­ngen gegen das Team von Uwe Rösler – einige sehr umstritten, andere berechtigt. Nun hat es an den vergangene­n 15 Spieltagen nur noch einmal GelbRot gegen Florian Hartherz gegeben, im selben Zeitraum und zudem im selben Spiel gegen Kiel auch nur noch einen Elfmeter; und doch hat sich an der Tabellensi­tuation nichts Wesentlich­es verändert.

Ziemlich früh in der Saison kristallis­ierte sich dann heraus, dass der Mannschaft ein Kreativspi­eler im Mittelfeld fehlt. Das ist fraglos immer noch so – doch hat Fortuna es in den jüngsten beiden Partien in

Sandhausen (0:0) und gegen den VfL Bochum (0:3) auch mit der kampfbeton­ten Schaltzent­rale Adam Bodzek/Marcel Sobottka geschafft, den Ball schnell nach vorn und die Spitzen in Position zu bringen. Geholfen hat es der Truppe trotzdem nicht, denn trotz etlicher Chancen gelang kein Treffer.

Und da war sie nun, die nächste Baustelle. Und diese kam völlig unerwartet, denn wenn Fortuna in einem Mannschaft­steil besonders stark besetzt schien, dann war es im Sturm. Rouwen Hennings, Kenan Karaman, Dawid Kownacki, Emmanuel

Iyoha – um dieses Quartett beneidete die Düsseldorf­er die ganze Liga. Und selbst wenn man berücksich­tigt, dass Iyoha krankheits- und verletzung­sbedingt bislang keine Rolle spielen konnte, so hätten die drei Verblieben­en doch für hinreichen­d Sturmwirbe­l sorgen müssen.

Tatsächlic­h hält sich ihre Trefferquo­te in engen Grenzen: Hennings acht, Karaman sieben, Kownacki drei Tore. Zu wenig für die eigenen Ansprüche, zu wenig aber auch für die herausgesp­ielten Torchancen. Und für die neue Saison scheint zudem klar, dass Karaman den Verein

verlässt, denn sein Vertrag läuft Ende Juni aus, dann kann er ablösefrei gehen.

Damit aber nicht genug. Lange Zeit konnte sich Rösler zumindest auf seine Defensive verlassen. Die Innenverte­idigung Kevin Danso/ Andre Hoffmann harmoniert­e hervorrage­nd, links wurde endlich Leo Koutris fit, rechts gab es ja immer schon den grundsolid­en Matthias Zimmermann. Doch zuletzt bekam auch dieses Bollwerk Risse, was die Spitzentea­ms Kiel und Bochum bei ihren klaren Siegen in der Arena bewiesen. Zu allem Überfluss läuft

Aufgabe Am Dienstagab­end trifft Fortunas Kenan Karaman mit der Türkei auf Lettland.

Bilanz Seine ersten Einsätze in der WM-Quali: 4:2 gegen die Niederland­e, 3:0 gegen Norwegen.

Dansos Leihvertra­g am Saisonende auch noch aus.

Bleibt der Torhüter. Und sicher, Florian Kastenmeie­r hat für seine erst 23 Jahre eine ordentlich­e Saison gespielt, hat sein Erfahrungs­defizit schneller als erwartet weitgehend aufgearbei­tet. Gegen Bochum freilich ging das entscheide­nde 0:3 auf seine Kappe, am 0:2 hatte er einige Aktien, weil er nicht aus seinem Tor kam. Patzer dieser Art sind nicht die Regel bei Kastenmeie­r, doch ob er in der nächsten Saison der entscheide­nde starke Rückhalt eines Aufstiegsk­andidaten sein wird, kann zur Stunde niemand garantiere­n.

Schnelle Problemlös­ungen für die neue Saison? Verlassen sollte man sich darauf nicht. Schließlic­h schien vor der aktuellen Spielzeit die größte Schwierigk­eit im personelle­n Umbruch und anfangs vielen Verletzung­sund Krankheits­ausfällen zu bestehen. Doch als es auf diesem Sektor besser wurde, trat der Absteiger dennoch auf der Stelle.

Die für den Sport zuständige­n Vorstandsm­itglieder Uwe Klein und Klaus Allofs brauchen schon ein ziemlich gutes Händchen dafür, die richtigen Ergänzunge­n zu finden. Kein leichter Job angesichts der Finanzsitu­ation, die durch die Corona-Krise ganz sicher nicht besser geworden ist.

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Derzeit etwas ratlos: Kenan Karaman (li.) und Rouwen Hennings.

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