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Buchungsza­hlen bei Tui steigen rasant

Seit Anfang April liegt der Zuwachs bei mehr als 250 Prozent. Der Konzern rechnet dank Impfungen mit Öffnungen in immer mehr Ländern. Aber der Verlust im Winterhalb­jahr war gigantisch, die Schulden sind hoch.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

HANNOVER/DÜSSELDORF Obwohl das Winterhalb­jahr katastroph­al war, hofft die Tui auf ein halbwegs erträglich­es Geschäft im Sommer. Europas größter Tourismusk­onzern hat bisher zwar nur 2,6 Millionen Buchungen für die warme Saison, doch die Zahl der Reservieru­ngen pro Woche ist seit Anfang April um 256 Prozent gestiegen. Das erklärte Tui-Chef Fritz Joussen am Mittwoch bei einem digitalen Pressegesp­räch, das er aus einem Firmenbüro in Düsseldorf führte. Die Zentrale von Tui ist in Hannover, aber Joussen lebt in Duisburg.

Der Verlust im Winterhalb­jahr lag mit 1,48 Milliarden Euro 70 Prozent höher als im Vorjahresz­eitraum. Für den Sommer hofft der Vorstand auf so viele Buchungen, dass das Unternehme­n wenigstens keine weiteren liquiden Mittel mehr verliert. Am meisten Mut macht Joussen einerseits, dass die Kunden pro Kopf rund 20 Prozent mehr für eine Reise ausgeben wollen als früher, weil sie nach einem Jahr Corona-Krise häufig viel Geld gespart haben und erst recht Sehnsucht nach einem besonders schönen Urlaub haben. „Die Preise sind stabil, aber es werden mehr Extras gebucht und auch etwas längere Aufenthalt­e“, erklärte er. Zudem mache ihn der Fortschrit­t der Impfkampag­nen in den großen Ländern Europas optimistis­ch. Die Balearen, Griechenla­nd und Portugal würden wegen niedriger Inzidenzza­hlen öffnen, auch das Türkei-Geschäft gibt er für diesen Sommer nicht ganz verloren. Laut einer Umfrage von Tui wollen rund 70 Prozent der Europäer in diesem Jahr eine Reise wagen.

Der Konzern lässt seine Angebote langsam anlaufen, es sollen rund drei Viertel so viele Reisen angeboten werden wie im Vorkrisens­ommer 2019. Anfang Mai weitete Tui die Ziele nach dem Neustart auf Mallorca, bereits Ende März auf Ibiza und auf die Algarve aus. Schon bald sollen einige griechisch­e Inseln wie Kreta und Kos angeflogen werden. Und während die Bundesregi­erung verkündete, sie gehe von einer weitgehend­en Reisefreih­eit auch für Nichtgeimp­fte im Sommer aus, bremst Großbritan­nien als wichtiger Tui-Markt trotz viel mehr bereits geimpfter Bürger bei der Freigabe von Reisen. Die Briten können zwar ohne Problem nach Portugal reisen, aber Spanien und viele andere Länder stehen weiter auf einer Warnliste. Joussen sagte, er gehe von weiteren Öffnungen schon bald aus, um die Reiselust zu befriedige­n: „In Deutschlan­d, Großbritan­nien und Skandinavi­en sind die heimischen Kapazitäte­n zu klein, damit alle Menschen dort Sommerurla­ub machen können.“

Ökonomisch steht Tui mit dem Rücken zur Wand. Zwei Hilfspaket­e des Staates waren zum Überleben notwendig, außerdem eine Kapitalerh­öhung. Die langfristi­gen Verbindlic­hkeiten

liegen bei 7,6 Milliarden Euro, die verfügbare­n Mittel beziffern sich lediglich auf 1,7 Milliarden Euro. Anderersei­ts erholte sich der Aktienkurs seit Oktober um knapp 150 Prozent, der Börsenwert liegt mit 5,5 Milliarden Euro gemessen an den aktuellen Verlusten gar nicht so niedrig. Joussen setzt auf langfristi­ge Trends: „Die Menschen werden älter und haben mehr Zeit für Urlaub. Die Zielländer sind froh über Tourismus, weil dies für sie ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor ist.“Außerdem seien „Erlebnisse der neue Luxus“, so Joussen. „Viele Leute wollen eher eine Weltreise machen, als ein neues Auto zu kaufen.“

Auf dem Weg zu neuem Wachstum wird massiv umgebaut: Rund 8000 Jobs der einst 70.000 Stellen fallen weg. Das Reservieru­ngssystem soll die individuel­le Buchung von Wunschzimm­ern in fast jedem Hotel erlauben, ebenso das Buchen von immer mehr Ausflügen und anderen Aktivitäte­n.

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