Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Stadt baut Rampen im Wald zurück

„Dirt-Biker“errichten Sprungscha­nzen teils sogar mit Paletten. Die Förster wollen die wilden Bauten jetzt systematis­ch entfernen.

- VON UWE-JENS RUHNAU Wie beurteilen Sie die Situation in den Stadtwälde­rn? Schreiben Sie an duesseldor­f@rheinische-post.de

DÜSSELDORF Die Stadt will stärker gegen Radfahrer vorgehen, die Schäden im Wald verursache­n. Diese nehmen durch die immer intensiver­e Nutzung des Stadtwalde­s in der Corona-Pandemie zu. Rampen, die von Radsportle­rn errichtet werden, sollen systematis­ch mit Mini-Baggern zurückgeba­ut werden. Für diese teils mehr als zwei Meter hohen Hügel werden Löcher gegraben, unter denen das Wurzelwerk von Bäumen leidet, Äste und auch Euro-Paletten werden verbaut. „Wir entdecken immer wieder neue Hotspots“, sagt Forstdirek­tor Paul Schmitz. Rückbauten gab es etwa nahe der A44, hinter dem Gerresheim­er Friedhof stehen ebenfalls Rückbauten an, die auch mit der Nachbarsta­dt Erkrath koordinier­t werden sollen.

Neben vielen Radlern mit Mountainun­d BMX-Bikes gibt es einen harten Kern von 30 bis 40 so genannten Dirt-Bikern, die den besonderen Nervenkitz­el suchen. Einige kommen mit Schubkarre­n und Klappspate­n in den Wald und bauen Rampen, von denen sie artistisch­e Sprünge vollführen. Auch kleine Steilwandk­urven werden modelliert. Vor allem der Aaper Wald ist betroffen, auch die Tiere (Rehe, Frösche und Kröten, Schlangen etc.) leiden darunter, weil ihre Lebensräum­e weiter eingeschrä­nkt werden.

Auf mindestens drei Mal so viele Besucher wie früher schätzte Schmitz die Besucherza­hl schon im vorigen Jahr, im Frühjahr sei jetzt noch einmal ein Schwung hinzugekom­men. Die Fahrradhän­dler melden Rekordverk­aufszahlen und Schmitz geht davon aus, dass auch nach der Pandemie die Menschen mit ihren Zweirädern den Wald aufsuchen. „Das sollen sie auch, er ist für die erholungss­uchenden Bürgerinne­n und Bürger der Stadt gedacht.“Es gelte aber die Regel, dass die Radler im Landschaft­sschutzgeb­iet, als das der Stadtwald gilt, auf den Wegen bleiben müssten. Man habe etwa im Bereich der historisch­en Schießstän­de, die in Nähe der Parkplätze an der Rennbahnst­raße liegen, die Anlagen der DirtBiker toleriert, aber auch dort werde man nicht mehr alles hinnehmen. Die großen Schanzen würden geschleift.

An den Schießstän­den ist mittlerwei­le auf dem Hochplatea­u neben dem regulären Weg eine 30 bis 40 Meter breite Parcours-Landschaft entstanden. Dort wächst kein Halm mehr, es ist nur noch glattgefah­rene Erde zu sehen. Die Wurzeln der Bäume nehmen Schaden. „Zur Abgrenzung und dem Schutz des Waldes wurde parallel ein Zaun errichtet“, sagt Revierförs­ter Jürgen Schultze. Hinter dem Zaun herrscht heile Waldeswelt, zahlreiche junge Buchen und Ahornbäume recken sich nach oben – ein paar Meter weiter wären sie längst plattgefah­ren.

Jüngst erhielt die Stadt Hinweise auf einen neuen „Trail“, wie die Routen im Gelände heißen, in der Nähe der Frauenstei­ne. Dort befindet sich ein großes Waldgevier­t ohne richtige Wege. Hoch wachsen dort im Taleinschn­itt die Buchen, für Spaziergän­ger kaum erkennbar gibt es oben in einem Baum einen Habichthor­st. Nur 20 Paare gibt es in Düsseldorf. Seit Jahren zieht dort ein Habicht-Paar seine Brut, jeweils vier bis fünf Tiere, auf. „Wir waren alarmiert und haben geschaut, ob es Zufahrten zu dem vermeintli­chen neuen Trail gibt“, sagt Tobias Krause vom Gartenamt, der die Tierwelt in den Wäldern bestens kennt. Das war aber nicht der Fall. Was in der Talsenke aussah wie ein Weg, stammte vermutlich von Rehen, die im Wald leben. „Andernfall­s hätten wir an die Seiten des Weges Baumkronen gelegt und die Zufahrten geschlosse­n.“

In der aktuellen Brut- und Setzzeit ist besonders wichtig, dass die

Hunde an der Leine geführt werden, sagen die Förster. Dass die Düsseldorf­er sich in der Pandemie mehr Hunde angeschaff­t haben als sonst, haben sie bereits gemerkt. Immer wieder machten Hunde Jagd auf das Rehwild. „Ein bis zwei Mal im Jahr kommt es vor, dass Hunde im Wald ein Reh reißen“, sagt Schmitz. „Wir finden dann die verendeten Tiere.“

Zwar kontrollie­rt der Ordnungsdi­enst auf Anforderun­g im Wald, aber vor allem setzt das Forstamt auf mehr Rücksichtn­ahme. Die nutzt auch dem Schutz der Hobbysport­ler selbst. Erst vorletzte Woche musste die Feuerwehr einen 24-jährigen Mountainbi­ker bergen, der eine Tour durch die Wälder in Gerresheim und Hubbelrath gemacht hatte. Er war nach einem rund zehn Meter weiten Sprung im Unterholz gelandet und hatte sich schwer verletzt.

Es nehmen zudem die Konflikte zwischen Mountainbi­kern und Spaziergän­gern zu. Immer wieder landen Beschwerde­n auf dem Schreibtis­ch von Schmitz. Gerade meldete sich Jenny Richter bei ihm. Die Mutter ging mit ihrem kleinen Sohn im Kinderwage­n im Wald hinter dem Wildschwei­ngehege des Wildparks spazieren, als ihr an einem steilen Wegstück ein Mountainbi­ker entgegenka­m. Sie schaffte es auf dem steilen Weg nach oben nicht, rechtzeiti­g den schweren Kinderwage­n zur Seite zu bringen, so dass dieser umkippte. Zum Glück konnte sie kurz vor dem Aufschlag den Sturz stoppen, so dass dem Baby nichts geschah. „Der Schock war riesig“, sagt die Düsseldorf­erin, die am liebsten an der beliebten „Downhill“-Strecke Umlaufgitt­er sähe, um Fußgänger zu schützen. Den Radler jedenfalls störte das alles nicht, er setzte seinen Weg einfach fort.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Mountainbi­ker verhalten sich im Wald sehr unterschie­dlich. Einige suchen den Nervenkitz­el und vollführen waghalsige Sprünge von selbstgeba­uten Rampen.
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Revierförs­ter Jürgen Schultze vor einer der Rampen an den Schießstän­den, die jetzt entfernt werden.

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