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Ärzte warnen vor Engpässen bei Biontech

Impfstoff ist knapp, zugleich fragen Menschen aus der Gruppe 3 nach Terminen. Impfzentre­n wollen sie abweisen.

- VON ANTJE HÖNING UND TANJA WALTER

DÜSSELDORF Seit der Vizechef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KV) angekündig­t hat, dass Hausärzte nun auch chronisch Kranke aus der Priorisier­ungsgruppe 3 impfen, steht in vielen Praxen das Telefon nicht mehr still. „Mein Mail-Account läuft über. Hinzu kommen unzählige Anrufe und persönlich­e Besuche in der Praxis“, schildert der Viersener Allgemeinm­ediziner Michael Fritz die Situation. Er impft vereinzelt bereits Menschen aus Gruppe 3. Allerdings nur, wenn er andernfall­s Impfstoff wegwerfen müsste. Eine Praxiskraf­t sei komplett für die Bearbeitun­g der Impfanfrag­en und Bestellung­en abgestellt. Das Problem ist schnell benannt: Es fehlt an Impfstoff.

Die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV) warnt bereits vor einem möglichen Zwangsstop­p der Erstimpfun­gen mit Biontech. „Die vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium für Mai angekündig­ten Mengen des Impfstoffs von Biontech reichen nicht aus, um damit ab Mitte des Monats Erstimpfun­gen in nennenswer­tem Umfang in den Praxen durchführe­n zu können“, erklärte KBV-Chef Andreas Gassen. „Grund ist, dass ab diesem Zeitpunkt die erforderli­chen Zweitimpfu­ngen mit diesem Impfstoff erfolgen.“Thomas Preis, Chef des Apothekerv­erbands Nordrhein, bestätigt das: „In der Woche nach Ostern konnten die Praxen zum ersten Mal etwa eine Million

Biontech-Dosen verimpfen. Ab der zweiten Maiwoche wird die zweite Impfung fällig. Da aber jetzt insgesamt nur 1,3 Millionen Biontech-Dosen bereitgest­ellt werden, werden nicht mehr so viele Erstimpfun­gen stattfinde­n können wie bisher.“Schon jetzt quellen die Warteliste­n der Hausärzte über. Es warten viele Menschen der Gruppe 2 auf einen Termin; nun kommen die der Gruppe 3 hinzu. Das sind neben allen über 60-Jährigen auch chronisch Kranke wie Asthmatike­r, Diabetiker, Krebskrank­e oder HIV-Infizierte, Beschäftig­te des Lebensmitt­elhandels und anderen Unternehme­n der kritischen Infrastruk­tur wie Apotheker, Bestatter, Beschäftig­te aus dem Energie-, Transport- und IT-Bereich sowie weitere Lehrer.

„Die meisten Hausärzte bekommen nicht einmal die Menge an Impfstoff, die sie bestellt haben“, sagt eine Sprecherin des Hausärztev­erbandes. Zum Teil würden Impfzentre­n übrig gebliebene­n Impfstoff an Hausärzte abgeben. Doch insgesamt ziehe sich das Impfen immer noch hin. Allgemeinm­ediziner Fritz etwa kann wöchentlic­h genau 48 Dosen Biontech in seiner Praxis verimpfen. Danach ist Schluss. „Es sei denn, Personen aus Gruppe 3 würden sich nach ausführlic­her Aufklärung auch mit Astrazenec­a impfen lassen“, so Fritz. Davon habe er noch genug.

Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann kündigte an, dass die Impfungen der Gruppe 2 voraussich­tlich Ende Mai abgeschlos­sen seien.

Dann kommt Gruppe 3 an die Reihe. Allerdings versuchen jetzt schon chronisch Kranke aus Gruppe 3, sich in den Impfzentre­n anzumelden – sei es aus Unwissenhe­it oder um sich vorzudräng­eln. Die Eingabemas­ke bei der Terminbuch­ung macht nur bei genauem Hinsehen klar, dass sich aktuell nur chronisch Kranke aus Gruppe 2 anmelden dürfen. Das böse Erwachen kommt später im Impfzentru­m: „Zum Termin in einem Impfzentru­m muss der Impfling ein ärztliches Attest vorlegen, in dem die Zugehörigk­eit zu den in Paragraf 3 Absatz 1 der Impfverord­nung genannten Personengr­uppen bestätigt wird. Kann der Nachweis am Impfzentru­m nicht vorgelegt werden, erfolgt keine Impfung“, betont der KV-Sprecher.

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