Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Einkaufen und Friseur ja, Reisen nein

Diese Woche soll es eine Entscheidu­ng zu Lockerunge­n für Geimpfte geben. Die Bundesregi­erung drängt, aus den Ländern kommt Kritik.

- VON JAN DREBES UND JANA WOLF

BERLIN Die bundesweit­e Rücknahme bestimmter Freiheitse­inschränku­ngen für vollständi­g Geimpfte soll noch in dieser Woche beschlosse­n werden. Darauf haben sich dem Vernehmen nach Union und SPD in der Bundesregi­erung geeinigt. Am Mittwoch soll sich das Bundeskabi­nett damit befassen, im Anschluss könnten Bundestag und Bundesrat das Vorhaben bis zum Wochenende absegnen. Doch es gibt noch Bedenken, auch aus den Ländern. Die Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Welche Lockerunge­n sollen für Geimpfte und Genesene gelten?

Vorgesehen ist einerseits eine bundesweit rechtliche Gleichstel­lung von Geimpften und Genesenen mit Menschen, die negativ getestet sind. Geimpfte und Genesene sollen auch ohne vorherigen Test in Geschäfte, Zoos oder zum Friseur gehen dürfen. Darüber hinaus sollen für sie aber auch die Kontaktbes­chränkunge­n und Ausgangsbe­schränkung­en gelockert oder aufgehoben werden. Nach Reisen müssten sie nicht in Quarantäne – es sei denn, sie reisen aus einem Virusvaria­nten-Gebiet ein. Die Maskenpfli­cht an bestimmten Orten sowie das Abstandsge­bot im öffentlich­en Raum sollen für alle weiter gelten.

Wer gilt als genesen?

Als genesen gilt dem Vorschlag von Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) zufolge jemand, der mit einem ein bis sechs Monate alten positiven PCR-Test nachweisen kann, dass er schon eine Corona-Infektion

hatte. Gut 28 Prozent der Bürgerinne­n und Bürger in Deutschlan­d sind zudem inzwischen mindestens einmal gegen Corona geimpft, wie das Robert-Koch-Institut am Montag mitteilte. Vollen Impfschutz haben demnach bislang acht Prozent der Bevölkerun­g.

Sind die Länder bereits selbst tätig geworden?

Einige Bundesländ­er haben bereits entspreche­nde eigene Verordnung­en erlassen. In NRW werden etwa seit Montag vollständi­g Geimpfte und Genesene mit negativ Getesteten gleichgest­ellt. Sie müssen, wie auch im Saarland, keinen negativen Test beim Friseur oder in Geschäften vorweisen. Auch in Berlin sind bereits seit Mitte April Menschen mit vollem Impfschutz den Menschen gleichgest­ellt, die negativ getestet sind – inzwischen sind auch die Genesenen hinzugekom­men.

Welche Kritik an dem Vorhaben gibt es?

Scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesregi­erung kommt unter anderem aus Thüringen. Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) sagte unserer Redaktion: „Das Eckpunktep­apier vom Impfgipfel, in dem praktische Beispiele für Genesene, Getestete und Geimpfte erörtert wurden, hat die Bundeskanz­lerin selbst wieder kassiert. Außer der öffentlich­en Debatte, die von wahlkämpfe­nden Politikern befeuert wird, ist mir bislang keine klare Vorlage der Bundesregi­erung bekannt.“

Dabei betonte Ramelow den Unterschie­d zwischen der geplanten Bundesvero­rdnung, die eine Rückkehr

zu Grundrecht­en für Geimpfte und Genesene ermögliche­n soll, und bereits geltenden Verordnung­en zur Gleichstel­lung von Genesenen, Getesteten und Geimpften auf Landeseben­e. „Im Moment wäre ich schon froh, wenn wir die Gleichstel­lung flächendec­kend erreichen würden. Wenn also die notwendige­n Dokumente, die Genesene, Getestete und Geimpfte vorlegen müssen, um ihre Immunisier­ung nachzuweis­en, gleichgest­ellt werden. Bisher regelt das jedes Land für sich. Ich befürchte, dass die momentane Debatte viel zusätzlich­e Verwirrung in der Bevölkerun­g stiftet. Die Bundesregi­erung sehe ich als Teil der Verwirrung und nicht als Teil der Entwirrung“, sagte Ramelow.

Welche Branchen könnten trotz Lockerunge­n leer ausgehen?

Bei Reisen und in der Gastronomi­e ist Normalität noch nicht in Sicht: Urlaub über die Pfingsttag­e in knapp drei Wochen „wird in vielen Urlaubsreg­ionen leider wieder ins Wasser fallen“, sagte der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß (CDU), der „Bild“-Zeitung. Er sei aber zuversicht­lich, dass ab Juni Reisen in Deutschlan­d in immer mehr Regionen möglich werden. Wichtig sei, dass der Bundes-Lockdown nicht über den 30. Juni hinaus gehe – bis dahin ist er befristet. Der stellvertr­etende FDP-Fraktionsv­orsitzende Stephan Thomae forderte einen raschen Zugang für vollständi­g Geimpfte und Genesene zu Sportstätt­en, Hotels und Innengastr­onomie. Gleiches sollte auch für Getestete gelten. (mit dpa)

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