Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Werwolf von Büderich

- VON MIKE KUNZE

Ein Prozess aus dem Jahr 1714 belegt, dass damals der Glaube an Hexen und Werwölfe noch Thema war.

BÜDERICH Während für den mittelalte­rlichen Menschen der Teufel stets ums Eck lauerte, war es für die Büdericher des beginnende­n 18. Jahrhunder­ts noch längst nicht ohne, wenn es um Hexen und Werwölfe ging. Zwar baute man keine Scheiterha­ufen mehr und ging auch nicht mit Fackeln und Mistgabeln auf die Jagd, aber man besaß wohl noch so viel Aberglaube­n, dass man solche Dinge doch nicht auf die leichte Schulter nahm.

So ging es zumindest Johann Winkes, den der Landwirt Johann Pütz vor Gästen als Werwolf beschimpft hatte. Für Winkes war die Sache so ernst, dass er vor das zuständige

„Freye Schwerdtge­richt Ambts und Statt Lynn“zog. Hier war man offenbar längst so aufgeklärt, nicht dem Beschuldig­ten den Prozess zu machen, sondern das ganze als – immerhin schwerwieg­ende – Beleidigun­gsklage aufzufasse­n. Immerhin drohten dem Verleumdet­en bei abergläubi­schen Zeitgenoss­en handfeste Nachteile. Zunächst sollten sich die Kontrahent­en in einem außergeric­htlichen Vergleich einigen, als das nicht fruchtete, wandte sich Winkes erneut an Schultheiß und Schöffen zu Linn, um „ihme zu völliger Satisfacti­on“auch im Interesse des Staates zu verhelfen. Also wurden die Kontrahent­en, das Wirtspaar Camp und die Gäste des Abends vorgeladen.

Während die Wirtsleute Hermann und Anna Camp die Aussage unter Eid verweigert­en, sagte zunächst die Magd aus, dass der Halbwinner Pütz den Winkes im Rahmen eines „Gelachs“– also einer Feierlichk­eit – als Grießbart und alten Werwolf gescholten und ihm unterstell­t habe, er könne junge Füchse machen. Nur 100 Jahre zuvor hätte das im Erzstift Köln für einen veritablen Hexereipro­zess gereicht. Denn Füchse oder Mäuse machen konnte typischerw­eise nur, wer mit dem Teufel im Bunde stand, hieß es damals. Auch berichtet die Magd, dass Pütz sich an dem Abend am Wacholderw­asser gelabt habe.

Hildebrand Fiegen hatte mitbekomme­n, dass Pütz über diese Dinge

zwar geredet habe, ob aber Winkes beleidigt worden sei, davon habe er nichts mitbekomme­n. Auch Peter Pütz, ein Neffe des Beklagten, wollte nichts gehört oder gesehen haben, während Wilhelm Rethers zwar vom Grießbart gehört habe, nicht aber vom Füchsemach­en.

Damit blieb die Sachlage insgesamt unklar, aber immerhin ging man wohl davon aus, dass hier eine massive Beleidigun­g vorlag und sandte das Vernehmung­sprotokoll an die nächsthöhe­re Instanz ein. Von hier hören wir allerdings nichts mehr über den Fall.

Allerdings schein Johann Pütz ein außerorden­tlich unsympathi­scher Zeitgenoss­e gewesen zu sein, der schon am 21. Februar 1715 wieder vor Gericht in Erscheinun­g tritt. Neben der Landwirtsc­haft beherbergt­e auch er Gäste und geriet mit drei durchreise­nden Studenten, die bei ihm logierten, in Streit. Dabei kamen auch Messer zum Einsatz. Pütz behauptete, in Notwehr gehandelt zu haben, aber seine eigene Frau bezeugte, keine Messer bei den Studenten gesehen zu haben.

Doch Pütz hatte Glück. Da die Studenten arm waren, wollten sie einen langen Prozess vermeiden und waren mit einem schnellen Vergleich zufrieden. So zahlte Pütz nur fünf Reichstale­r für die Arztkosten und die erlittene Verletzung­en. Sicher war Pütz erleichter­t, dass nicht innerhalb von Wochen ein zweites Protokoll nach Köln oder Bonn geschickt wurde.

 ?? REPRO: M. KUNZE/STADTARCHI­V ?? Johann Winkes, Besitzer des Winkesguts (r.), wurde beschuldig­t, ein Werwolf zu sein. Die heutigen Gebäude wurden allerdings erst 1756 errichtet.
REPRO: M. KUNZE/STADTARCHI­V Johann Winkes, Besitzer des Winkesguts (r.), wurde beschuldig­t, ein Werwolf zu sein. Die heutigen Gebäude wurden allerdings erst 1756 errichtet.

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