Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mit 90 Dezibel in die Kurve
Wegen Gleisbauarbeiten an der Nordstraße fahren vier Straßenbahnen durch die Sternstraße. Den Lärm finden Anlieger unerträglich.
PEMPELFORT So richtig lässt sich dieser Lärm gar nicht beschreiben. Ist es ein Rasseln, ein Quietschen, ein Rappeln – oder irgendwie alles zugleich? Jedenfalls fahren aktuell durch die enge Sternstraße vier Straßenbahnlinien, die 701 und die 705, die 706 und die 707. Das liegt vor allem daran, dass die Rheinbahn die Haltestelle Nordstraße der Linien 701 und 705 mobilitätsgerecht umbaut. Bis Ende August sollen die Arbeiten andauern, so lange müssen die Linien umgeleitet werden. Und das in beide Richtungen, alle zwei Minuten rattert eine Bahn vorbei. Wenn es in die Linkskurve auf die Duisburger Straße geht, wird es ohrenbetäubend. Bis zu 90 Dezibel laut, zeigt die Messung an.
Kerstin Rapp-Schwan und Martin Rapp sind besonders betroffen, denn an der Ecke Stern- und Duisburger Straße haben sie eines ihrer insgesamt vier Restaurants. „Bei diesem Lärm brauche ich gar nicht darüber nachzudenken, die Terrasse zu öffnen, wenn es denn irgendwann mal wieder losgeht“, sagt RappSchwan, die als Gastronomin ohnehin schon hart genug vom andauernden Lockdown gebeutelt ist. Doch nicht allein das Restaurant sieht sich dem Krach ausgesetzt, alle Anwohner der Sternstraße leiden. „Die Wände wackeln, man spürt die Vibrationen körperlich. Ich würde Schäden an den Häusern nicht ausschließen, aber da wären wir alle hier natürlich in der Beweispflicht“, sagt Rapp-Schwan. Vorher sei der Lärm schon arg gewöhnungsbedürftig gewesen, „aber da war es nur eine Straßenbahn alle zehn Minuten, jetzt hört das gar nicht mehr auf – und das zwischen 5 Uhr morgens und Mitternacht“.
Warum der Lärmpegel so hoch ist, glaubt Martin Rapp zu wissen: „Die Häuser an der Sternstraße stehen, so sagt man, auf felsigem Untergrund, die Übertragung von Geräuschen erfolgt so quasi über das Fundament. Da muss dann normalerweise ein anderes Gleisaufbauverfahren angewandt werden. Vor mehr als zehn Jahren wurden die Gleise hier ausgetauscht, verändert hat sich aber nichts.“Zumindest eine Art Flüsterasphalt sei verlegt worden, „die Autos hört man kaum noch“, sagt Rapp.
Aber die Sternstraße sei ohnehin eigentlich viel zu schmal für die Bahn. Kerstin Rapp-Schwan ärgert sich aber auch über die Rheinbahn: „Die Rheinbahn hat weder uns noch die Anwohner vorab über das Ausmaß der Arbeiten informiert. Die denken hier immer noch alle, in zwei Wochen sei alles vorbei.“Der Stresspegel für die Mitarbeiter – nur im Schwan an der Sternstraße gibt es ein To-Go-Geschäft – sei ungeachtet dessen kaum zu verantworten. Ob es Lösungsansätze gibt, könne sie nur schwer beurteilen: „Vielleicht ein Bus-Ersatzverkehr oder alternative Strecken. Ich finde es jedenfalls unverantwortlich, wie hier mit uns umgegangen wird.“
Immerhin hat die Rheinbahn eine Bus-Ersatz-Haltestelle vor der Garage des Gastronomenpaars kurzfristig wieder entfernt. Und, wie Sprecherin Heike Schuster in Aussicht stellt, werde auch die Umleitung der Linie 707 durch die Sperrung an der Tonhallenstraße nach diesem Wochenende wieder aufgehoben. Eine andere Umleitung für die Linien 701 und 705, zum Beispiel über den Hauptbahnhof, würde hingegen sowohl Teile der Innenstadt als auch einen großen Teil der Linienwege komplett abbinden und zu sehr großräumigen Umleitungen führen – was eine Einschränkung für noch mehr Fahrgäste, Anwohner und Kunden bedeuten würde. „Wir haben uns im Vorfeld natürlich auch mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, Ersatzbusse statt der Bahnen fahren zu lassen. Dagegen sprechen aber die Platzverhältnisse vor Ort und die aktuelle Kapazität unserer Busse nach dem Brand. Auch Lärm- und Umweltschutzgründe spielen eine Rolle. Daher gibt es keine Alternative für die Umleitung, die voraussichtlich bis Ende August dauern wird“, sagt Schuster.
Die Anwohner seien zudem über die Bauarbeiten vor Ostern mit 17.000 Handzetteln an alle Haushalte informiert worden. Und: In der Regel sei der Unterbau der Gleise im Rheinbahn-Netz unauffällig. Es könne jedoch vorkommen, dass durch besondere Bodenarten in Verbindung mit Leitungen und Kanälen unter und neben den Gleisen Fahrgeräusche in Form von Erschütterungen und Körperschall in den angrenzenden Gebäuden verstärkt würden. „In der Sternstraße ist das allerdings nicht der Fall“, sagt die Sprecherin.
Insgesamt nehme die Rheinbahn die Kritik der Anwohner und Gewerbetreibenden dennoch sehr ernst. „Wir haben die Fragen zum Anlass genommen, uns noch einmal sehr intensiv mit den Bauarbeiten und den Rahmenbedingungen vor Ort zu beschäftigen“, so Schuster.