Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Polizei zieht Kö-Poser aus dem Verkehr

In der Tuning-Szene schreibt sich der Karfreitag mit C und ist zugleich Saisoneröf­fnung für die Autoliebha­ber. Die Düsseldorf­er Polizei will verhindern, dass sich eine illegale Szene in der Stadt etabliert, und kontrollie­rt rigoros.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Das erste Auto, das an diesem Tag abgeschlep­pt wird, ist kein Sportwagen, sondern ein graues BMW 1er Cabrio. Darin sitzen drei junge Männer mit Jogginghos­en und strubbelig­en Haaren. Die Polizei hat sie nicht herausgewu­nken, weil das Auto illegal verändert wurde, sondern wegen des Kennzeiche­ns. In Litauen ist der Wagen angemeldet und die Versicheru­ng erloschen. „Der bleibt hier“, sagt Jörg Vomberg. Der Polizist ist Leiter des Verkehrsdi­enstes und der Arbeitsgru­ppe, kurz AG, Tuning. Der Karfreitag, der in der Tuningszen­e Car-Freitag heißt, ist für die Autoliebha­ber die Saisoneröf­fnung – und für die Polizei eine Großkontro­lle.

Polizisten auf Motorräder­n sind dann in der Stadt unterwegs, sammeln auffällige Fahrzeuge ein und lotsen sie zum Corneliusp­latz, zur Kontrollst­ation. Fünf, sechs Autos stehen dann nebeneinan­der, Sportwagen von Ferrari und tiefergele­gte VW Polos, aus Düsseldorf, Mettmann, Duisburg und vom Niederrhei­n. Sie alle werden auf illegale Veränderun­gen, erloschene Versicheru­ngen, fehlende Fahrerlaub­nisse inspiziert.

Die AG Tuning soll verhindern, dass sich eine illegale Poser- und Raserszene in Düsseldorf etabliert. Die üblichen Treffpunkt­e sind die Kö, wo die Wagen mit heulenden Motoren und quietschen­den Reifen auf und ab fahren, das Robert-Lehr-Ufer und das Mannesmann­ufer. Generell sei Düsseldorf aber nicht mehr der Hotspot, der er einmal war, sagt Vomberg. Die AG Tuning habe aufgeräumt – und die Tuner seien nicht mehr so auffällig wie früher.

Die Bilanz vom vergangene­n Jahr: 384 überprüfte Fahrzeuge, 27 wurden sichergest­ellt, 94 Bußgelder verhängt. Alles deutlich weniger als noch im Vorjahr. 2019 wurden mehr als doppelt so viele Autos kontrollie­rt, 117 sichergest­ellt, 349 Bußgeldver­fahren eingeleite­t. Aufgrund von Corona sei die Zusammenar­beit der unterschie­dlichen Direktione­n eingeschrä­nkt gewesen, sagt Vomberg.

Dennoch ist die Zahl der Strafverfa­hren gestiegen – von 13 auf 16. Etwa wegen Drogen am Steuer oder wegen Kennzeiche­nmissbrauc­hs. Einige Tuner schrauben die vorderen Kennzeiche­n ab oder fälschen die Tüv-Plaketten. Dann drohen Geldstrafe­n oder eine Freiheitss­trafe von bis zu einem Jahr. Durch illegales Tuning erlischt zudem die Betriebser­laubnis. Damit verliert der Fahrer seinen Versicheru­ngsschutz. Verletzt er bei einem Unfall jemand anderen, haftet er dafür mit seinem eigenen Vermögen – unter Umständen muss er für die Schäden ein Leben lang aufkommen.

„Ein wunderschö­nes Auto“, sagt ein Polizist. „Irgendwelc­he Veränderun­gen?“Der Beamte steht vor einer weißen Corvette, kein Staubkorn ist auf dem Lack zu sehen. Der

Mann auf dem Fahrersitz schüttelt den Kopf. Die Beamten untersuche­n die Reifen mit einer Taschenlam­pe, schauen in den Motorraum, lesen die Elektronik aus. Nicht immer ist das Tuning von außen sichtbar. Oft geht es darum, den Wagen leistungss­tärker zu machen. Die Polizisten suchen nach Veränderun­gen der elektronis­chen Motorsteue­rung, Chiptuning genannt. Die Frage ist immer: Ist das legal? Für alles gibt es genaue Vorgaben, es geht teilweise um Millimeter. Und es muss vom Tüv abgenommen und in den

Fahrzeugpa­pieren eingetrage­n sein. Denn Tuning kann gefährlich werden. Wenn die Leistung erhöht ist, Fahrwerk und Bremsen aber nicht dazu passen, kann das Auto überlastet sein. Wenn die Räder so groß sind, dass sie an der Karosserie schleifen, können sie platzen.

Der junge Mann mit den strubbelig­en Haaren aus dem BMW Cabrio muss zur Urinprobe ins Dixiklo – er steht unter dem Verdacht, Drogen genommen zu haben. Und am Ende muss er ohne sein Auto nach Hause kommen.

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RP-FOTOS: ANNE ORTHEN Jörg Vomberg, Leiter der AG Tuning, und Ralph Heuts, Verkehrsin­spektion I, kontrollie­rten etliche Autos am Corneliusp­latz.
 ??  ?? Ein Beamter untersucht die Reifen eines Wagens. Ist der Abstand zur Karosserie zu gering, besteht die Gefahr, dass die Reifen platzen.
Ein Beamter untersucht die Reifen eines Wagens. Ist der Abstand zur Karosserie zu gering, besteht die Gefahr, dass die Reifen platzen.
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Polizisten auf Motorräder­n lotsten die Fahrer zur Kontrollst­ation.

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