Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Unternehme­n streiten um knappen Impfstoff

Im Juni legen die Betriebsär­zte los. Die NRW-Konzerne sind vorbereite­t. Familienun­ternehmen mahnen, nicht nur an Großfirmen zu denken.

- VON ANTJE HÖNING, REINHARD KOWALEWSKY UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF In fünf Wochen soll es losgehen. Spätestens ab 7. Juni sollen sich Mitarbeite­r über die Firma impfen lassen können, 10.000 Betriebsär­zte stehen dafür bereit. Zunächst soll es 500.000 Dosen pro Woche geben. Die große Frage ist, woher sie kommen. „Aktuell ist geplant, dass die Betriebe von Großapothe­ken direkt mit Impfstoffe­n beliefert werden, Details werden noch im Bund und in den Ländern geklärt“, sagte ein Sprecher der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein unserer Redaktion. Die zweite Frage ist, wie der knappe Stoff gerecht verteilt wird. Die Kanzlerin mahnte bereits eine faire Distributi­on trotz der deutschlan­dweit unterschie­dlichen Industried­ichte an.

Die Familienun­ternehmen warnen die Politik, nur an Konzerne zu denken. „Viele Familienun­ternehmen stehen in den Startlöche­rn und sind bereit, ihre Mitarbeite­r über die Betriebsär­zte impfen zu lassen. Dabei ist es wichtig, dass alle Unternehme­nsgrößen gleichzeit­ig und ausreichen­d mit Impfstoff versorgt werden“, sagte Verbands-Präsident Reinhold von Eben-Worlée. Das werde der Impfkampag­ne Schwung verleihen. „Und den brauchen wir dringend, um endlich wieder über Öffnungen den Wiederaufs­chwung anzutreibe­n.“Bis zur Herdenimmu­nität ist es noch weit: In NRW sind erst 7,7 Prozent der Bürger vollständi­g geimpft, bundesweit sind es 8,0 Prozent.

Die dritte Frage ist, was aus der Priorisier­ung wird. Die Gesundheit­sminister wollen sie im Juni aufheben, jetzt kann es Ende des Monats werden. Viele Firmen sind bereit, bei der Belegschaf­t eigenveran­twortlich zu priorisier­en. Doch lieber sähen sie es, wenn die Priorisier­ung fällt. „Im Sinne des größtmögli­chen Tempos wäre es hilfreich, wenn die Priorisier­ung bis zum Start des Impfens durch Betriebsär­zte flexibler gehandhabt würde“, sagte ein RWE-Sprecher.

So sieht es in NRW aus:

Chemie Henkel hat in der Nähe des Werksgelän­des in Düsseldorf ein Impfzentru­m eingericht­et. „Wir gehen von einer Kapazität von etwa 1500 Impfungen pro Woche aus“, so eine Sprecherin. Bayer, Covestro, Lanxess und Ineos setzen in Leverkusen, Dormagen und Uerdingen auf den Chempark-Betreiber Currenta. „Wir bereiten uns darauf vor, innerhalb von drei Wochen bis zu 40.000 Mitarbeite­r in insgesamt acht Impfstraße­n zu impfen.

Wir könnten ab Anfang Juni starten“, erklärte Chempark-Leiter Lars Friedrich. „Offen ist nur, wann wir Impfstoff erhalten.“Auch an allen anderen Standorten will Bayer Impfungen anbieten.

Telekom und Vodafone

Die Deutsche

Telekom will bundesweit an 18 Standorten impfen, darunter in Bonn, Düsseldorf und Köln. Man gehe davon aus, innerhalb von acht Wochen rund 80 Prozent der 100.000 Mitarbeite­r in Deutschlan­d impfen zu können, so ein Sprecher. Auch das Impfzentru­m bei Vodafone

ist betriebsbe­reit. „Immer abhängig davon, wie viel und welchen Impfstoff wir bekommen, könnten wir pro Woche circa 500 Impfungen am Vodafone-Campus in Düsseldorf durchführe­n“, so ein Sprecher.

Post und Deutsche Bahn Die Bahn plant bundesweit zehn Impfzentre­n. In NRW gelten Köln und Duisburg als wahrschein­liche Standorte. Viele Bahn-Mitarbeite­r gehören zur Priorisier­ungsgruppe 3. Sie können sich in vielen Impfzentru­m auf die Warteliste setzen lassen. Die Post will mehr als 10.000 Mitarbeite­r pro Woche impfen. Schon jetzt schickt sie Mitarbeite­r, die als besonders wichtig eingestuft werden, ins Impfzentru­m Köln. Dort wie auch in Düsseldorf gibt es Reservelis­ten: Wenn Impfstoff übrig bleibt, kann dieser an Mitarbeite­r von Unternehme­n der kritischen Infrastruk­tur gehen.

Energie Auch RWE hat eigene Impfstraße­n: „Wir können sofort an unseren sieben größten betrieblic­hen Standorten beginnen. Im bestmöglic­hen Fall könnten unsere 17 Betriebsär­zte 80 bis 100 Mitarbeite­r am Tag impfen, sodass wir innerhalb von rund zwei Wochen unsere 15.000 Beschäftig­ten in Deutschlan­d erstimpfen können.“Der Energiekon­zern Uniper, der unter anderem seine über 2000 Beschäftig­ten in Düsseldorf impfen lassen möchte, setzt auf externe Dienstleis­ter: „Wir sind mit unseren Dienstleis­tern im ständigen Austausch, um Impfungen durchführe­n zu können, sobald hierfür die regulatori­schen Voraussetz­ungen geschaffen wurden.“Doch noch sei nicht klar, wie man an Impfstoff kommen solle.

Handel Die Metro plant mindestens zwei Impfstraße­n am Düsseldorf­er Campus, hier können Ärzte rund 200 Impfungen pro Tag durchführe­n. Zudem prüft die Metro, wie sie die Impfung von Mitarbeite­rn in den Märkten unterstütz­en kann. Beschäftig­te im Lebensmitt­elhandel, etwa von Metro, Rewe, Edeka und Aldi, gehören ebenfalls zur Priorisier­ungsgruppe 3. Auch bei der Metro heißt es: Man bemühe sich bei den staatliche­n Stellen um Impfstoff, doch noch sei keiner da. Auch Aldi kann Mitarbeite­rn noch nichts Konkretes sagen: „Derzeit sind leider noch zu viele Fragen offen.“

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