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Corona stoppt Prozess um illegale Geld-Transfers in Millionenhöhe
DÜSSELDORF (wuk) Mehr als 2500 Transaktionen, sieben Beschuldigte, rund tausend Seiten Anklageschrift und ein angebliches Gesamtvolumen von mehr als 210 Millionen Euro: Nach absoluten Superlativen klingen die Rahmendaten eines Prozesses, der am Mittwoch beim Landgericht Düsseldorf gestartet wurde. Doch das Verfahren geriet noch vor Verlesung der Anklagevorwürfe wegen des Corona-Befunds eines Laienrichters ins Stocken. Am 5. Mai geht der Prozess weiter.
Im Zusammenhang mit sogenanntem Hawala-Banking soll ein Düsseldorfer Kaufmann (52) als Drahtzieher mit sechs Komplizen (33 bis 53 Jahre) Anfang 2018 eine kriminelle Vereinigung gebildet und gegen Provision internationale Geldtransaktionen in großem Stil an der deutschen Finanzaufsicht vorbei durchgeführt haben.
Als Hawala-Banking werden Geldtransfers bezeichnet, die in vielen Teilen der Welt angeblich seit Jahrhunderten tradiert sind. So bilden die Teilnehmer diverse Geldtöpfe in diversen Ländern – wodurch Kunden etwa in Deutschland hohe Bargeldbeträge einzahlen, die sie sich danach in der Türkei aus einem dortigen Geldtopf wieder auszahlen lassen können. In der Praxis wird das Geld allerdings nicht bewegt, nur in gewissen Abständen rechnen die Hawala-Organisatoren in den beteiligten Ländern ihre Forderungen gegeneinander auf – und gleichen Fehlbeträge untereinander in bar aus. Dieses System bringt mit sich, dass Geldtransaktionen der Kunden nicht für offizielle Stellen sichtbar werden, Geldwäsche als Gewinn aus illegalen Geschäften ließe sich dadurch mühelos verschleiern.
In der aktuellen Anklage gegen den mutmaßlichen Rädelsführer aus Düsseldorf und dessen sechs Mitangeklagte geht die Anklage aber nicht von Geldwäsche aus. Staatsanwalt Stefan Willkomm erklärte vor Prozessbeginn, dass für die Ermittler zwar „eine Reihe von Kunden
nachvollziehbar“sei, die über die Angeklagten das angeblich illegale Geldtransfersystem genutzt haben. Doch ob die eingezahlten Beträge aus kriminellen Geschäften stammten – und ob die Angeklagten davon wussten – sei völlig nebulös.
Fakt ist: Ende 2019 waren die Behörden bei einer bundesweiten Groß-Razzia gegen angebliche Drahtzieher des Hawala-Bankings vorgerückt, hatten dabei Vermögenswerte von rund 22 Millionen Euro beschlagnahmt, darunter Bargeld, Edelmetalle, Gold, Schmuck und einen ganzen Fuhrpark von Luxusautos. Doch ob die jetzt angeklagten sieben Männer, die laut Anklage über 210 Millionen Euro aus Deutschland vorwiegend in die Türkei transferiert haben sollen, der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, gilt als umstritten.
Einer der Verteidiger zeigte sich am Mittwoch vor dem Prozessauftakt zuversichtlich, dass sich ein „Großteil der Anklagevorwürfe in Luft auflösen“werde – und verglich die monströs klingende Anklage mit dem Scheinriesen aus einem Kinderbuch von Michael Ende.
Das Landgericht hat für den in Deutschland in dieser Dimension bisher einmaligen Prozess rund 20 Verhandlungstermine bis Juli angesetzt.