Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Rückgabe ist ein Gewinn

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Die beschlosse­ne Rückgabe der 500 Jahre alten Benin-Bronzen an Nigeria ist mehr als nur eine richtige Entscheidu­ng. Sie ist die einzig mögliche. Weil die Bronzen – wie auch so viele andere Exponate der ethnografi­schen Sammlungen hierzuland­e – Beutekunst sind.

Sie sind auch das Dokument jenes eifrigen Sammlerund Forscherge­istes, mit dem allein aus eurozentri­scher Sicht die Welt gewisserma­ßen inventaris­iert, damit begriffen und schließlic­h erklärt werden sollte. Nicht zufällig stammen die großen Museen, die für solche Sammlungen wie Tempel der Neuzeit erbaut wurden, aus dem 19. Jahrhunder­t, der „Hochzeit“des Kolonialis­mus. Das Deutsche Reich war nur wenige Jahrzehnte eine Kolonialma­cht – und hoffte damals doch, im großen Weltgesche­hen einen „Platz an der Sonne“einnehmen zu können. Möglicherw­eise ist die kurze Spanne ein Grund, warum sich die Bundesrepu­blik viel zu lange dieser unheilvoll­en Vergangenh­eit nicht recht bewusst war.

Wir haben eine Vergangenh­eit, aber wir geben uns eine Geschichte. Und darin kamen die Kolonien allenfalls am Rande vor. Die geraubten Kult- und Kunstgegen­stände sind die letzten Zeugen dieser Verbrechen. Und sie gehören zur Identität jener Länder, deren Identität durch etwas Europäisch­es ersetzt werden sollte.

Mit der jetzt beschlosse­nen Rückgabe der Benin-Bronzen kann kein Verbrechen gesühnt werden. Die Rückgabe ist vielmehr ein Gebot und ein Zeichen dafür, Verantwort­ung für den finsteren Teil deutscher Geschichte und den Geist des 19. Jahrhunder­ts zu übernehmen. Darum sind die Rückführun­gen der geraubten Güter kein Verlust für die Bundesrepu­blik, sondern ein Gewinn. Weil damit ein neues Kapitel respektvol­ler Völkervers­tändigung aufgeschla­gen werden kann.

BERICHT EIN ZEICHEN DER VERSÖHNUNG, POLITIK

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