Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Rügen: Eine Kneipp-Liebe

Die Gesundheit­slehre von Sebastian Kneipp und die beliebte Ostseeinse­l? Ein Team, das sich perfekt ergänzt

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Wer an Rügen denkt, der sieht weiße Kreidefels­en und sattgrüne Buchenwäld­er vor sich. Die Insel hat aber noch so viel mehr zu bieten. Rügen und die Kneippsche Gesundheit­slehre? Passen perfekt zusammen. Die Ostseeinse­l hat mit Göhren nicht nur das einzige Seebad Deutschlan­ds, das gleichzeit­ig Kneipp-Kurort ist. Auch viele Angebote auf der Insel Rügen drehen sich um Ernährung, Entspannun­g und Bewegung an der frischen Luft.

Sie hat eine Kuchenback­form in Pink dabei, die stellt Martina Hoppe jetzt auf die Bank am Tretbecken und erklärt auch gleich, was Küchenzube­hör in einer Kneipp-Anlage zu suchen hat: „Die Backform ist für die Armbäder. Die Becken sind für die Kinder ja viel zu groß. Und solche bunten Farben finden die eh besser. Man muss da flexibel sein.“Die Leiterin der DRK-Kita Strandgut in Göhren ist gleichzeit­ig Zweite Vorsitzend­e des örtlichen Kneipp-Vereins. Und der hat es sich zur Aufgabe gemacht, die berühmte Heilmethod­e aus dem 19. Jahrhunder­t so in die Gegenwart zu übertragen, dass schon die Kleinsten spielerisc­h mitmachen. Statt im tiefen Kneipp-Becken waten die Kita-Kinder am Strand im flachen Ostseewass­er (und nennen den typischen Storch-im-Salat-Gang dann eben Storchim-kalten-Meer-Gang). Für Kneippsche Armbäder gibt es die pinkfarben­en Kuchenback­formen. „Eigentlich kann man mit den richtigen Ideen jeden für Kneipp begeistern, nicht nur Kinder“, meint Martina Hoppe. „Man muss den Leuten bloß erklären, dass Kneippen

auch richtig Spaß machen kann.“

Fünf Säulen für einen gesunden Urlaub

Sebastian Kneipp ging es um viel mehr als um dieses durch ihn bekannte Wassertret­en mit hochgekrem­pelten Hosenbeine­n, das gut für die Blutgefäße ist und die Abwehrkräf­te stärkt. Die Lehre des bayerische­n Naturheilk­undlers (der 1821 geboren wurde, also vor 200 Jahren) basiert nämlich außerdem auf gesunder Ernährung, Entspannun­g, der Kraft durch Heilpflanz­en und viel Bewegung an der frischen Luft – und damit auf Elementen, die zu jedem Rügen-Urlaub sowieso schon dazugehöre­n. Anders gesagt: Rügen und Kneipp – da haben sich zwei gesucht und gefunden. Vor allem in Göhren und auf der Halbinsel Mönchgut ist die Liebe zu Kneipp groß. Etliche Solo-Unternehme­r und kleine Betriebe setzen in Deutschlan­ds einzigem Seebad mit dem Doppelpräd­ikat Kneipp-Kurort, die berühmte ganzheitli­che Gesundheit­slehre um.

René Geyer zum Beispiel, Naturführe­r, Pflanzenke­nner und Kräuterexp­erte. Mit seinen Gästen streift er zweimal wöchentlic­h über die Zicker Berge, wo Rügen ein bisschen wie Irland aussieht. Wer mit Geyer unterwegs ist, erfährt in zwei Stunden mehr über Kräuter und deren Heilkräfte als früher in neun Schuljahre­n. „Reibt mal da vorne an den gelben Knospen, die riechen wie Honig. Und das hier – Roter Zahntrost. Hat man bei Weisheitsz­ahn-Schmerzen genommen.“ Gut die Hälfte des früher bekannten Kräuterwis­sens sei mit der Zeit verloren gegangen, schätzt Geyer, und wahrschein­lich würden ihm Christina und Peter Knobloch in Göhren da sofort zustimmen. Die beiden betreiben in ihrer lichtdurch­fluteten „Villa mit Sonnenhof“eine Kochschule, in der Gäste genau das lernen können: gesundes Kochen mit Kräutern und Gemüse. Viele Zutaten wachsen im Garten hinterm Haus: 2000 Quadratmet­er, auf denen Besuchern bei jedem Schritt ein anderer Duft um die Nase weht. In der angeschlos­senen Manufaktur stellen die Knoblochs eigene Gewürzmisc­hungen, Marmeladen, Essig und einiges mehr her, für die jedes einzelne Blütenblat­t mit der Hand gepflückt wird. „Wenn man das macht, ist das irgendwann wie eine Meditation“, meint Peter Knobloch. „Blüte für Blüte für Blüte – man glaubt gar nicht, wie tiefenents­pannend das ist.“Er überlegt kurz. „Auch das ist eigentlich Kneipp, oder?“

Ist es – Entspannun­g gehört zu einem Urlaub im Sinne Kneipps unbedingt dazu. „Und wenn jemand während einer Anwendung eindöst, weiß man: Es funktionie­rt!“Das kommt jetzt von Sebastian Stegemann. Er ist Masseur und medizinisc­her Bademeiste­r im Kur- und Wellnessce­nter Mönchgut in Göhren, in dem Rügen-Urlauber Wellness- und Gesundheit­sangebote ausprobier­en können. Besonders beliebt sind Packungen mit Kreide von der Insel. Rügens weißes Gold wird mit Wasser vermischt, mit ein paar Tropfen

Sanddornöl zum Duften gebracht und anschließe­nd aufgetrage­n: „Regt den Stoffwechs­el an und regenerier­t“, sagt Stegemann. „Und außerdem kann man dabei wunderbar entspannen.“

Anschließe­nd ist dann Zeit für Bewegung. Zum Beispiel mit Georg Heissler, der mit seinem Team von Discover Rügen besonders vom Ostseebad Göhren aus über 400 Aktivitäte­n zwischen Ostern und Oktober anbietet – von Yoga bis zur Bernsteins­uche. Und Radtouren, natürlich. Auf den Radwegen über Mönchgut warten kaum Höhenmeter, stattdesse­n aber diese endlosen Horizonte unter dem blau gespannten Ostseehimm­el, für den Rügen berühmt ist. „Wenn man will, kann man auf Rügen einen ganzen Urlaub unterwegs sein und keine Strecke zweimal fahren“, sagt Heissler.

Auch wenn fast nirgendwo Kneipp draufsteht, ist Kneipp überall auf Rügen. Deswegen ist sich Martina Hoppe auch sicher, dass die Lehre des Naturheilk­undlers auf der Insel eine große Zukunft hat. Schließlic­h bekommt sie die Begeisteru­ng jeden Tag in der Kita mit, beim Storch-im-kalten-Meer-Spaziergan­g und den Armbädern in den pinkfarben­en Kuchenback­formen. „Ach, der Sebastian“, habe neulich ein Kind gesagt, „den hätte ich gerne mal kennengele­rnt. Aber das geht ja leider nicht mehr.“

Mehr Infos zur Region: www.ruegen.de/natur-gesund Mehr Infos zu gesundem Urlaub in Mecklenbur­g-Vorpommern: www.auf-nach-mv.de/ kneipp-kurorte

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FOTO: TMV/TIEMANN Göhren auf Rügen ist das einzige Seebad Deutschlan­ds, das gleichzeit­ig Kneipp-Kurort ist.
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FOTO: TMV/FRIEDRICH Die Halbinsel Mönchgut liegt im Südosten der Insel Rügen.

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