Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Sprungbrett Konstanz
Während des Sommers präsentiert sich der Bodensee als bunte Mischung von Landschaft und Kultur. Die Stadt Konstanz ist das Aushängeschild mittelalterlicher Kultur an Deutschlands größtem See.
„Wenn ich den See seh‘, brauch ich kein Meer mehr!“Diese schwärmerische Einschätzung trifft sicherlich ohne Einschränkung auf die sommerlichen Reize des Bodensees zu. Vor allem auf dessen Westhälfte, die mit ihren romantischen Inseln und einladenden Buchten eine nahezu unüberschaubare landschaftliche Vielfalt bereithält. Durch dieses Gewirr bahnt sich der Rhein nach Orientierung suchend seinen Weg, bis er nach seinem tosenden Absturz bei Schaffhausen selbstbewusst seine neue Schubkraft nach Norden hin entfaltet.
Als Zentrum dieser Region gilt die Stadt Konstanz. Mit ihrer verwinkelten Altstadt ist sie ein ehrwürdiges Aushängeschild mittelalterlicher Kultur. Zu ihren Füßen liegt die großzügig gestaltete Hafenanlage. Mit ihrer eleganten weißen Flotte drückt sie der Stadt ihren Stempel auf als Drehund Angelpunkt des Ausflugsverkehrs bis hin zu den entlegensten Winkeln des Sees.
Neuerdings ruft eine markante Figur an der Hafeneinfahrt Erstaunen hervor, die sich in tänzerischer Pose gemächlich um die eigene Achse dreht. Es ist, so erklärt es Stadtführer Henry, das Abbild der Kurtisane Imperia, einer ansehnlichen Dame mit fragwürdiger Vergangenheit. Kann es wirklich sein, so fragten sich viele bei ihrer Enthüllung, dass man einer Lebedame mit enormer erotischer Ausstrahlung in aller Öffentlichkeit eine solche Würdigung zuteilwerden lässt?
Erschwerend kommt hinzu, dass ihr Schöpfer, der Bildhauer Peter Lenk, zwei entblößte Männergestalten in ihre Hände gab, die sich ihrem Charme offenbar nicht entziehen können. Bei der einen Figur handelt es sich zweifellos um den Papst, deutlich erkennbar an seinem einzigen Kleidungsstück, der Tiara. Die andere, ausgestattet mit Zepter und Reichsapfel, erweist sich demgegenüber als der Kaiser. Welch eine schnöde Herabwürdigung der allerhöchsten Autoritäten!
Allerdings nur dann, wenn man die Moral außer Acht lässt, wie sie vor 600 Jahren zur Zeit des Konstanzer Konzils in den besseren Kreisen vorherrschte. Als man zwar in theologischen Fragen zu keinem Kompromiss bereit war und sich des Reformators Johannes Hus kurzerhand auf dem Scheiterhaufen entledigte. In moralischer Hinsicht zeigte man sich jedoch weit weniger zimperlich. Denn nicht weniger als 700 Kurtisanen wussten den hohen Herren vier Konzilsjahre lang das Leben mit professioneller Raffinesse zu versüßen.
Stellvertretend für sie alle steht nun die Imperia, die seit ihrer Enthüllung den traditionell guten Ruf von Konstanz als „Konzilsstadt“von heute auf morgen zu gefährden drohte. Doch diese Befürchtung sollte sich nicht bewahrheiten. So möchte neuerdings niemand mehr auf dieses moderne Wahrzeichen der Stadt verzichten, das sich innerhalb nur weniger Jahre zum wahren Publikumsmagneten mauserte.
Geprägt von unverwechselbarer Atmosphäre zeigt sich auch die nahe gelegene Blumeninsel
Mainau. Mit ihrem mediterranen Klima bringt sie wahre florale Wunderwerke hervor. Besonders der Schlossgarten ist übervoll davon und ruft mit seiner Üppigkeit Bewunderung hervor. Ein großzügig angelegter Rosengarten und eine von Licht durchflutete Palmenhalle tragen zu diesem außergewöhnlichen mediterranen Vergnügen bei.
Ganz und gar tropisch wird es in dem feuchtschwülen Schmetterlingshaus. Es ist der Tummelplatz für kunterbunte exotische Flügelwesen, die hier optimale klimatische Verhältnisse vorfinden. Man glaubt, ihnen ihre Lebensfreude anzumerken, wenn sie sich in üppigem Blätterwerk zu Hause fühlen, stets darauf bedacht, geeignete Liebespartner für sich ausfindig zu machen.
Demgegenüber erweist sich die Insel Reichenau als ein Zentrum des Obst- und Gemüseanbaus. Baumalleen und Wanderwege verleihen der Insel einen zusätzlichen Reiz. Dieser
wird noch verstärkt durch mehrere über die Insel verstreute Kirchengebäude, teilweise zeitlich zurückreichend bis in das Zeitalter der Romanik. Die hier zu entdeckenden Wandmalereien sowie die legendären mittelalterlichen Handschriften öffneten der Reichenau unlängst das Tor zum Unesco-Weltkulturerbe.
Eine der herausragendsten Persönlichkeiten der Insel war Hermann der Krumme, ein mittelalterlicher Gelehrter, dem sein unvollkommener Körperbau zeit seines Lebens
zu schaffen machte. Und der dennoch, ähnlich seinem modernen Kollegen Stephen Hawking, seiner Zeit weltanschaulich weit voraus war. Beide werden inhaltlich zueinander in Beziehung gesetzt in einem Theaterstück von Christoph Nix, das auf der Freilichtbühne des Konstanzer Münsterplatzes mit Begeisterung aufgenommen wurde.
Literatur und Kunst erstrecken sich hinein bis in die Neuzeit. Unweit von Konstanz befindet sich auf der Halbinsel Höri das Wohnhaus des
Schriftstellers Hermann Hesse, das er zusammen mit seiner Frau Mia nach persönlichen Vorstellungen in Eigenregie errichtete und mit einem üppigen Blumengarten umgab. Hier sind die Besucher ebenso willkommen wie im Hesse-Museum mit einer Vielzahl persönlicher Ausstellungsgegenstände.
Gleiche Aufmerksamkeit verdient auch das Wohnhaus des Kunstmalers Otto Dix. Gelegen auf einer hohen Uferböschung über dem See, reicht der Blick bis hinüber ans schweizerische Ufer. Als besonders Fantasie anregend erweist sich sein geräumiges Atelier, in dem eine Vielzahl seiner Werke entstand. Wie auch das Anwesen von Hermann Hesse ist dies ein kulturelles Zentrum, das in seiner Bedeutung weit über seine Zeit hinausweist.
Die Recherche wurde unterstützt von der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH sowie Bodensee West.