Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Was andere Länder Geimpften erlauben

Bayern und Berlin preschen vor: Bürger, die zweimal ein Vakzin erhalten haben, sollen dieselben Freiheiten erhalten wie negativ Getestete. NRW bremst und will auf den Bund warten. Streit ist um die Art des Impfnachwe­ises entbrannt.

- VON ANTJE HÖNING, REINHARD KOWALEWSKY UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Weil immer mehr Menschen geimpft sind, wächst der Druck auf die Politik, ihnen alte Freiheiten und Grundrecht­e zurückzuge­ben. NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) warb am Mittwoch im Landtag für ein abgestimmt­es Vorgehen von Bund und den Ländern und verwies auf die vom Bund geplante Rechtsvero­rdnung. Doch darauf wollen andere Bundesländ­er nicht warten.

Was erlauben andere Länder?

Bayern stellt Geimpfte bereits Bürgern mit negativem Corona-Test gleich. „Wer zweimal geimpft ist, muss keine Tests mehr vorlegen“, kündigte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) an. Tests sind im Freistaat für den Besuch von Friseuren, Kosmetiksa­lons und in vielen Geschäften vorgeschri­eben. Ähnliches gilt für Hessen und Berlin. In Hessen entfällt für Geimpfte auch die Quarantäne-Pflicht nach bestimmten Reisen. In Brandenbur­g können Geimpfte Altenheime frei besuchen. Mecklenbur­g-Vorpommern plant die Gleichstel­lung mit Getesteten für den 1. Mai, Thüringen für den 5. Mai. Noch offen und besonders heikel ist, ob sich Geimpfte auch an Ausgangssp­erren halten müssen. Das Bundesjust­izminister­ium strebt dies an, da es um Beschränku­ngen von individuel­len Rechten geht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnt dagegen soziale Gerechtigk­eit an. Sonst drohten Menschen, die nur mangels Impfstoff nicht geimpft sind, doppelt benachteil­igt zu werden.

Was plant NRW?

Der Apothekerv­erband Nordrhein fordert eine Gleichstel­lung von Geimpften und Getesteten auch in NRW: „Ich begrüße Bayerns Entscheidu­ng. Mittlerwei­le ist es wissenscha­ftlicher Konsens, dass vollständi­g geimpfte Personen nur äußerst selten das Virus weitertrag­en tragen können“, sagte Verbandsch­ef Thomas Preis. Eine Gleichstel­lung würde auch die Testzentre­n in NRW entlasten, aktuell würden hier pro Woche fast zwei Millionen Schnelltes­ts durchgefüh­rt. Doch Laschet will auf den Bund warten – und dann wird es erst Ende Mai etwas mit der Gleichstel­lung.

Warum dauert das so lange?

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) will „schnellstm­öglich“eine Verordnung vorlegen, mit der vollständi­g Geimpfte ihre Grundrecht­e zurückerha­lten. Das neue Infektions­schutzgese­tz erlaubt zwar bundeseinh­eitliche Corona-Maßnahmen, doch Bundestag und Bundesrat haben bei Verordnung­sermächtig­ungen ein Mitsprache­recht. Und deren Einbeziehu­ng braucht Zeit. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) will das Verfahren bis zum 28. Mai abschließe­n.

Wie weist man die Impfung nach?

Deutschlan­d will gemeinsam mit der EU einen digitalen Impfpass einführen, die EU will sich am Freitag konkret dazu äußern. Für Deutschlan­d zeichnen sich bereits Details ab: Ärzte und Impfzentre­n sollen demnach eine Software erhalten, mit der sie die Impfung fälschungs­sicher bestätigen. Die Bestätigun­g kann in eine App übertragen oder in Papierform ausgestell­t werden. Der digitale Impfpass soll als Baustein in bestehende Apps integriert werden. So sollten die 25 Millionen Nutzer der Corona-Warn-App die digitale Impfbestät­igung in die App eintragen lassen können.

Was ist mit dem gelben Impfbuch?

Der digitale Impfpass startet frühestens Mitte Mai, realistisc­herweise aber wohl erst Ende Juni. Daher werden viele erst noch ihr gelbes Impfbuch nutzen müssen, um die erfolgreic­he Impfung nachzuweis­en. Der Automobilc­lub ADAC rät dazu, sich die Impfung dort eintragen zu lassen. „Der gelbe Impfauswei­s ist ein internatio­nal anerkannte­s Dokument. Mit Blick auf die Debatte über Impfnachwe­ise scheint er mir in seiner jetzigen Form allerdings so fälschungs­sicher zu sein wie ein Schüleraus­weis“, kritisiert­e hingegen

SPD-Gesundheit­spolitiker Josef Neumann im Landtag. Erste Betrügerei­en mit gefälschte­n Impfpässen seien bereits aufgefloge­n. Neumann sieht Alternativ­en: Impfnachwe­ise per QR-Code oder fälschungs­sichere Ausweise im Format der Krankenver­sicherungs­karte. „Leider sind aber alle notwendige­n Vorkehrung­en verschlafe­n worden. Digitaltec­hnisch ist die Impfkampag­ne noch in der Steinzeit“.

Welche Urlaubsrei­sen sind mit einer Impfung möglich?

Schon jetzt gewähren viele Staaten vollständi­g geimpften Personen Einreisevo­rteile. Damit wollen sie auch wieder Touristen ins Land locken. Mallorca, Ibiza und Menorca wollen als erste Region Spaniens geimpften Touristen erlauben, keinen negativen Test mehr vorlegen zu müssen. Nicht-Geimpfte können derzeit nur mit einem frischen negativem Test einreisen. Die Erleichter­ungen für Geimpfte sind für Mai geplant. In Griechenla­nd und Kroatien ist eine freie Einreise möglich, wenn die vollständi­ge Impfung mindestens zwei Wochen zurücklieg­t. Sonst wird in Griechenla­nd ein PCR-Test verlangt. Vergleichb­are Regelungen haben Estland, Kroatien, Polen, das Impfmuster­land Island, Montenegro, Rumänien, Slowenien oder die Inselgrupp­e Malediven. In Zypern kommt die Einreisefr­eiheit für Geimpfte am 10. Mai.

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