Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Roadstory mit Längen

Wilfredo Langes autobiogra­fisches Buch „Reisen mit einem schläfrige­n Coy“hat Potenzial, leidet aber unter inhaltlich­en und formalen Brüchen.

- VON CHRISTOPH WEGENER

DÜSSELDORF Anwalt in Argentinie­n, Dolmetsche­r in Marseille und Tellerwäsc­her in Stockholm – Wilfredo Lange hat in den vergangene­n acht Jahrzehnte­n vieles von der Welt gesehen und so einiges erlebt. Eigentlich wäre das ja die ideale Ausgangsla­ge für eine abenteuerl­iche literarisc­he Reise. Doch Langes neues Buch mit dem interessan­ten Titel „Reisen mit einem schläfrige­n Coy – Eine autobiogra­fische Roadstory für Banausen und Intellektu­elle“

bleibt leider hinter seinen Möglichkei­ten zurück.

Statt einer mitreißend­en Tour durch die Jahrzehnte und über Ländergren­zen hinweg erscheint vieles eher belanglos als erwähnensw­ert. Trotz der überschaub­aren Länge von lediglich 169 Seiten sind einige Passagen dadurch unangenehm langatmig geraten. Es gibt durchaus kleine, magische Momente, die den Leser an exotische Orte entführen oder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Etwa wenn Lange die Fahrt über eine schmale Schotterpi­ste durch die nebelverha­ngenen Anden beschreibt oder unverhofft einen alten Freund in Düsseldorf wiedertrif­ft, den er am anderen Ende der Welt kennengele­rnt hat. Doch solche Augenblick­e sind flüchtig.

Das liegt zum einen an der Vielzahl eher uninteress­anter Szenen, die kaum die Fantasie des Lesers anregen. Zum anderen am sprachlich und syntaktisc­h simpel gehaltenen Schreibsti­l, der pointiert, ehrlich und bodenständ­ig wirken soll, aber eher hölzern und bisweilen schlicht ungehobelt daherkommt.

So lässt der „softe Macho“, wie Lange auf dem Text der Rückseite genannt wird, kaum eine Gelegenhei­t aus, um zu kruden Ausdrücken zu greifen oder bisweilen unangenehm abfällige Personenbe­schreibung­en zu verwenden. Das wird nicht nur schnell eintönig, sondern macht es auch schwer, Sympathien für das lyrische Ich zu entwickeln.

Zudem kommt es zu ständigen inhaltlich­en und formalen Brüchen zwischen den einzelnen Kapiteln. Ortswechse­l und Zeitsprüng­e wirken willkürlic­h. Es wird ein

Mosaik aus Schauplätz­en geschaffen, dessen Teile sich weniger zu einem harmonisch­en Gesamtbild als vielmehr zu einem hektisch zusammenge­setzten Motiv mit sichtbaren Lücken fügen.

So bleibt die „Reise mit einem schläfrige­n Coy“eine eher unbefriedi­gende Leseerfahr­ung, die trotz allem durchaus das Potenzial zur Kurzweil hat – das wird bei manchen Textpassag­en klar erkennbar. Insgesamt jedoch ist das Buch zu bemüht und trivial, als dass es seine Stärken ausspielen könnte.

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FOTO: SZATHMARY.DE Der Autor Wilfredo Lange lebt in Düsseldorf.

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