Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Graffiti an der ehemaligen Q 1-Tankstelle
Alles legal: Die Sprayer, die zurzeit ihre Kunst an die leerstehenden Gebäude in Osterath sprayen, haben dazu die Erlaubnis vom Grundstücksbesitzer Lidl. Ob der dort seinen Supermarkt eröffnen darf, ist politisch noch nicht geklärt.
OSTERATH Isabelle Hoffmann ist richtig stolz, wenn sie an der kleinen Galerie mit den grell-bunten Kunstwerken vorbeigeht: „Der Papagei hier, das ist ein sogenannter Charakter“, erklärt sie die Fachsprache der Sprayer. Daneben sei ein „Style“gesprüht, grafische Zeichen und Buchstaben, die man dem Sprayer zuordnen könne, weil er seinen „Tag“, also sein Namenskürzel, hinterlässt. Die 40-jährige Gymnasiallehrerin hat diese kleine Open-Air-Kunstgalerie inszeniert. Ihr Ziel: Graffiti legal zu sprayen, mit Kommunen zusammenzuarbeiten, um Industriebrachen zu verschönern und den Sprayern – egal welchen Alters – die Möglichkeit zu geben, ihre Kunst der Öffentlichkeit zu präsentieren.
An der Meerbuscher Straße in Osterath haben Hoffmann und ihre Mit-Sprayer, die zum Teil nicht genannt werden wollen, nun ein neues Areal gefunden: Denn seit Anfang des Monats liegt das große Gewerbegrundstück an der Meerbuscher Straße in Osterath brach. Bis dahin konnte man dort tanken, sein Auto waschen oder sich ein Caravan-Mobil auswählen.
Das Unternehmen Lidl hat das Grundstück zwar vor einiger Zeit gekauft, um dort einen Discounter zu bauen. Ob diese Pläne aber umgesetzt werden können, ist offen. Denn das städtische Einzelhandelskonzept sieht an diesem Standort keinen weiteren Supermarkt vor. Die Politik favorisiert für eine Neu-Ansiedlung eines Discounters eher den Ortsteil Lank-Latum oder eventuell auch Büderich. Ob die Verhandlungen mit Lidl in diese Richtung gehen, ist zurzeit fraglich.
Lidl auf Anfrage unserer Redaktion dazu: „Lidl entwickelt kontinuierlich sein gesamtes Filialportfolio weiter. Auch in Meerbusch möchten wir unseren Kunden eine moderne Einkaufsstätte bieten.“Man könne aber aktuell noch keine weiteren Angaben machen, da man sich noch in der Planungsphase befindet, so Sprecherin Isabel Lehmann. So lange liegt die Fläche also brach – und so lange können sich die Sprayer dort austoben. Denn: Lidl hat‘s ihnen erlaubt.
Isabelle Hoffmann hat den Kontakt
mit dem Discounter aufgenommen und die Genehmigung bekommen. Seitdem sind die Graffiti Gesprächsstoff, vor allem in den sozialen Medien. „Wir erfahren aber nur positiven Zuspruch“, berichtet Hoffmann, die jetzt einfach alle Sprayer aus der Umgebung dazu einlädt, sich an diesen unwirtlichen Wänden hinter der Tankstelle zu präsentieren. Anne Lippek aus Düsseldorf etwa war bei den ersten Sprayern dabei und ist unter ihrem Künstlerinnen-Namen Lilly Urheberin unter anderem der Papageien, über die im Netz besonders viel gesprochen wird.
Sie war auch schon mit Hoffmann dabei, als die Stadt ihnen erlaubt hatte, das Trafohäuschen am Böhler-Radweg zu gestalten. Dana Frey vom städtischen Umweltamt: „Wir als Stadt sind total offen, müssen für die Sprayer aber auch die passenden Flächen finden.“Und genau das sei schwierig. Die Bahn-Unterführung fänden die Sprayer natürlich toll – „aber die gehören uns nicht“, so Frey. Isabelle Hoffmann und ihre Mit-Sprayer haben sich auf jeden Fall vorab intensiv mit dem Grundstück an der Meerbuscher Straße beschäftigt. Die eine Wand sei zur
„Konzeptwand“erklärt worden.
Bevor die Spraydosen schließlich Mitte April ausgepackt worden sind, haben die Künstler ihre Entwürfe auf Papier gezeichnet. Das Graffiti selbst braucht dann mindestens
zehn Stunden, erklärt Hoffmann. Darum sei es ihr und den anderen Künstlern auch so wichtig, dass die Kunst bleibt. „Das macht man nicht über Tage, damit es anschließend direkt wieder entfernt wird.“