Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die willkommene Invasion
Die niederländischen Grenzstädte sind von deutschen Shopping-Touristen abhängig. Deshalb hoffen sie auf Besuch am Feiertag, sorgen sich aber um die Einhaltung der Corona-Regeln.
AMSTERDAM „Süd-Limburg ist seit Jahr und Tag bekannt bei Touristen. Viel weniger bekannt, aber sicher nicht weniger schön, ist Nord-Limburg. Denn burgundisch genießen kann man auch im historischen Zentrum von Venlo“– dieses Zitat aus einem Zeitungsartikel twitterte Antoin Scholten, Bürgermeister der Grenzstadt, Ende April. Eine Woche später sah man sich im Rathaus zu einem gegenteiligen Aufruf gezwungen: Weil es in der Innenstadt zu voll sei, bitte man Interessierte, von einem Besuch abzusehen – ein Appell nicht zuletzt an die Tagestouristen von jenseits der Grenze.
Ein Shopping-Ausflug nach Venlo oder Roermond ist in NRW beliebt, vor allem wenn an deutschen Feiertagen in den Niederlanden die Geschäfte geöffnet sind – oder das Nachbarland beim Weg aus dem Lockdown eineinhalb Schritte voraus ist. Seit der ersten Öffnung Ende April kamen so viele Deutsche über die Grenze, dass die Regionalzeitung „De Limburger“titelte: „Limburgische Städte kochen über durch die Invasion der Kauftouristen.“
Heute wird die Frage erneut aktuell. Scholten hat bereits angekündigt, an Wochenenden und deutschen Feiertagen Maßnahmen zu ergreifen, um „eine volle Innenstadt in Corona-Zeiten zu verhindern“. Anfang Mai wurden Parkhäuser geschlossen. „Mit schmerzendem Herzen“, so zitiert ihn die Nachrichtenseite 1limburg.nl. Doch an manchen
Orten sei sicheres Einkaufen nicht mehr möglich gewesen.
Ein Anruf im Rathaus von Venlo zu Wochenbeginn zeigt, dass die Erwartungen für den Himmelfahrtstag nicht anders sind. Die ganze Innenstadt werde überlaufen sein, prognostiziert eine Sprecherin. Von entsprechenden Bedenken der Bewohner berichtet auch Nicole Theuns, Sprecherin der Sicherheits-Region Limburg-Noord: Alle versuchten zwar, sich an die Regeln zu halten, aber trotzdem sei es viel zu voll.
Das regionale Sicherheitsgremium koordiniere das Vorgehen mit den betroffenen Bürgermeistern, die für konkrete Maßnahmen zuständig seien, erklärt Theuns gegenüber unserer Redaktion. Zugleich betont sie, dass offene Grenzen, Cafés und Geschäfte bestimmte Tatsachen schafften. Auch die Tatsache, dass für die Einreise in die Niederlande nicht wie in Deutschland ein negativer Corona-Test obligatorisch sei, mache das Land attraktiv. „Ich hoffe von Herzen, dass all diese Leute getestet sind, aber das weiß man natürlich nicht.“
NRW-Gesundheitsminister Laumann betont, dass Touristen nach einem Kurzurlaub in den Niederlanden nach einer neuen Einreiseverordnung des Bundes jetzt fünf
Tage in Quarantäne müssen. Dafür müssten sie 48 Stunden im Nachbarland gewesen sein. Nach einem Tagesausflug sei nach der Rückkehr nach Deutschland ein negativer Test erforderlich, erklärt Erik Manders, Vorsitzender der Unternehmerplattform venlo-stad.com. Seine Organisation vertritt mehr als die Hälfte der 500 Betriebe der City. Er bemängelt, dass die in Berlin und Den Haag getroffenen Entscheidungen an den Bedürfnissen der Grenzregionen vorbeigehen: „Wir sind wirtschaftlich von den deutschen Besuchern abhängig. Und natürlich sind sie willkommen, nur müssen sie eben auch die Abstandsregeln einhalten.“
Ganz ähnlich sieht man das 30 Kilometer südwestlich in Roermond. Wer kurz vor Himmelfahrt im dortigen Designer-Outlet anruft, wird auf drei Sprachen enthusiastisch begrüßt. „Herzlich willkommen, zonder afspraak, kein Termin, no appointment!“Zweifellos werde es auch an diesem Donnerstag wieder voll, so die Rezeptionistin. Im lokalen VVV-Tourismusbüro harrt Zakija Timmers der Dinge, die da unweigerlich kommen: „Sicher wird das knifflig, das haben wir ja am 1. Mai gesehen. Aber natürlich sind sie willkommen, wenn sie sich an die Abstandsregeln halten und getestet sind.“