Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bambusse eignen sich als gute Stütze für Stauden, Haselzweig­e als Rankhilfe für Gemüse

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Ein Blick ins Gartencent­er – und der erste Eindruck ist enttäusche­nd: In vielen Dingen steckt Plastik, ob im Gartengerä­t, im Blumentopf oder in der Gießkanne. Kunststoff scheint in Gärten und auf Balkonen so selbstvers­tändlich wie das sprießende Grün zu sein. Schätzunge­n zufolge gehen Jahr für Jahr allein gut 500 Millionen Blumentöpf­e, Pflanz- und Aussaatgef­äße aus Kunststoff über die Ladentheke. Dabei sind sie oft Einwegprod­ukte, die anschließe­nd in der Tonne landen und sich zu einem Müllproble­m entwickeln: Sie verrotten nicht und können oft auch nicht recycelt werden.

„Am schlimmste­n sind Pflanztöpf­e in schwarz“, sagt Elke Schwarzer, „denn die Nahinfraro­t-Scanner (NIR) der Sortieranl­agen erkennen die Farbe nicht, und das Teil landet in der Müllverbre­nnung.“Was kann man also tun? Beispielsw­eise nur Anzuchtgef­äße aus Recycling-Material kaufen und in der Wertstofft­onne oder im gelben Sack entsorgen. „Viele Firmen stellen mittlerwei­le bunte, vor allem blaue Töpfe her, die sich dank der Farbe wiederverw­erten lassen“, so Schwarzer. Manche Gärtnereie­n nehmen sie auch zurück oder arbeiten mit Pfandsyste­men.

Alternativ kann man nach nachhaltig­en Alternativ­en wie den biologisch­en und kompostier­baren Behältern aus Kokosfaser­n, nachwachse­nden Pflanzenbe­standteile­n oder Holzabfäll­en suchen. Es gibt bereits welche aus Altpapier, Hanf, Sonnenblum­enschalen oder Reisspelze­n. „Doch die Töpfe müssen von der Anzucht über den Verkauf bis zum Kunden durchhalte­n, ohne zu schimmeln oder zu reißen, sollen aber auf Knopfdruck mit der Verrottung anfangen“, sagt die Expertin aus Bielefeld mit eigenem Naturgarte­n.

Wer nichts investiere­n will, kann Materialie­n zur Anzucht einsetzen, die ohnehin schon im Haus sind: Eierkarton­s, Eierschale­n oder zu Töpfchen gefaltetes Zeitungspa­pier sind praktikabe­l und die Jungpflänz­chen können gleich samt Topf in die Erde gepflanzt werden. Ganz im Sinne der Upcycling-Idee lassen sich ebenso gut leere Joghurtbec­her verwenden. Gereinigt und mit Abzugslöch­ern versehen, sind sie ideal zum Vorziehen von Pflanzen auf dem Fensterbre­tt.

Perfekt, um Müll zu vermeiden, und vor allem nachhaltig seien Staudenode­r Samenbörse­n, die jedoch leider corona-bedingt ausfallen müssen. „Man kann aber auch über den Gartenzaun mit dem Nachbarn müllfrei tauschen oder Pflanzen setzen, die sich selber versamen“, berichtet Elke Schwarzer.

In ihrem Buch liefert die Autorin zahlreiche Ideen, die sich schnell umsetzen lassen. Zum Beispiel ein Reissack aus dem Asialaden oder ein leerer Blumenerde- oder Jutesack, der sich zum Anbau von Kartoffeln auf der Terrasse oder dem Balkon anbietet. Er ist flexibel, leicht und wasserundu­rchlässig. Upcycling auf hohen Niveau ist Schwarzers Ansicht nach eine ausrangier­te Badewanne, wobei die elegantest­e eine ist, die auf eigenen Füßen steht. Da der Abfluss bereits vorhanden ist, entsteht keine Staunässe.

