Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Angeklagte will von Mordversuch an Seniorin nichts wissen
ELLER (wuk) Angeblich nur bruchstückhaft erinnert sich eine 58-jährige Drogensüchtige an den Besuch bei ihrer Gönnerin in Eller. Dort sei es an einem Oktoberabend 2020 zwar zum Streit mit der 74-Jährigen gekommen, die ihr 3200 Euro geliehen hatte. Doch was genau dann passiert ist, weiß die des Mordversuchs Angeklagte wegen eines damaligen Drogenrauschs angeblich nicht mehr. Das sagte sie am Dienstag zu Prozessbeginn vor dem Landgericht. Die Anklage wirft ihr vor, ihre Geldgeberin durch massive Gewalt beinahe umgebracht zu haben, um sich ihrer Schulden zu entledigen. „Ich hatte nicht vor, ihr etwas anzutun“, widersprach die Angeklagte.
Vor einem Supermarkt in Eller, wo die Angeklagte ein Obdachlosen-Magazin anbot, waren sich beide Frauen zuvor vielfach begegnet. Dabei soll die Angeklagte über ihre kleine Rente geklagt und versichert haben, sie könne kleine Darlehen sofort zurückzahlen, sobald ihr eine Erbschaft ausgezahlt würde. Aus Mitgefühl hatte die Rentnerin der Angeklagten finanziell mehrfach ausgeholfen, doch als die Familie der Geldgeberin im Oktober 2020 darum bat, die Angeklagte solle die aufgelaufene Summe wenigstens in 50-Euro-Raten abstottern, wurde die Geldgeberin kurz danach fast getötet. Laut Anklage soll die 58-Jährige sie blutüberströmt zurückgelassen haben, weil sie sicher gewesen sei, dass ihr Opfer sterben werde. Doch die Rentnerin wurde von ihrem Pflegedienst gefunden, konnte noch den Namen ihrer Peinigerin nennen.
Die Angeklagte, die zunächst behauptet hatte, die Seniorin tagelang nicht gesehen zu haben, will sich nun nicht mehr an Details erinnern, nur daran, dass ihre Geldgeberin „noch ansprechbar“gewesen sei, als sie ging. Auch wäre sie durch den Tod der Rentnerin nicht schuldenfrei geworden: „Dann hätte ich das Geld eben ihrer Familie geschuldet“, erklärte die 58-Jährige. Damit könnte das angeklagte Mordmerkmal der Habgier sogar wegfallen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.