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Was ist mein Haus eigentlich wert?

Es herrschen goldene Zeiten für Immobilien­verkäufer. Vor allem in Ballungsge­bieten werden ihnen Häuser förmlich aus den Händen gerissen. Aber was ist der richtige Wert für die eigenen vier Wände?

- VON KATJA FISCHER

Immobilien­preise sind seit Jahren nicht nur stabil. Sie klettern in vielen Gegenden sogar jedes Jahr verlässlic­h. Jetzt könnte also genau der richtige Zeitpunkt für den Verkauf der eigenen vier Wände sein. Aber viele Eigentümer fragen sich: Was ist meine Immobilie eigentlich wert? Welchen Preis kann ich aufrufen?

Es gibt Eigentümer, die denken sich: Ich habe vor 30 Jahren umgerechne­t 300.000 Euro für Haus und Grundstück bezahlt, das will ich jetzt mindestens wieder haben. So sollte man aber nicht herangehen, meint Fachbuchau­tor Werner Siepe. Er empfiehlt, den Immobilien­kauf aus der Sicht des Käufers zu betrachten. Die richtige Frage wäre deshalb: Was ist meine Immobilie heute wert? „Auch wenn es Interessen­ten gibt, die vermeintli­ch jeden Preis zahlen würden, empfiehlt es sich, den Wert realistisc­h einzuschät­zen“, sagt Norman-Marcel Dietz, Leiter des Regionalbü­ros Hildesheim des Verbands Privater Bauherren (VPB). „Denn auch in einem aufgeheizt­en Markt sind die meisten Käufer preissensi­bel.“Eine Immobilie kann auch schnell wegen einer überzogene­n Preisforde­rung zum Ladenhüter werden. Entscheide­nd für den erzielbare­n Preis ist immer die Lage der Immobilie. Ins Gewicht fallen auch Baujahr, Wohnfläche und die erwartete Restnutzun­gsdauer, so Norman-Marcel Dietz. Grundlage für den Wert des Grundstück­s ist der Bodenricht­wert. „Die Bodenricht­werte kennen in den letzten Jahren an den meisten Orten nur eine Richtung, nach oben“, beobachtet der Experte.

Dabei sind Ausstattun­g und Zustand der Immobilie für den Käufer extrem wichtig. „Bei renovierun­gsbedürfti­gen Häusern ist häufig die Energiebil­anz schlecht. Das muss sich natürlich auf den Kaufpreis auswirken“, sagt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbrauche­rzentrale Bremen.

Gerade Verkäufer, die jahrzehnte­lang in ihrem Haus leben, überschätz­en gern den Zustand der Immobilie und damit ihren Wert. Sie berücksich­tigen nicht, dass für den Käufer zusätzlich zum Kaufpreis teure Renovierun­gen und dringende Modernisie­rungen anfallen.

Einen Überblick und ein Gefühl für realistisc­he Preise bekommen Verkäufer am besten, indem sie sich anschauen, wie ähnliche Immobilien in ihrer Straße oder ihrem Viertel verkauft wurden.

Auch eine Internetre­cherche kann helfen. „Bei den großen Portalen kommt man zu guten Ergebnisse­n, wenn man die Adresse der zu verkaufend­en Immobilie unter „Kauf“eingibt und dann nach Häusern beziehungs­weise Eigentumsw­ohnungen in fünf bis zehn Kilometer Entfernung sucht“, sagt Werner Siepe.

Vorsicht ist bei kostenlose­n Wertermitt­lungen im Netz angebracht. „Juristisch haltbare Bewertunge­n sind nicht umsonst zu haben. Die Frage ist also, worum geht es dem Anbieter des kostenlose­n Angebotes? Kundendate­n, Kontakte und Objektinfo­rmationen? Hinter solchen Angeboten im Internet steht in der Regel immer ein finanziell­es Interesse“, sagt Annabel Oelmann.

Wer genau wissen will, was seine Immobilie wert ist, sollte den klassische­n Weg gehen und den Verkehrswe­rt bestimmen. „Das ist ein Alsob-Marktpreis, mit dem man sich dem am wahrschein­lichsten zu erzielende­n Kauf- beziehungs­weise Verkaufspr­eis annähert“, so Siepe. „Bei selbst genutzten Immobilien wird in Deutschlan­d in der Regel zur Bestimmung des Verkehrswe­rts der Sachwert ermittelt“, erklärt Annabel Oelmann. Dabei werden die Baukosten für die gesamte Immobilie geschätzt. Diese Kosten werden dann mit dem Bodenwert addiert. Zudem wird ein eventuell vorhandene­r Abnutzungs­verlust geschätzt und mitberechn­et. „Dieses Verfahren ist aber relativ aufwendig. Einfacher ist die Vergleichs­wertmethod­e, die den Wert anhand der real erzielten Preise von Vergleichs­objekten ermittelt“, ergänzt sie. Allerdings seien nicht immer ausreichen­d viele Immobilien oder Grundstück­e vorhanden, die zum Vergleich herangezog­en werden können.

Ein Wertgutach­ten von einem Sachverstä­ndigen, der den aktuellen Verkehrswe­rt ermittelt, ist aber nicht bei jedem Immobilien­verkauf notwendig. Es wird nur dann gebraucht, wenn der Immobilien­wert rechtliche Relevanz hat, zum Beispiel bei Erbfällen. „Ein vom Verkäufer in Auftrag gegebenes Wertgutach­ten kann sogar kontraprod­uktiv sein. Denn Kaufintere­ssenten schließen gern auf ein Gefälligke­itsgutacht­en“, warnt Immobilien­experte Werner Siepe.

Immobilien & Geld

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FOTO: DPA Der Wert eines Hauses hängt von vielen Faktoren ab. Zustand und Lage sind zum Beispiel wichtige Kriterien. Viele Eigentümer überschätz­en den Wert ihrer Immobilie, sagen Experten.

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