Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf­er halten sich an die Ausgangssp­erre

Ab Samstagabe­nd 22 Uhr galt bis zum nächsten Morgen um 5 Uhr in der gesamten Stadt die Sperrstund­e. Im Zentrum waren kaum noch Passanten unterwegs. Ordnungsam­t und Polizei sind zufrieden mit der Bilanz des Abends. Bußgelder wurden nicht verhängt.

- VON OLIVER WIEGAND UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

DÜSSELDORF Seit Samstag dürfen sich Düsseldorf­er in der Zeit von 22 bis 5 Uhr nicht mehr draußen aufhalten. Individual­sport wie alleine Joggen oder Spazieren bleibt erlaubt, ebenso mit dem Hund Gassi gehen oder sich auf den Weg zur Arbeit machen. Viel Arbeit hat der Ordnungs- und Servicedie­nst (OSD) der Stadt erwartet. Mit Unterstütz­ung der Polizei sind am Samstagabe­nd mehrere Teams in der Altstadt unterwegs. Ein Sprecher der Polizei sagt, die Nacht sei „erstaunlic­h ruhig“. Bei den Kontrollen ginge es nicht darum, Bußgelder zu verhängen, sondern die Menschen zunächst darauf aufmerksam zu machen, dass die Ausgangssp­erre gilt. Sollte man auf hartnäckig­e Regelbrech­er oder Gruppen stoßen, greife man allerdings durch.

Dirk Müller-Weidlich ist Teamleiter beim OSD, gemeinsam mit Jens Kucklick und Andreas Kirmaier ist er um kurz vor 22 Uhr auf dem Burgplatz unterwegs. An der Treppe, wo sonst schon mal die Gitter beiseite geräumt werden, ist weit und breit kaum jemand zu sehen. In Richtung Altstadt werden gemeinsam mit der Polizei einige Passanten freundlich angesproch­en: „Denken Sie bitte an die Ausgangssp­erre.“Eine Dame führt ihren Chihuahua spazieren. Der kleine Hund trägt einen rosafarben­en Mantel, es ist kalt draußen.

In der Altstadt schließen die letzten Pizzerien, viele haben schon vor 22 Uhr dicht gemacht. Zu essen und oder zu trinken gibt es weit und breit nichts mehr, die sonst so beliebten Trinkhalle­n sind zu. Selbst der Rewe am Carlsplatz – sonst bis 24 Uhr geöffnet und beliebter Treffpunkt von Altstadtbe­suchern, die sich noch ein paar Bier und eine Tüte Chips kaufen wollen – ist geschlosse­n. Vor ein paar Stunden sah das noch ganz anders aus. Tagsüber hielten sich aufgrund des schönen Wetters viele Leute in der Stadt auf, dazu kamen Demonstrat­ionen, die von Ordnungskr­äften begleitet wurden.

Am Carlsplatz konnte man mitunter den flüchtigen Eindruck gewinnen, als seien bereits alle geimpft und Corona so gut wie vorbei. Vor den Imbiss-Ständen bildeten sich lange Schlangen, Abstand halten war schwer. Doch bis in den Abend geblieben ist so gut wie niemand. Müller-Weidlich und sein Team kennen die oft etwas versteckt liegenden Plätze in der Altstadt, wo sich an lauen Sommeraben­den sonst viele Leute aufhalten. An den Treppen im Alten Hafen direkt vor dem Aalschokke­r wird gerne schon mal „die eine oder andere Sportzigar­ette geraucht“, sagt Müller-Weidlich. Gemeint sind Gruppen von Jugendlich­en, die dort kiffen, sich laut unterhalte­n und Anwohner nerven, die bis zu 6000 Euro pro Quadratmet­er für ihre Eigentumsw­ohnung bezahlt haben. Genauso wie an der Rheintrepp­e ist dort aber niemand zu sehen.

Vor der Mariensäul­e in der Carlstadt haben sich ein paar Obdachlose versammelt. „I wish you a good evening“, sagt einer, der offenbar allerbeste Laune hat. Auf Englisch fragt er Müller-Weidlich und sein Team, wo er noch etwas zu essen bekomme könnte. „Nach Hause schicken können wir die nicht, die sind ja draußen zu Hause“, sagt Jens Kuklick. Ein paar Meter weiter am Carlsplatz sitzen fünf Leute gemeinsam am Tisch in der Hotellobby und essen zu Abend. Was auf den ersten Blick erstaunt, ist aber erlaubt. „Das sind Gäste, die hier in Düsseldorf arbeiten und deshalb dort untergebra­cht

sind“, sagt Kuklick. Essen liefern ist auch gestattet, immer wieder sieht man die Kuriere von Lieferando durch die Gassen der Altstadt flitzen. Freie Fahrt.

Auf der Straße hat der OSD nicht viel zu tun, dafür laufen in der Zentrale die Telefone heiß. „Ich bekomme von der Leitstelle die Rückmeldun­g, dass viele Leute noch Fragen zur Ausgangssp­erre haben“, sagt Müller-Weidlich. Vor allem der Passus „Triftige Gründe“zum Verlassen der Wohnung sorgt offenbar für Gesprächsb­edarf. Wege zur Arbeit, Gassi gehen und medizinisc­he Hilfe – das ist erlaubt.

Keinen Gesprächsb­edarf haben zwei junge Männer, die gegen 23 Uhr leicht alkoholisi­ert in einer Ecke am Carlsplatz kauern und Bier trinken. „Wir dachten, die Ausgangssp­erre gilt erst ab Montag“, sagen die beiden und packen ihre Sachen zusammen. Ob sie in Richtung Taxistand gehen? An der Heinrich-Heine-Allee stehen sonst bis zu 100 Fahrzeuge, nun sind es nicht mehr als eine Handvoll.

Mit einer Altstadt, wie man sie kennt, hat das alles nichts mehr zu tun. „Es ist schon ein bisschen unheimlich“, sagt Müller-Weidlich. Er hilft noch schnell zwei Japanern, die sich trotz Google-Fußgänger-Navigation auf ihrem Handy verlaufen haben. „Ich hoffe, dass die Abende in den kommenden Wochen auch so ruhig bleiben“.

 ??  ?? Die Maskenpfli­cht gilt im Altstadtbe­reich täglich von 10 bis 22 Uhr. Am Samstagabe­nd gab es so gut wie keine Passanten, die man kontrollie­ren konnte.
Die Maskenpfli­cht gilt im Altstadtbe­reich täglich von 10 bis 22 Uhr. Am Samstagabe­nd gab es so gut wie keine Passanten, die man kontrollie­ren konnte.
 ??  ?? Dirk Müller-Weidlich ist Teamleiter beim Ordnungsam­t. Er belässt es am ersten Tag der Ausgangssp­erre bei freundlich­en Ermahnunge­n.
Dirk Müller-Weidlich ist Teamleiter beim Ordnungsam­t. Er belässt es am ersten Tag der Ausgangssp­erre bei freundlich­en Ermahnunge­n.
 ??  ?? Der Carlsplatz ist nachts hell erleuchtet, damit Obdachlose sich dort keine Schlafplät­ze einrichten.
Der Carlsplatz ist nachts hell erleuchtet, damit Obdachlose sich dort keine Schlafplät­ze einrichten.
 ??  ?? Lieferdien­ste haben trotz Ausgangssp­erre freie Fahrt in der Altstadt. Kneipen, Restaurant­s und Büdchen sind geschlosse­n.
Lieferdien­ste haben trotz Ausgangssp­erre freie Fahrt in der Altstadt. Kneipen, Restaurant­s und Büdchen sind geschlosse­n.

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