Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Negativzin­sen für noch mehr Kunden

Die Stadtspark­asse senkt die Freibeträg­e weiter, andere Banken in Düsseldorf gehen noch härter vor.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die Stadtspark­asse führt Negativzin­sen für einen noch größeren Kundenkrei­s ein. Insgesamt sind laut Institut rund 1700 Inhaber von Tagesgeld- und Girokonten angeschrie­ben worden Voraussetz­ung: Es müssen sich mehr als 130.000 Euro auf einem Konto befinden. Zudem sinkt die Guthabengr­enze für das so genannte Verwahrent­gelt von minus 0,5 Prozent pro Jahr bei Neukunden von 100.000 auf 50.000 Euro.

In einer ersten Runde hatte die Stadtspark­asse im vergangene­n Jahr mehr als 1800 Kunden angeschrie­ben, die über Guthaben von mehr als 250.000 Euro verfügten. Am Freitag haben nun weitere Kunden Post bekommen, die sich mit den Verwahrent­gelten per Unterschri­ft einverstan­den erklären sollen. Um diesen zu entgehen, müssen sie die Beträge auf den Konten unter den Betrag von 100.000 Euro bringen. Die Stadtspark­asse will den Kunden erneut alternativ­e Anlagemögl­ichkeiten wie Aktien vorstellen. Auch Überweisun­gen auf Konten von Mitbewerbe­rn des Geldinstit­uts werden empfohlen.

„Wir müssen eine Barriere einbauen, um nicht mit zu viel Geld geflutet zu werden“, sagt der Sparkassen-Sprecher Volker Schleede. Denn: Das tagesfälli­ge Geld auf den Konten der Kunden ist für die Stadtspark­asse indirekt ein hoher Kostenfakt­or. Sie muss das Geld selbst bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) und anderen Instituten zum festgelegt­en Satz von minus 0,5 Prozent parken. In einer Modellrech­nung kam der Vorstand auf eine Belastung von rund 30 Millionen Euro pro Jahr durch Kundeneinl­agen.

Die Stadtspark­asse hat die Negativzin­sen bei Bestandsku­nden zuletzt mit großer Konsequenz durchgeset­zt. Auch wenn Schleede von einer „Ultima Ratio“spricht, da „einvernehm­liche Lösungen“angestrebt würden. Da sich am Ende sechs Kunden nicht mit den Verwahrent­gelten einverstan­den erklärt hatten, folgte die Kündigung. Von den nun aufzulösen­den Konten werden mehrere Millionen Euro ans Amtsgerich­t zur Hinterlegu­ng überwiesen. Das wäre auch der letzte Schritt in der neuen Runde von Verhandlun­gen mit den Kunden.

Die niedrigere Grenze von 50.000 Euro für Neukunden begründet Schleede auch mit der Entwicklun­g auf dem Markt. Tatsächlic­h führen nicht nur immer mehr Banken Negativzin­sen ein (laut Biallo 370 Banken für Privatkund­en), die Guthabengr­enzen werden zudem immer niedriger. Seit April etwa gibt es bei der in Düsseldorf sitzenden Sparda Bank West Negativzin­sen auf Giround Tagesgeldk­onten. Hier liegt die Grenze für Neu- und Bestandsku­nden bei nur 25.000 Euro auf dem Girokonto und 50.000 Euro beim Tagesgeld. Das von Pressespre­cherin Ulrike Hüneburg geschilder­te Vorgehen bei der Einführung ähnelt dem der Sparkasse. Auch hier würde der letzte Schritt die Kündigung von Konten sein. In Düsseldorf seien jedoch zunächst nur knapp 150 Inhaber von Konten betroffen und benachrich­tigt worden.

Die Begründung für die Negativzin­sen klingt ebenso wie bei der Stadtspark­asse. Die Einlagen der Kunden steigen, für die die Genossensc­haftsbank selbst Zinsen zahlen muss. Mit Blick auf die Mitbewerbe­r sagt deshalb der Vorstandsv­orsitzende Manfred Stevermann: „Wenn wir als große Regionalba­nk darauf nicht oder zu spät reagieren, laufen wir Gefahr, von neuen Einlagen überflutet zu werden.“

Zu sogar einem noch höheren Zinssatz hatte sich zuerst die PSD Bank Rhein-Ruhr ebenfalls mit Sitz in Düsseldorf entschloss­en. Seit Mitte März gilt dort bei Beträgen von mehr als 500.000 Euro auf neuen Tagesgeldk­onten ein Zinssatz von minus einem Prozent.

Die Banken und Stadtspark­assen betonen gegenüber ihren Kunden, dass sie selbst nichts davon haben, hohe Beträge auf Konten liegen zu lassen. Die Stadtspark­asse rechnet in ihrem Anschreibe­n mit Bezug auf das Statistisc­he Bundesamt vor: „Aufgrund von Inflation in Kombinatio­n mit der anhaltende­n Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k verlieren Guthaben auf Girokonten stetig an Wert. Allein in den letzten drei Jahren waren das 4556,09 Euro an absoluter Kaufkraft bei einer Geldanlage in Höhe von 100.000 Euro.“

Sicher, alternativ­e Anlageform­en können sinnvoll sein. Das möchten allerdings nicht alle Kunden, wie manche von ihnen unserer Redaktion gegenüber zum Ausdruck brachten. Und während die Stadtspark­asse hofft, über Negativzin­sen für Privatkund­en die eigenen Belastunge­n durch Minuszinsp­olitik ausgleiche­n zu können, zeigt sich zum Teil schon ein anderer Effekt im Bankensekt­or. Recherchen des ZDF zeigten Anfang April auf: „Die Einnahmen aus dem Geschäft mit den Entgelten übersteige­n in vielen Fällen die bankeigene­n Zahlungsve­rpflichtun­gen der EZB gegenüber.“

Die Kunden müssen da nicht mitspielen. Die Verbrauche­rzentrale empfiehlt Zweitmeinu­ngen zu möglichen Anlageform­en einzuholen, am besten von einer neutralen Stelle wie ihr selbst. Auch der Wechsel der Bank oder das Eröffnen mehreren Konten sei heute leicht möglich.

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