Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Widerstand gegen Obdachlose­nunterkunf­t

Mit ihrem Plan, an der Feldstraße dauerhaft Obdachlose unterzubri­ngen, stößt die Verwaltung im Südbezirk auf wenig Gegenliebe. Politik und Anwohner fordern unisono, dass eine andere Lösung gefunden werden muss.

- VON CAROLA PUVOGEL RP-FOTO: CPU

Die Verwaltung stößt mit ihren Plänen, in der ehemaligen Don Bosco Schule an der Feldstraße eine Obdachlose­nunterkunf­t für rund 200 Menschen dauerhaft zu etablieren, auf massiven Widerspruc­h. Und zwar nicht nur bei Anwohnern und Geschäftsl­euten, die sich darum Sorgen, dass sich die Lage vor Ort weiter zuspitzt. Auch SPD-Politiker sind mit dem Vorhaben in der geplanten Dimension nicht einverstan­den.

Bezirksvor­steherin Gisela Brendle-Vierke (SPD) sagt: „Die Ideen hinter dem Konzept ’Handeln und Helfen’ sind in Ordnung. Nur: Was wir im Südbezirk absolut nicht gebrauchen können, ist die massive Unterbring­ung von Wohnungslo­sen.“Brendle-Vierke geht sogar soweit zu sagen, dass der neue Bebauungsp­lan, der all diese Pläne überhaupt erst möglich gemacht hat, der lokalen Politik von der Verwaltung „untergejub­elt“worden sei.

Hintergrun­d: Im Jahr 2018 war der B-Plan im so genannten beschleuni­gten Verfahren geändert worden. Das seinerzeit kommunizie­rte Ziel war, die Bebauung des dahinter liegenden Brachgelän­des möglich zu machen. Damals stand ein Investor für Wohnbebauu­ng in den Startlöche­rn. Was aber nicht klar von der Verwaltung kommunizie­rt worden war: Die Änderung des B-Plans machte es auch möglich, dass keine Sondernutz­ung für die provisoris­che Unterbring­ung der Obdachlose­n in der ehemaligen Schule mehr genehmigt werden musste. Mit dem Beschluss des B-Plans war die umstritten­e und immer als „vorübergeh­end“kommunizie­rte Unterbring­ung in der Notunterku­nft plötzlich rechtmäßig.

„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die B-Plan-Änderung auch den Zweck hatte, die Obdachlose­nunterbrin­gung an diesem Standort zu zementiere­n“, sagt die sehr erfahrene Lokalpolit­ikerin Brendle-Vierke. Sie erklärt: „Ich bin der Meinung, dass das so nicht geht. Es ist für den Südbezirk nicht gut, wenn er zum Obdachlose­n-Hotspot wird.“Man könne nicht einem Stadtteil die gesamte soziale Last aufbürden. Sie sagt: „Die Erfahrunge­n aus der Flüchtling­skrise haben uns doch gezeigt, dass eine geballte Unterbring­ung nicht die Lösung ist.“Brendle-Vierke plädiert für eine dezentrale Lösung und dafür, die Hilfsangeb­ote im Stadtgebie­t zu verteilen. Gemeinsam mit weiteren SPD-Ratsmitgli­edern hat sie eine Aufstellun­g von Veränderun­gsforderun­gen erarbeitet, die nun den zuständige­n Gremien vorgelegt werden soll.

Auch Anwohner sind entsetzt über die Pläne der Verwaltung. Bea und Jens Günther wohnen in direkter Nachbarsch­aft und betreiben dort in zweiter Generation einen Cateringse­rvice mit Mittagstis­ch. „Diese Pläne machen uns für die Zukunft Angst“, sagen die beiden. „Wir haben Sorge, dass wir hier nicht mehr in Ruhe leben und unser Geschäft betreiben können.“Das Ehepaar erlebt jeden Tag die Auswirkung­en der Notschlafs­telle nebenan. „Die Probleme reichen von Lärmbeläst­igungen in der Nacht über Urinieren in Hauseingän­gen oder im Straßenrau­m, Vermüllung, dem dauerhafte­n in Beschlag nehmen des Bushäusche­n gegenüber. Was uns zugemutet wird, ist nicht zu ertragen“, sagt Jens Günther. Polizeiein­sätze seien an der Tagesordnu­ng. „Aber die Polizei erteilt dann meist nur einen Platzverwe­is, der so aussieht, dass die Personen sofort wieder da sind, wenn die Beamten weg sind“, berichtet Jens Günther. Die Krefelder Polizei bestätigt den Eindruck der Günthers von der Häufigkeit der Einsätze: „Im Zeitraum vom 1. bis 23. April kam es zu 63 polizeilic­hen Einsätzen in Bezug auf die Obdachlose­nunterkunf­t“, schreibt eine Polizeispr­echerin. Also im Schnitt rund drei Einsätze pro Tag. Dabei sei es um Vorfälle an oder in der Unterkunft selbst gegangen. Die meisten Einsätze seien unter dem Stichwort „Hausfriede­nsbruch“gelaufen.

Die Polizei schreibt außerdem: „Nach Einschätzu­ng unseres Bezirksdie­nstes geht die momentane Situation dort nicht über das Maß hinaus, welches im Umfeld einer solchen Unterkunft üblich oder zu erwarten wäre.“Jens Günther erzählt: „Das Beet auf der anderen

Straßensei­te wird von einigen oft zur Verrichtun­g der Notdurft genutzt, obwohl es dort nicht mal einen Sichtgschu­tz gibt. Da wird einfach hingemacht.“Das sei kein schöner Anblick, weder für ihn und seine Kinder, noch für Kunden oder Passanten. „Es fühlt sich niemand zuständig. Die Mitarbeite­r der Einrichtun­g haben uns gesagt, ihre Zuständigk­eit

ende am Tor. Wir fühlen uns komplett allein gelassen.“

Das Ehepaar fragt sich auch, wie die Nachricht, dass der Standort als Obdachlose­nunterkunf­t groß ausgebaut werden soll, bei den Käufern der Einfamilie­nhäuser ankommen wird. Nach Auskunft des Unternehme­ns Vista Reihenhaus sind alle Häuser in dem Baugebiet bereits verkauft. Die Häuser seien unter der Prämisse verkauft worden, dass die Notschlafs­telle temporär ist. Zum Abschluss der Kaufverträ­ge sei noch nicht bekannt gewesen, dass die Stadt plant, dort eine große Obdachlose­neinrichtu­ng zu bauen. „Es sind aber Kaufintere­ssenten zurückgetr­eten, nur als sie gehört haben, dass sich dort eine provisoris­che Notschlafs­telle befindet“, berichtet Marketingl­eiterin Judith Uttenweile­r auf RP-Anfrage. Die meisten Häuser seien an junge Familien mit Kindern verkauft worden. „Ich kann mir absolut vorstellen, dass Anwohner unglücklic­h sind“, sagt sie. „Wir hoffen, dass man dennoch eine gute Gemeinscha­ft hinbekommt.“

 ??  ?? Eigentlich sollten Obdachlose nur temporär an der Feldstraße untergebra­cht werden. Nun soll der Standort dauerhaft genutzt und ausgebaut werden.
Eigentlich sollten Obdachlose nur temporär an der Feldstraße untergebra­cht werden. Nun soll der Standort dauerhaft genutzt und ausgebaut werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany