Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Negativzinsen für noch mehr Kunden
Die Stadtsparkasse senkt die Freibeträge weiter, andere Banken in Düsseldorf gehen noch härter vor.
DÜSSELDORF Die Stadtsparkasse führt Negativzinsen für einen noch größeren Kundenkreis ein. Insgesamt sind laut Institut rund 1700 Inhaber von Tagesgeld- und Girokonten angeschrieben worden Voraussetzung: Es müssen sich mehr als 130.000 Euro auf einem Konto befinden. Zudem sinkt die Guthabengrenze für das so genannte Verwahrentgelt von minus 0,5 Prozent pro Jahr bei Neukunden von 100.000 auf 50.000 Euro.
In einer ersten Runde hatte die Stadtsparkasse im vergangenen Jahr mehr als 1800 Kunden angeschrieben, die über Guthaben von mehr als 250.000 Euro verfügten. Am Freitag haben nun weitere Kunden Post bekommen, die sich mit den Verwahrentgelten per Unterschrift einverstanden erklären sollen. Um diesen zu entgehen, müssen sie die Beträge auf den Konten unter den Betrag von 100.000 Euro bringen. Die Stadtsparkasse will den Kunden erneut alternative Anlagemöglichkeiten wie Aktien vorstellen. Auch Überweisungen auf Konten von Mitbewerbern des Geldinstituts werden empfohlen.
„Wir müssen eine Barriere einbauen, um nicht mit zu viel Geld geflutet zu werden“, sagt der Sparkassen-Sprecher Volker Schleede. Denn: Das tagesfällige Geld auf den Konten der Kunden ist für die Stadtsparkasse indirekt ein hoher Kostenfaktor. Sie muss das Geld selbst bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und anderen Instituten zum festgelegten Satz von minus 0,5 Prozent parken. In einer Modellrechnung kam der Vorstand auf eine Belastung von rund 30 Millionen Euro pro Jahr durch Kundeneinlagen.
Die Stadtsparkasse hat die Negativzinsen bei Bestandskunden zuletzt mit großer Konsequenz durchgesetzt. Auch wenn Schleede von einer „Ultima Ratio“spricht, da „einvernehmliche Lösungen“angestrebt würden. Da sich am Ende sechs Kunden nicht mit den Verwahrentgelten einverstanden erklärt hatten, folgte die Kündigung. Von den nun aufzulösenden Konten werden mehrere Millionen Euro ans Amtsgericht zur Hinterlegung überwiesen. Das wäre auch der letzte Schritt in der neuen Runde von Verhandlungen mit den Kunden.
Die niedrigere Grenze von 50.000 Euro für Neukunden begründet Schleede auch mit der Entwicklung auf dem Markt. Tatsächlich führen nicht nur immer mehr Banken Negativzinsen ein (laut Biallo 370 Banken für Privatkunden), die Guthabengrenzen werden zudem immer niedriger. Seit April etwa gibt es bei der in Düsseldorf sitzenden Sparda Bank West Negativzinsen auf Giround Tagesgeldkonten. Hier liegt die Grenze für Neu- und Bestandskunden bei nur 25.000 Euro auf dem Girokonto und 50.000 Euro beim Tagesgeld. Das von Pressesprecherin Ulrike Hüneburg geschilderte Vorgehen bei der Einführung ähnelt dem der Sparkasse. Auch hier würde der letzte Schritt die Kündigung von Konten sein. In Düsseldorf seien jedoch zunächst nur knapp 150 Inhaber von Konten betroffen und benachrichtigt worden.
Die Begründung für die Negativzinsen klingt ebenso wie bei der Stadtsparkasse. Die Einlagen der Kunden steigen, für die die Genossenschaftsbank selbst Zinsen zahlen muss. Mit Blick auf die Mitbewerber sagt deshalb der Vorstandsvorsitzende Manfred Stevermann: „Wenn wir als große Regionalbank darauf nicht oder zu spät reagieren, laufen wir Gefahr, von neuen Einlagen überflutet zu werden.“
Zu sogar einem noch höheren Zinssatz hatte sich zuerst die PSD Bank Rhein-Ruhr ebenfalls mit Sitz in Düsseldorf entschlossen. Seit Mitte März gilt dort bei Beträgen von mehr als 500.000 Euro auf neuen Tagesgeldkonten ein Zinssatz von minus einem Prozent.
Die Banken und Stadtsparkassen betonen gegenüber ihren Kunden, dass sie selbst nichts davon haben, hohe Beträge auf Konten liegen zu lassen. Die Stadtsparkasse rechnet in ihrem Anschreiben mit Bezug auf das Statistische Bundesamt vor: „Aufgrund von Inflation in Kombination mit der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank verlieren Guthaben auf Girokonten stetig an Wert. Allein in den letzten drei Jahren waren das 4556,09 Euro an absoluter Kaufkraft bei einer Geldanlage in Höhe von 100.000 Euro.“
Sicher, alternative Anlageformen können sinnvoll sein. Das möchten allerdings nicht alle Kunden, wie manche von ihnen unserer Redaktion gegenüber zum Ausdruck brachten. Und während die Stadtsparkasse hofft, über Negativzinsen für Privatkunden die eigenen Belastungen durch Minuszinspolitik ausgleichen zu können, zeigt sich zum Teil schon ein anderer Effekt im Bankensektor. Recherchen des ZDF zeigten Anfang April auf: „Die Einnahmen aus dem Geschäft mit den Entgelten übersteigen in vielen Fällen die bankeigenen Zahlungsverpflichtungen der EZB gegenüber.“
Die Kunden müssen da nicht mitspielen. Die Verbraucherzentrale empfiehlt Zweitmeinungen zu möglichen Anlageformen einzuholen, am besten von einer neutralen Stelle wie ihr selbst. Auch der Wechsel der Bank oder das Eröffnen mehreren Konten sei heute leicht möglich.