Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Widerstand gegen Obdachlosenunterkunft
Mit ihrem Plan, an der Feldstraße dauerhaft Obdachlose unterzubringen, stößt die Verwaltung im Südbezirk auf wenig Gegenliebe. Politik und Anwohner fordern unisono, dass eine andere Lösung gefunden werden muss.
Die Verwaltung stößt mit ihren Plänen, in der ehemaligen Don Bosco Schule an der Feldstraße eine Obdachlosenunterkunft für rund 200 Menschen dauerhaft zu etablieren, auf massiven Widerspruch. Und zwar nicht nur bei Anwohnern und Geschäftsleuten, die sich darum Sorgen, dass sich die Lage vor Ort weiter zuspitzt. Auch SPD-Politiker sind mit dem Vorhaben in der geplanten Dimension nicht einverstanden.
Bezirksvorsteherin Gisela Brendle-Vierke (SPD) sagt: „Die Ideen hinter dem Konzept ’Handeln und Helfen’ sind in Ordnung. Nur: Was wir im Südbezirk absolut nicht gebrauchen können, ist die massive Unterbringung von Wohnungslosen.“Brendle-Vierke geht sogar soweit zu sagen, dass der neue Bebauungsplan, der all diese Pläne überhaupt erst möglich gemacht hat, der lokalen Politik von der Verwaltung „untergejubelt“worden sei.
Hintergrund: Im Jahr 2018 war der B-Plan im so genannten beschleunigten Verfahren geändert worden. Das seinerzeit kommunizierte Ziel war, die Bebauung des dahinter liegenden Brachgeländes möglich zu machen. Damals stand ein Investor für Wohnbebauung in den Startlöchern. Was aber nicht klar von der Verwaltung kommuniziert worden war: Die Änderung des B-Plans machte es auch möglich, dass keine Sondernutzung für die provisorische Unterbringung der Obdachlosen in der ehemaligen Schule mehr genehmigt werden musste. Mit dem Beschluss des B-Plans war die umstrittene und immer als „vorübergehend“kommunizierte Unterbringung in der Notunterkunft plötzlich rechtmäßig.
„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die B-Plan-Änderung auch den Zweck hatte, die Obdachlosenunterbringung an diesem Standort zu zementieren“, sagt die sehr erfahrene Lokalpolitikerin Brendle-Vierke. Sie erklärt: „Ich bin der Meinung, dass das so nicht geht. Es ist für den Südbezirk nicht gut, wenn er zum Obdachlosen-Hotspot wird.“Man könne nicht einem Stadtteil die gesamte soziale Last aufbürden. Sie sagt: „Die Erfahrungen aus der Flüchtlingskrise haben uns doch gezeigt, dass eine geballte Unterbringung nicht die Lösung ist.“Brendle-Vierke plädiert für eine dezentrale Lösung und dafür, die Hilfsangebote im Stadtgebiet zu verteilen. Gemeinsam mit weiteren SPD-Ratsmitgliedern hat sie eine Aufstellung von Veränderungsforderungen erarbeitet, die nun den zuständigen Gremien vorgelegt werden soll.
Auch Anwohner sind entsetzt über die Pläne der Verwaltung. Bea und Jens Günther wohnen in direkter Nachbarschaft und betreiben dort in zweiter Generation einen Cateringservice mit Mittagstisch. „Diese Pläne machen uns für die Zukunft Angst“, sagen die beiden. „Wir haben Sorge, dass wir hier nicht mehr in Ruhe leben und unser Geschäft betreiben können.“Das Ehepaar erlebt jeden Tag die Auswirkungen der Notschlafstelle nebenan. „Die Probleme reichen von Lärmbelästigungen in der Nacht über Urinieren in Hauseingängen oder im Straßenraum, Vermüllung, dem dauerhaften in Beschlag nehmen des Bushäuschen gegenüber. Was uns zugemutet wird, ist nicht zu ertragen“, sagt Jens Günther. Polizeieinsätze seien an der Tagesordnung. „Aber die Polizei erteilt dann meist nur einen Platzverweis, der so aussieht, dass die Personen sofort wieder da sind, wenn die Beamten weg sind“, berichtet Jens Günther. Die Krefelder Polizei bestätigt den Eindruck der Günthers von der Häufigkeit der Einsätze: „Im Zeitraum vom 1. bis 23. April kam es zu 63 polizeilichen Einsätzen in Bezug auf die Obdachlosenunterkunft“, schreibt eine Polizeisprecherin. Also im Schnitt rund drei Einsätze pro Tag. Dabei sei es um Vorfälle an oder in der Unterkunft selbst gegangen. Die meisten Einsätze seien unter dem Stichwort „Hausfriedensbruch“gelaufen.
Die Polizei schreibt außerdem: „Nach Einschätzung unseres Bezirksdienstes geht die momentane Situation dort nicht über das Maß hinaus, welches im Umfeld einer solchen Unterkunft üblich oder zu erwarten wäre.“Jens Günther erzählt: „Das Beet auf der anderen
Straßenseite wird von einigen oft zur Verrichtung der Notdurft genutzt, obwohl es dort nicht mal einen Sichtgschutz gibt. Da wird einfach hingemacht.“Das sei kein schöner Anblick, weder für ihn und seine Kinder, noch für Kunden oder Passanten. „Es fühlt sich niemand zuständig. Die Mitarbeiter der Einrichtung haben uns gesagt, ihre Zuständigkeit
ende am Tor. Wir fühlen uns komplett allein gelassen.“
Das Ehepaar fragt sich auch, wie die Nachricht, dass der Standort als Obdachlosenunterkunft groß ausgebaut werden soll, bei den Käufern der Einfamilienhäuser ankommen wird. Nach Auskunft des Unternehmens Vista Reihenhaus sind alle Häuser in dem Baugebiet bereits verkauft. Die Häuser seien unter der Prämisse verkauft worden, dass die Notschlafstelle temporär ist. Zum Abschluss der Kaufverträge sei noch nicht bekannt gewesen, dass die Stadt plant, dort eine große Obdachloseneinrichtung zu bauen. „Es sind aber Kaufinteressenten zurückgetreten, nur als sie gehört haben, dass sich dort eine provisorische Notschlafstelle befindet“, berichtet Marketingleiterin Judith Uttenweiler auf RP-Anfrage. Die meisten Häuser seien an junge Familien mit Kindern verkauft worden. „Ich kann mir absolut vorstellen, dass Anwohner unglücklich sind“, sagt sie. „Wir hoffen, dass man dennoch eine gute Gemeinschaft hinbekommt.“