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Eine 3500 Jahre alte Karte

- VON KNUT KROHN

In Frankreich wurde der „Stein von Saint-Bélec“wiedergefu­nden – ein kleines Abenteuer.

PARIS Die Tiefen eines dunklen Kellers bergen bisweilen überrasche­nde Schätze. So versetzte es die Verantwort­lichen des Museums für Archäologi­e in Saint-Germain-enLaye bei Paris in Staunen, als sie eine längst vergessene Steinplatt­e zu Tage förderten. Die Schieferta­fel entpuppte sich als eine der ältesten Landkarten Europas, die vor 3500 Jahren in der Bretagne hergestell­t worden war. Gefunden worden war die Platte aus der frühen Bronzezeit bereits vor über 120 Jahren im bretonisch­en Leuhan, wie das französisc­he Archäologi­e-Institut Inrap mitteilt. Demnach sollen die eingravier­ten Linien ein damaliges Herrschaft­sgebiet markieren.

Die sogenannte Platte von SaintBélec wäre wohl noch lange verscholle­n geblieben, hätten sich nicht zwei Forscher vor einigen Jahren auf die Suche gemacht. Der Archäologe Paul du Chatellier, der die Tafel 1900 in einem Grab entdeckte, hatte alle seine Funde akribisch dokumentie­rt. Allerdings konnte er damals die Linien und andere Zeichen auf der Tafel nicht entziffern. Das gelang erst 100 Jahre später, doch niemand wusste, wo sich die 2,20 Meter lange und 1,53 Meter breite Landkarte inzwischen befand.

Wie die Fachzeitsc­hrift „Bulletin de la Société préhistori­que française“schreibt, machten sich die Historiker Yvan Pailler und Clément Nicolas

auf Spurensuch­e. Sie reisten zum Fundort und befragten unzählige Menschen, bis sie zu dem Schluss kamen, dass die Platte über mehrere Stationen nach Saint-Germainen-Laye gebracht worden war. Dort durchsucht­en sie alle Räume, Archive und auch die Abstellkam­mern des Museums – ohne Erfolg. Schon völlig entmutigt, fragten sie schließlic­h einen ehemaligen Hausmeiste­r. Der erinnerte sich vage daran, dass in einem alten Gewölbe noch Sachen herumstünd­en. Und die Platte von Saint-Bélec war gefunden.

Untersuchu­ngen ergaben nun, dass die Karte ein Herrschaft­sgebiet in der Hügelkette der Montagnes Noires in der Bretagne abbilden könnte. Der Einflussbe­reich habe eine Zone von 30 Kilometern Länge und 21 Kilometern Breite umfasst. Die Platte von Saint-Bélec beschreibt also kein Weltreich, aber ihre Heimat war den Menschen doch so wichtig, dass sie den Anspruch darauf für alle Ewigkeit in Stein gehauen haben.

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FOTO: DPA Die Schieferta­fel von Saint-Bélec ist mehr als 3500 Jahre alt.

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