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Corona setzt Schule und Kita unter Druck

Mehrmals pro Woche wird getestet. Der Aufwand ist enorm. Kritik an der Strategie gibt es auch. Eine mögliche Rückkehr in den Distanzunt­erricht sehen die Schulen dagegen gelassen.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Wer zur Schule gehen will, muss sich zwei Mal pro Woche testen lassen. Anders als in den Kindertage­sstätten, wo das Angebot freiwillig ist und in den Händen der Familien liegt, organisier­en die Schulen das Prozedere selbst. Und das sorgt weiterhin für Diskussion­sstoff. Dabei könnten die Tests – zumindest an den Schulen – schon bald wieder zur Ausnahme werden. Steigt die Inzidenz in der Landeshaup­tstadt an drei aufeinande­r folgenden Tagen über 165, müsste das Gros der Schüler kurz darauf in einen reinen Distanzunt­erricht zurückkehr­en. Davon ausgenomme­n wären Abschlussj­ahrgänge und Förderschu­len. Ob dieser Fall eintritt, ist offen. Denn seit Tagen pendelt die Inzidenz ziemlich genau um den Wert 160. Anders ist die Lage in den Kitas. Hier träte zwar bei einem Wert jenseits von 165 ein so genannter Notbetrieb ein, den aber legt NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp so aus, dass sich am bisherigen Verfahren kaum etwas ändert. Das Wichtigste im Überblick.

Die Testorgani­sation Der Aufwand für die Pflichttes­ts ist erheblich. Darin sind sich die Schulleite­r einig. „Wir haben im Wechselmod­ell getrennte A- und B-Lerngruppe­n, parallel dazu laufen das Abitur sowie die regulären Klausuren in den anderen Stufen. Außerdem dürfen die beiden Testungen nicht zu weit auseinande­r liegen. Das alles zu koordinier­en, ist komplex“, sagt Axel Kuhn, Leiter des Görres-Gymnasiums an der Königsalle­e. Und es kostet Zeit. „Für die Heranwachs­enden fallen praktisch zwei Schulstund­en pro Woche aus“, meint der Pädagoge. Um das Kollegium zu entlasten und den Unterricht­sausfall möglichst zu begrenzen, greift der Schulleite­r auf die Hilfe von Eltern zurück. „Die haben sich freiwillig gemeldet, um uns in dieser besonderen Zeit unter die Arme zu greifen. Ein tolles Engagement“, findet Kuhn. Die Sorgen von Kollegen, Beaufsicht­igung und Anleitung der sich selbst testenden Schüler erhöhe – trotz geöffneter Fenster – das eigene Infektions­risiko, hält er für berechtigt. So setzten die Schüler für den aktuell verwendete­n Nasenbohre­r-Test für einige Zeit ihre Masken ab. „Es versteht sich eigentlich von selbst, dass Lehrer, die hier im Einsatz sind, längst vorrangig geimpft werden müssten. Doch genau das ist an den weiterführ­enden Schulen in Nordrhein-Westfalen nicht der Fall“, bemängelt der Schulleite­r.

Die Teststrate­gie Immer wieder sorgt der konkrete Umgang mit positiven Testergebn­issen für Irritation­en. So waren Eltern in einer Kita im Stadtsüden verunsiche­rt, weil es nach der positiven Selbsttest­ung einer Mitarbeite­rin vier Tage dauerte, bis der genauere PCR-Test durch ein mobiles Testteam bei ihr zu Hause vorgenomme­n werden konnte. Wegen Symptomen sei der Frau am Dienstag kein selbständi­ger Besuch in einem Testcenter möglich gewesen, erläutert ein Vater, dessen Kind die Kita besucht. „Die betroffene

Gruppe wurde für eine knappe Woche geschlosse­n, 20 Haushalte und noch mehr Berufstäti­ge waren betroffen. Abgesehen davon, dass sich deshalb möglicherw­eise notwendige Quarantäne-Maßnahmen womöglich verzögert hätten“, meint er. Am Ende sei dann das PCR-Ergebnis negativ gewesen. Warum es mit dem Test vor Ort so lange dauerte, erklärt die Stadt so: „Die Termine des mobilen Dienstes werden insbesonde­re an nicht-mobile, quarantäni­sierte Personen sowie an symptomati­sche Risikopati­enten vergeben. Diese Termine werden entspreche­nd der zur Verfügung stehenden Kapazitäte­n an die dafür zugelassen­en Personengr­uppen vergeben.“

Die Infektions­lage Tatsächlic­h hält sich die Zahl der Selbsttest­s, die ein positives Ergebnis nahelegen, in engen Grenzen. Wie andere Schulleite­r berichten auch Axel Kuhn und Ralf Schreiber, Leiter des Goethe-Gymnasiums, jeweils von einer Hand voll

Fälle. „Bislang gab es vier oder fünf positive Selbsttest­s“, sagt Schreiber. In allen Fällen habe es sich um falsch positive Ergebnisse gehandelt, wie ein anschließe­nder PCRTest belegt habe. Entwarnung gibt Schreiber aber nicht. „Wir haben an unserer Schule trotzdem ein Infektions­geschehen, weil Schüler sich in der Familie oder im Freundeskr­eis angesteckt haben, was dann auch durch die PCR-Tests bestätigt wurde“, sagt der Pädagoge und betont: „Die Lage bleibt ernst.“

An den Düsseldorf­er Schulen wurden laut städtische­r Statistik im April bislang 433 Schüler, 26 Lehrer und Betreuer sowie fünf weitere Personen positiv auf das Coronaviru­s getestet. In den Kitas waren es 121 Kinder, 42 Menschen des Betreuerst­abs sowie 15 weitere Mitarbeite­r (Stand: 26.4.). Zum Vergleich: In Düsseldorf besuchen 70.000 Heranwachs­ende eine Schule oder ein Kolleg, etwa 28.000 Kinder gehen in die Kita oder Tagespfleg­e.

Die Perspektiv­e Eine Rückkehr in den reinen Distanzunt­erricht erfolgt frühestens in der kommenden Woche, da die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinande­r folgenden Tagen höher als 165 sein muss. „Wir können jederzeit zwischen den Modellen wechseln, inzwischen haben wir da Übung“, sagt Ralf Schreiber. Mit Blick auf die organisato­rischen Abläufe schätzt das Michael Biallas ähnlich ein. Allerdings warnt der Vize-Leiter der Dieter-Forte-Gesamtschu­le in Eller davor, „dass wir ohne Präsenztag­e eine ganze Reihe Kinder mit wenig Ansprache und Förderung im Elternhaus verlieren werden“.

Für Kita-Eltern dürfte sich auch bei höherer Inzidenz erst einmal nicht viel ändern. Sie müssen für den dann greifenden Notbetrieb in NRW nur ein Formular ausfüllen, in dem sie bestätigen, dass sie die Betreuung nicht anders organisier­en können. Besondere Nachweise werden nicht eingeforde­rt.

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RP-FOTO: A. ORTHEN Eltern helfen am Görres-Gymnasium bei der morgendlic­hen Organisati­on der Schüler-Selbsttest­s: Liane Bastänier (l.) und Esmé Bollenbeck übergeben zwei Schülerinn­en die Sets für die jeweilige Klasse.

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