Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
DFB-Präsident Keller spielt auf Zeit
Von der Rolle als Reformer ist nach seinem Nazi-Vergleich nichts mehr übrig. Seine Gegner wollen das nutzen.
FRANKFURT (dpa/RP) Um Fritz Keller ist es sehr schnell recht einsam geworden. Nur eineinhalb Jahre nach einem Traumstart ohne Gegenstimme ist der DFB-Präsident nach einem Nazi-Vergleich an einem derartigen Tiefpunkt angelangt, dass sich unweigerlich die Fragen stellen: Wie lange kann Keller den öffentlichen Druck aushalten? Und war die schwere verbale Entgleisung der eine Fehltritt zu viel, der eine weitere Zusammenarbeit in den dauerkrisengeplagten und heillos zerstrittenen Führungsgremien des Deutschen Fußball-Bundes ab sofort unmöglich machen?
Keller schließt derzeit noch einen Rücktritt aus und will sich zumindest bis zu einem vorgezogenen DFB-Bundestag im Amt halten. Er hofft wohl, dass der Sturm der Kritik bald nachlässt. Vorentscheidend dürfte in dieser Frage das Wochenende werden, wenn sich die Präsidenten der 21 Landesverbände in Potsdam treffen. Keller wird auch da sein. Der 64 Jahre alte Winzer hatte seinen Vizepräsidenten Rainer Koch bei einer Präsidiumssitzung am vergangenen Freitag nach übereinstimmenden Berichten von „bild.de“und „Der Spiegel“mit Nazi-Richter Roland Freisler verglichen. Der DFB äußerte sich nicht zu Einzelheiten, bestätigte allerdings eine Entschuldigung Kellers.
Für den als Fußball-Reformer angetretenen Keller ist der Fehltritt ein schwerer Schlag, der ihn das Vertrauen und den Rückhalt derer kosten könnte, die ihn bisher gestützt haben. Unisono verurteilten mehrere Landesverbände sowie die Deutsche Fußball Liga, die im Machtkampf mit Generalsekretär Friedrich Curtius eher dem Lager
des Präsidenten zugerechnet werden, die Aussagen.
Rücktrittsforderungen gab es hingegen kaum, was mehr an der Gesamtsituation des DFB liegen dürfte. Viele Vertreter wollen erst recht nicht, dass die andere Seite um Koch und Curtius als Sieger aus dem öffentlich und eifrig ausgefochtenen Duells hervorgehen.
Für Curtius, der in der Verbandszentrale in Frankfurt über eine gewisse Hausmacht verfügt, war Kellers bislang schwerster Fehler eine Art Steilvorlage. Der Generalsekretär zeigte die Verfehlung nach „Spiegel-Informationen“direkt der DFB-Ethikkommission an und legte in einem gemeinsamen Statement mit Schatzmeister Stephan Osnabrügge nach.