Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Gerhard Richter hat Fortkommen gesichert“
Der Geschäftsleiter des Großfotolabors Grieger spricht über die Zeit nach der Insolvenz und was der neue Investor alles plant.
DÜSSELDORF Mit Thomas Ruffs Großporträts begann der Erfolg der Becher-Schule und von Diasec, einer speziellen Form der Acrylglasversiegelung. Doch die Firma Grieger geriet durch internationale Konkurrenz in Schieflage. Nach der Pleite im Jahr 2016 drohen dem Unternehmen erneut schwere Zeiten.
Herr Lotz, wie geht es weiter mit der Bildbearbeitung? Wie will Grieger in Düsseldorf mit 30 Mitarbeitern überleben, wenn sogar Künstler inzwischen ihre Bilder selbst produzieren?
LOTZ Bilder wollen kaschiert werden. Das kann nicht jeder. Wir haben eine relativ große Erfahrung gerade im Großformat und in der Acrylglasversiegelung durch unser Diasec.
Hält der Trend zum Großformat an?
LOTZ Die Verkäufe der ganz großen Formate gehen zurück. Es gibt nur noch wenig Kunden, meist Sammler, die sehr große Bilder kaufen, die bekanntlich mehrere Hunderttausend Euro kosten können, und die oft eingelagert werden. Wir produzieren große Formate vor allem für den Ausstellungsbereich von Galerien und Museen.
Trotzdem investieren Sie, haben gerade einen Drucker für 200.000 Euro gekauft. Woher nehmen Sie diese Hoffnung?
LOTZ Wir wollen technologisch auf der Höhe sein und bieten eine lange Erfahrung und einen engen Kontakt zu Mitarbeitern, die hier im Schnitt mindestens 20 Jahre arbeiten. Viele Kunden wollen nicht alles von A bis Z neu erklären, wie ihre Kunst funktioniert und wie sie es gerne hätten. Das ist oft wichtiger als das Produkt von nebenan für ein paar Hundert Euro weniger.
Im Jahr 2016 machte die Firma Grieger Insolvenz, das Unternehmen gehört nun zur englischen Heni-Gruppe aus London. Was plant der Investor?
LOTZ Heni expandiert sehr stark. Es werden nicht nur Fotografien oder Drucke produziert. Es gibt einen Buchverlag, ein hochprofessionelles Fotostudio, eine Firma für künstlerische Filme, für digitale Talks, für Websites für Künstler. Man baut einen Full Service auf. Wir und HSL sind als Produktionsfirmen dazugekommen. Erst mit den Editionen von Gerhard Richter oder Damian Hirst, die wir nun von Heni übernehmen, ist unser Fortkommen gesichert und unser Umzug möglich.
Sie ziehen also in den Stadtteil Hellerhof?
LOTZ Ja, das Gebäude an der Färberstraße ist verkauft, der neue Besitzer plant Wohnungen. Wir bauen gerade eine Bestandshalle der Stadttochter IDR in der Goslaer Straße 10 um. Sie ist genauso groß, aber hat den Vorteil, dass wir alles auf einer Ebene haben. Dort werden wir den Inkjetbereich,
die Weiterverarbeitung, Logistik und und Verwaltung platzieren.
Und was ist mit der Fotografie einschließlich der Abwässer?
LOTZ Neue Produktionsstätten für das komplette Sortiment hätten in keinem Verhältnis zu den Umsatzzahlen gestanden, denn durch Corona sind auch unsere Umsätze deutlich zurückgegangen. Deshalb gehen wir mit HSL von der Adersstraße als Partner zusammen, Heni hat HSL gekauft. Wir bleiben zwei getrennte Unternehmen, die sich aber wunderbar in der Produktion ergänzen. Wir wollen die fotochemischen Prozesse, also den Fotobereich
in der klassischen Entwicklung, zu HSL auslagern, und HSL lagert seinen Inkjetbereich an uns aus. So erhalten wir auch zukünftig das Sortiment und die Kundschaft von beiden Unternehmen.
Sie waren früher sehr eng in die Zukunft des NRW-Forums involviert. Die Stadt hätte es gern gehabt, wenn Sie im Ehrenhof produzieren. Wie bringen Sie sich heute bei der Planung für ein Deutsches Fotoinstitut in Düsseldorf ein?
LOTZ Allein schon von der Anlieferung her wäre das NRW-Forum völlig ungeeignet gewesen. Außerdem malte sich die Stadt damals aus, dass wir alles finanzieren sollten. Das jetzige Fotoinstitut ist ein Politikum. Wir halten uns da raus. Wir haben uns die Folkwangschule angeschaut. Solche Strukturen gibt es hier nicht. Die Akademie in Düsseldorf ist stark auf Malerei ausgerichtet, weniger foto-orientiert. Wichtig ist letztlich, wem die Verbesserungen und die Forschung zugutekommen. Natürlich würden wir uns freuen, wenn Düsseldorf den Zuschlag bekommt.
Gibt es noch Forschung?
LOTZ Im Inkjetbereich haben wir die höchste Qualitätsstufe erreicht. Außerdem ist der Markt so klein, dass Hersteller wenig Interesse zeigen, etwas zu entwickeln.
Und was ist mit der Alterung, der Haltbarkeit der Fotografie?
LOTZ Wir können einen natürlichen Alterungsprozess von 20 bis 30 Jahren labortechnisch nicht simulieren. Die Tests beziehen sich nur auf UV-Beständigkeit; das Ausbleichen durch Licht ist beim Inkjetdruck kein Thema mehr. Es spielen auch andere Faktoren eine Rolle, wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Umweltbelastungen der Luft. Durch die
Naturpigmente und unser Diasecverfahren schützen wir das Bild um den Faktor 10. Höchstens das Acrylglas altert und wird gelb, aber nicht der Pigmentdruck. Die Kunstwelt will ein Rundum-Sorglos-Paket und Garantien, wie lange die Bilder halten. Das können wir aber als Unternehmen aus Kostengründen nicht leisten. Wir haben mit einigen großen Künstlern gesprochen, ob sie sich daran beteiligen würden. Aber da sind sie extrem zurückhaltend. Forschung soll aber ein Aufgabenbereich des Instituts werden.
Und die Zukunft der Fotografie?
LOTZ Wir haben ein Revival von analoger Fotografie. Selbst junge Menschen, die digital aufgewachsen sind, entdecken eine alte Technologie als neues Medium.
HELGA MEISTER FÜHRTE DAS INTERVIEW.