Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mord vor schöner Kulisse
Der neue Fall von „Kommissar Dupin“ist schön anzusehen, aber behäbig inszeniert.
Wird es zu Hause zu langweilig, begibt sich das deutsche Fernsehen gerne an die maritimen Außengrenzen Europas. Hier eine Pilcher-Verfilmung an der malerischen Küste Cornwalls, dort ein „Kroatien-Krimi“an der blauen Adria. Oder eben mit „Kommissar Dupin“in die atlantische Frische der Bretagne.
Der Autor der literarischen Vorlage zu den Bretagne-Krimis, die mit „Kommissar Dupin: Bretonische Spezialitäten“bei der ARD nun weitergeführt wird, ist beliebt. Neben den neun Krimi-Romanen hat Jean-Luc Bannalec einen Fotoband, ein Kochbuch und eine Sammlung bretonischer Sagen herausgebracht. Der ausgewiesene Liebhaber der französischen Atlantikregion heißt in Wirklichkeit Jörg Bong und leitete bis 2019 als verlegerischer Geschäftsführer die S.-Fischer-Verlage, bevor er sich ganz dem Schreiben und der Bretagne widmete.
Nur wenige Monate nach dem Erscheinen des neunten Romans begannen die Dreharbeiten zur ARD-Degeto-Produktion. Diesmal ermittelt Dupin (Pasquale Aleardi) in der Hafenstadt Saint-Malo, deren graue Festungsmauern fotogen in den wilden Ozean hineinragen. Vor seinen Augen wird in der Markthalle die Spitzenköchin Blanche Trouin (Franziska Junge) von ihrer Schwester Lucille (Nadja Becker) mit einem Filetiermesser erstochen. Es gibt 50 weitere Zeugen.
„Was gibt es da zu ermitteln?“, fragt der örtliche Reviervorsteher Marc (Till Demuth). Aber das beharrliche Schweigen der Schwestermörderin weckt das Interesse Dupins. Eine Jugendliebe zwischen dem Mann der Verstorbenen (Max Koch) und der Täterin und ein Schuldenberg, den Lucille und ihr Lebensgefährte Charles (Thomas Niehaus) bei mafiosen Gläubigern angehäuft haben, bilden die ersten Fährten des Falles, in dem schon bald weitere Mordopfer folgen.
Dabei brütet Dupin im fernen Saint-Malo weitgehend alleine über der Pinnwand, an der die Fotos der Tatbeteiligten angeklebt sind. Kollege Inspector Thierry Kadeg (Jan Georg Schütte) sitzt im Heimatrevier von Concarneau, wo er in einem äußerst bemühten Nebenplot den Anziehungskräften der Sekretärin Nolwenn (Franziska Wulf) ausgesetzt ist, und darf erst im letzten Filmviertel zu den Ermittlungen hinzustoßen. Diese führen, wie so oft in Bannalecs Romanen, tief in die bretonische Geschichte hinein. Schließlich war das pittoreske Saint-Malo einst eine berüchtigte Korsarenstadt, und die Smaragd-Küste hat – wie mehrfach betont wird – ihren Namen nicht von der Farbe des Meeres, sondern von den erbeuteten Schmuckstücken der bretonischen Piraten. Natürlich liegt in der Plotstruktur auch irgendwo noch ein wertvoller Edelstein aus alten Zeiten begraben.
Regisseur Bruno Grass („Soko Wismar“), der mit Dupin nun zum dritten Mal in die Bretagne gereist ist, inszeniert den Fall routiniert, ohne das Nervenkostüm des Publikums über Gebühr zu beanspruchen. So verschlungen sich die Spurensuche auch gestaltet, werden Ermittlungsschritte und aufkommende Verdachtsmomente stets demonstrativ markiert oder vom laut denkenden Kriminalisten erklärt. Subtil geht anders.
Auch wenn Saint-Malo, in dem das Team unter strengen Corona-Auflagen drehen musste, immer eine Filmreise wert ist, wird hier das atmosphärische Potenzial der Kulisse keineswegs ausgeschöpft. Von französischem Charme ist weder in der behäbigen Inszenierung etwas zu spüren noch beim deutschsprachigen Ensemble, das sich nicht wirklich die bretonische Umgebung zu integrieren vermag.
Info „Kommissar Dupin: Bretonische Spezialitäten“ist in der ARD-Mediathek.