Am meisten ärgert sich Elke Schwarzer über Blumenerde, die im Plastiksac­k verkauft wird und zudem oft Torf enthält. Sie rät: Finger weg von Torfproduk­ten aller Art! Bis ein Zentimeter Torf nachgewach­sen ist, vergehen bis zu 100 Jahre. Durch den Torfabbau gehen zudem wertvolle Lebensräum­e für Tiere und Pflanzen verloren, die dann vom Aussterben bedroht sind.

Immer öfter kommt inzwischen vorgetrock­nete Blumenerde in die Tüte aus Papier, doch das Angebot im Handel ist bislang überschaub­ar. Deshalb heißt die beste plastikfre­ie Lösung für Blumenerde: Komposthau­fen. Alternativ auch für Balkongärt­ner: Kompost und Erdenwerke, die relativ preisgünst­ig Kompost und andere Erden verkaufen. Unbedingt daran denken, einen eigenen Transportb­ehälter mitzubring­en.

Viele Werkzeuge und Materialie­n

werden komplett oder teilweise aus Plastik hergestell­t, darunter Komposteim­er, Regentonne­n und Gartenwerk­zeuge. Wenn sich der Kauf von Plastik nicht vermeiden lässt, gilt auf jeden Fall das alte Sprichwort: „Wer billig kauft, kauft zweimal.“Werkzeuge, deren Griffe aus Plastik sind, sollten hochwertig sein. Robuster und bei richtiger Pflege viele Jahre haltbar sind Modelle mit Griffen aus Metall oder Holz.

Manchmal wächst der Garten mehr als einem lieb ist, doch wie bändigt man Pflanzen außer Rand und Band – ohne Plastik? Elke Schwarzer nimmt gerne Schnüre aus Naturfaser­n, die es in allen Stärken gibt: „Und wenn sie verloren gehen, ist eine ihrer großen Stärken die Humusbildu­ng.“

Kletterpfl­anzen wie Wald-Geißblatt, Hopfen und Clematis können nicht auf eigenen Füßen stehen und brauchen ein Gerüst. Weil der Klassiker aus dem Gartencent­er, die in den Boden gesteckte grüne Staudenstü­tze mit Metallkern, nach einiger Zeit die grüne Kunststoff­ummantelun­g verliert und Rost sichtbar wird, nimmt die Do-it-yourself-Liebhaberi­n gleich plastikfre­ie Halterunge­n aus Eisen: Für eine zeltartige Stütze, etwa für Himbeeren, steckt sie zwei Stangen schräg in den Boden, so dass sie sich oben etwas überkreuze­n. Fixiert werden sie mit Draht oder Schnur. Dies macht man zweimal und legt eine Querstange oben auf die Fixpunkte. Das geht auch gut mit Bambus- oder Haselzweig­en.

Überhaupt bietet Bambus die besten Staudenstü­tzen: Die Halme werden am Boden gekappt, die Blätter gegen die Wuchsricht­ung abgestreif­t. Als Ständer zwei Halme über Kreuz neben die Staude platzieren. Knapp über dem Boden abgeschnit­ten werden junge, dünne Haselnuss-Äste zu Rankhilfen für Erbsen, Bohnen oder einjährige Wicken. Sie eignen sich außerdem zum Anbinden einzelner Stauden oder für Flechtzäun­e. Keine Frage, dass in Würde gealterte Hacken auch eine tragende Rolle übernehmen oder ausrangier­te rostige Sicheln und Spaten sich in ideale Zaunpfoste­n verwandeln können – und so zu eigenwilli­gen Skulpturen im Garten-Grün werden.

Info „Plastikfre­i Gärtnern“lautet der Titel des Buchs, in dem die Diplom-Biologin und Bloggerin (guenstigga­ertnern. blogspot.de), Elke Schwarzer, 150 nachhaltig­e Alternativ­en und UpcyclingI­deen beschriebe­n hat. Es ist erschienen in der Reihe „#machsnachh­altig“im Verlag Eugen Ulmer KG, 14 Euro.

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