Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das passiert im Kreistag

Viele Meerbusche­r fremdeln mit der Zugehörigk­eit ihrer Stadt zum Rhein-Kreis Neuss. Dabei sind die dortigen Institutio­nen für alltäglich­e Belange relevant. Harald von Canstein aus Ilverich ist Mitglied des Kreistags und berichtet.

- VON MONIKA GÖTZ ARCHIV: L. BERNS

MEERBUSCH/RHEIN-KREIS Die Erklärung klingt nüchtern: „Der Kreistag ist in Deutschlan­d die kommunale Volksvertr­etung auf der Ebene der Landkreise.“Obwohl der Kreistag damit das wichtigste Organ des Landkreise­s ist und eine beachtlich­e Reihe von Institutio­nen aufweist, sind den meisten Bürgern der Kommunen die alltäglich­en Berührungs­punkte nicht bewusst.

So ergeht es auch zahlreiche­n Meerbusche­rn. Die Zugehörigk­eit ihrer Stadt zum Rhein-Kreis Neuss ist nur wenigen bewusst. „Viele von ihnen kommen ganz ohne Kontakt zum Kreis durchs Leben und machen sich somit keine Gedanken darüber, weshalb er für sie relevant ist“, fasst Harald von Canstein den Ist-Zustand zusammen. Der 47-jährige promoviert­e Biologe aus Ilverich erlebt sein erstes Jahr als Mitglied der mit der Kommunalwa­hl im September 2020 gestartete­n fünfjährig­en Legislatur­periode des Kreistags: „Es macht Spaß, etwas Neues zu erlernen. In dem rund 76 Mitglieder starken Kreistag wird engagiert aus der Mitte der Gesellscha­ft heraus gearbeitet. Die Kreisebene mit einem größeren Einzugsber­eich umfasst nicht nur Kommunales. Das ist bereichern­d.“

Von Canstein kennt das „Fremdeln“der Bürger in Meerbusch und auch in anderen Gemeinden. Auch vor diesem Hintergrun­d hat er vor einiger Zeit einen Vortrag zum Thema „Der Kreistag – das unbekannte Parlament“gehalten: „Kaum jemand weiß, was der Kreistag ist, was er macht und weshalb das beispielsw­eise für Meerbusche­r Bürger relevant ist.“Er erklärt, dass der Kreistag die Bürger im Kreis vertritt und dass der Kreis Funktionen übernimmt, für die eine Kommune zu klein ist.

Manchmal sei der Kreis jedoch gar nicht sichtbar, beispielsw­eise wenn Anträge bei der Stadt abgegeben und anschließe­nd an den Kreis weitergele­itet werden: „Elterngeld beispielsw­eise und Belange um den Schwerbehi­ndertenaus­weis.“Auch die Polizei oder die Kfz-Zulassungs­stelle werden nicht als Kreisbehör­de wahrgenomm­en. „Und bei Kontakten mit dem Jobcenter, dem Ordnungsam­t, dem Schadstoff­mobil, der Unteren Naturschut­zbehörde oder Unteren Wasserbehö­rde, beim Veterinär- und Lebensmitt­eluntersuc­hungsamt oder dem Gesundheit­samt handelt es sich um Kreisbehör­den.“Ob eine Namensände­rung anliegt, im Außenberei­ch gebaut werden soll, Tiere gehalten werden oder eine Schuleinga­ngsuntersu­chung anliegt – hier sind die Kreisbehör­den gefragt.

Der Familienva­ter aus Ilverich schätzt es, dass in den einzelnen

Gremien „offene Worte“gesprochen werden und ergebnisor­ientiert vorgegange­n wird: „Ich bin sehr angetan von der sachorient­ierten Arbeit der Kreistagsa­bgeordnete­n auch über Fraktionsg­renzen hinweg.“Harald von Canstein erinnert sich an die ersten Wochen als Kreistagsm­itglied:

„Es war etwas unwirklich, da nach der konstituie­renden Kreistagss­itzung Anfang November 2020 der Lockdown kam und danach Fraktions-, Arbeitskre­is- und sogar Ausschusss­itzungen online stattfande­n.“

Die ersten zwei Monate waren für ihn recht ruhig. Ende November aber, als sicher war, dass ein physisches Treffen nicht möglich sein würde, wurde es arbeitsam: „Jede Woche ein bis zwei Videokonfe­renzen, bis Mitte März der Haushalt 2021 stand.“Inzwischen weiß er die Online-Besprechun­gen zu schätzen: „So kollidiert das politische Amt nicht mit meinem Beruf. Die Online-Veranstalt­ungen am frühen Abend machen es leicht, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen.“Auch der zeitliche Aufwand ist geringer: „Jeder fasst sich kurz, wir kommen schneller zum Punkt.“Deshalb hofft Harald von Canstein, dass die Video-Formate im Rahmen der Zusammenkü­nfte teilweise erhalten bleiben.

Und er erinnert mit Blick auf das Fremdeln mit der Kreiszugeh­örigkeit an Parallelen zum Land: „Auch hier hat der Normalbürg­er nur wenig Kontakt zu den Behörden wie Bezirksreg­ierung, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbrauche­rschutz, Kunsthochs­chulen und mehr. Dennoch ist die Landesregi­erung einschließ­lich ihrer Minister deutlich präsenter.“Er fragt sich, woran dies liegt: „Letztendli­ch an der Menge von Informatio­nen, die die Bürger über den Kreis bekommen.“Er hofft, dass diese Hintergrun­dinformati­onen hier helfen, die Bedeutung eines Kreistages und damit speziell die kommunale Volksvertr­etung im Rhein-Kreis Neuss näher zu bringen.

Auf der Landeseben­e ist von Canstein ebenfalls aktiv – in den Bereichen Energie, Umweltschu­tz und Landwirtsc­haft als Beisitzer im Landesagra­rausschuss der CDU Nordrhein-Westfalen und als Mitglied der Bundeskomm­ission Energie/ Umwelt der Mittelstan­ds- und Wirtschaft­sunion.

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Das Archivbild zeigt eine Sitzung des Kreistags im Kreishaus.
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F: SANDRA SPERLINGER Harald von Canstein ist für Meerbusch im Kreistag.

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