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Das lange Warten auf die Dezemberhi­lfe

Der Ausgleich vom Bund für ausgefalle­ne Umsätze ist zum Teil immer noch nicht vollständi­g bei den Unternehme­n angekommen. Für Altstadt-Gastronom Walid El Sheikh bringt das eine Reihe von Problemen mit sich.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Sogar Ende April warten Gastronome­n in Düsseldorf immer noch auf die Dezemberhi­lfe. Einer von ihnen ist Walid El Sheikh. Auch wenn er sich mit Vorwürfen zurückhält, die Folgen sind enorm.

El Sheikh ist Inhaber mehrerer Lokale in der Altstadt – Oh Baby Anna, Elephant Bar, Boston Bar und Sir Walter. Für jeden Betrieb hat er eine eigene Gesellscha­ft gegründet. Ausgerechn­et für das größte Unternehme­n, das Sir Walter, ist das Geld noch nicht da, wie El Sheikh ausführt. Bislang sei nur die Abschlagsz­ahlung von 50.000 Euro geflossen. „Ich müsste aber weit mehr als 300.000 Euro bekommen.“

November- und Dezemberhi­lfe werden vom Bund als „außerorden­tliche Wirtschaft­shilfe“bezeichnet. Das Besondere: Den in hohem Maße vom Lockdown betroffene­n Unternehme­n werden nicht nur Fixkosten, sondern Umsatzausf­älle erstattet, in der Regel rund 75 Prozent. Nach Vorschussz­ahlungen durch die Bundeskass­e sind die Länder für Prüfung und restliche Auszahlung­en zuständig. Für Verzögerun­gen sorgten Softwarepr­obleme beim Start.

Bund und Land hatten zuletzt eine Art Schwarzer-Peter-Spiel betrieben, wenn es um die Verantwort­ung für die Verspätung ging. Der Bund verwies auf die Zuständigk­eit des Landes, das Land wiederum auf die späte Übergabe der Software für die Bearbeitun­g der Anträge in den Bezirksreg­ierungen Ende Januar.

„Dafür können sich die Unternehme­n nichts kaufen“, sagt Thomas Kolaric, Geschäftsf­ührer des Hotelund Gaststätte­nverbandes Nordrhein. Für ihn ist es „ein unhaltbare­r Zustand“, dass elf Prozent der Anträge auf Dezemberhi­lfe nicht ausgezahlt sind, wie das Wirtschaft­sministeri­um auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt. Kolaric erklärt, welche besondere Bedeutung sie im Gegensatz zur Überbrücku­ngshilfe habe. So könnten Gastronome­n mit ihr zum Beispiel auch private Kosten von Miete über Einkaufen bis hin zur Tilgung eines Kredits leichter bewältigen. Hinzu kommt: „November und Dezember sind die umsatzstär­ksten Monate für die Gastronomi­e.“

Doch das Warten geht weiter. Mit Primo Lopez hatte kürzlich ein weiterer Altstadt-Gastronom unserer Redaktion berichtet, dass er auf die Zahlungen warte. El Sheikh ist sich sicher, dass die größeren Unternehme­n

mit hohen Umsätzen später bearbeitet werden. Die Novemberhi­lfe sei für das Sir Walter auch erst Ende März gekommen. „Ich verstehe diesen Mechanismu­s nicht. Es sollten alle gleich behandelt werden. Wir haben alle die gleichen Probleme, ob groß oder klein.“Zumal in den großen Betrieben mehr Mitarbeite­r beschäftig­t würden, im Sir Walter seien es 100, zumeist in Vollzeit. Das heißt auch, dass volkswirts­chaftliche Risiken größer sind, wenn große Unternehme­n in Schieflage geraten. „Wir müssen alles geben, damit das nicht passiert.“

El Sheikh muss nun zwischenfi­nanzieren. Was ihn besonders ärgert: Die Laufzeit für den Kredit ist sicherheit­shalber wohl länger als nötig, weil nicht kommunizie­rt werde, wie lange er auf die Hilfszahlu­ng warten müsse. Auf E-Mail-Anfragen bekomme er nur automatisc­he Antworten. „Ich wünsche mir die Zuverlässi­gkeit eines ehrbaren Kaufmanns.“Auch wenn er natürlich froh und dankbar sei, dass es die Entschädig­ung überhaupt gibt.

Das Zurückgrei­fen auf einen Kredit hat laut Walid El Sheikh auch andere Folgen für ihn. Die Bonität leidet, und damit auch die Chancen für mögliche künftige Projekte, bei der Bewerbung auf große Flächen zum Beispiel.

Vor einem Liquidität­sengpass, der aktuell so vielen Gastronome­n zu schaffen macht, bewahrt El Sheikh übrigens ein Kredit der KFW-Bank über 2,2 Millionen Euro, den er zu Beginn der Krise aufgenomme­n hat und bislang nicht anrühren musste. „Er war für ein Worst-Case-Szenario gedacht. Aber es ist noch viel schlimmer gekommen als gedacht.“Aus wirtschaft­licher Sicht wäre es aus seiner Sicht besser gewesen, die Läden dicht zu machen und später neu zu starten. „Das hätte jedoch das Vertrauen in meine Person vor allem bei meinen Mitarbeite­rn erschütter­t.“

El Sheikh hofft nun auf baldige Auszahlung der Dezemberhi­lfe und auf Öffnungen. „Sonst wird es im Juni oder Juli eng.“

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