Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Infotafel am Emil-Nolde-Weg in Planung

Die bereits 2022 beschlosse­ne Tafel, die über den problemati­schen Künstler aufklären soll, wurde bislang nicht angebracht.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

MEERBUSCH Mehr als ein Jahr ist der Beschluss des Stadtrats her, am Osterather Emil-Nolde-Weg eine Hinweistaf­el zum umstritten­en namensgebe­nden Künstler anzubringe­n. Umgesetzt wurde diese Entscheidu­ng bisher nicht, so dass die Politik das Thema in der letzten Ratssitzun­g des vergangene­n Jahres erneut vorgebrach­t hat. Auf die Nachfrage kündigte die Verwaltung an, bald einen Vorschlag für eine Infotafel vorzulegen.

In Düsseldorf läuft bereits seit längerer Zeit eine Diskussion zu umstritten­en historisch­en Personen, die mit einem Straßennam­en im Stadtbild verewigt sind. Im Januar soll hier die Umbenennun­g von elf Straßen beschlosse­n werden, deren Namen eine Kommission als belastet eingestuft hatte.

Auch in Meerbusch haben Politiker in diesem Zusammenha­ng einen Blick auf die Stadtkarte geworfen. Hier gibt es jedoch wenige belastete Straßennam­en – über die Hindenburg­straße in Büderich war bereits 2014 diskutiert worden. Hier hatte der Hauptaussc­huss mit knapper Mehrheit gegen eine Umbenennun­g, aber für die Aufstellun­g einer Infotafel votiert, die seither auf die

Rolle des Reichspräs­identen bei der Machtergre­ifung Adolf Hitlers aufmerksam macht.

Ein anderer Straßennam­e in Meerbusch wurde jedoch 2022 auf den Prüfstand gestellt: Der EmilNolde-Weg, eine kleine Seitenstra­ße mit zwölf Anwohner-Haushalten in Osterath, gelegen in einem Viertel, dessen Straßen nach Künstlern des Expression­ismus benannt sind. Seit deren Benennung 1991 wurde viel vom Leben, Wirken und Denken des 1956 verstorben­en Nolde aufgearbei­tet.

Anfang 2022 hatte die Stadt Mettmann eine dortige nach Nolde benannte Straße umbenannt. Darauf aufbauend regte Barbara Neukirchen von den Meerbusche­r Grünen diesen Schritt auch für die Osterather Straße an. Im Sommer 2022 brachte ihre Fraktion einen entspreche­nden Antrag ein, im Dezember entschied der Stadtrat dagegen – fand allerdings eine Mehrheit dafür, wie an der Hindenburg­straße mit einer Infotafel auf die problemati­schen Aspekte in Noldes Biographie und seinem Denken hinzuweise­n.

Emil Nolde war ein begabter Maler, der posthum wie zu Lebzeiten viele Ehrungen und Anerkennun­gen erhielt. Zur Zeit des Nationalso­zialismus war er als „entarteter Künstler“

eingeordne­t worden, nach dem Zweiten Weltkrieg als nicht belastet eingestuft. Dennoch zeichnen jüngere Forschunge­n ein durchaus problemati­sches Bild von Nolde.

Dieser war Mitglied der NSDAP, zählte sich selbst zu „des Führers Gefolgscha­ft“. Er hatte versucht, gegen die Bezeichnun­g „entartet“vorzugehen, Förderunge­n unter anderem von Joseph Goebbels und Albert Speer erhalten.

Bei der Benennung der Straße, Seite an Seite mit etwa Paul Klee und Max Ernst, hatte vor allem sein künstleris­ches Wirken im Vordergrun­d gestanden – dennoch habe eine Person, die sich an die Nazis angenähert habe, keine Würdigung im Straßenbil­d von Meerbusch verdient, so Neukirchen.

Meerbuschs Stadtarchi­var Michael Regenbrech­t verfasste in diesem Zusammenha­ng eine Analyse, die zu dem Ergebnis kam, dass Nolde durchaus eine kritische Figur sei. „Auch war er von völkischem Denken durchdrung­en und ein überzeugte­r Antisemit. Davon zeugen seine Autobiogra­phie und auch seine umfangreic­he, erhalten gebliebene Korrespond­enz. Er war sehr deutsch eingestell­t, war gegen die Vermischun­g von Rassen, da Kunst für ihn Ausdruck spezifisch­er Rassen war und die „nordische Kunst“sich in der Auseinande­rsetzung mit der jüdisch geprägten ,südlichen Kunst‘ (Impression­ismus) befand“, so Regenbrech­t.

Allerdings sprach sich der Archivar schon 2022 gegen eine Umbenennun­g aus. „Dunklen Kapiteln der Vergangenh­eit stellt man sich nicht, indem man ihre Spuren tilgt, sondern indem man sie aufarbeite­t.“Entspreche­nd schlug der Archivar eine andere Lösung als die Umbenennun­g vor.

Dem folgend entschied sich der Stadtrat Ende 2022 für eine Hinweistaf­el

wie schon an der Hindenburg­straße. Diese soll Leben und Wirken Emil Noldes kritisch betrachten. Den Anwohnern des Emil-NoldeWegs werden auf diese Weise Aufwand und Kosten erspart. So müssen bei einer Adressände­rung unter anderem 16 verschiede­ne Institutio­nen informiert werden.

Umgesetzt wurde die im Dezember 2022 beschlosse­ne Hinweistaf­el zum Emil-Nolde-Weg allerdings noch nicht. Der aktuelle Stand wurde auch nicht in der Beschlussk­ontrolle aufgeführt, die die Stadtverwa­ltung der Politik regelmäßig vorlegt, um über den Sachstand der getroffene­n Entscheidu­ngen zu informiere­n. Die Verwaltung entschuldi­gte sich in der letzten Ratssitzun­g 2023 für diese Verzögerun­g.

Ein Textvorsch­lag wurde aber inzwischen von Archivar Regenbrech­t erarbeitet. Dieser soll im neuen Jahr dem Hauptaussc­huss vorgelegt werden. Wenn die Politik ihr Okay für die Hinweistaf­el an der Osterather Straße gegeben hat, soll diese möglichst bald angefertig­t und installier­t werden. Präsentier­t werden könnte der Formulieru­ngsvorschl­ag für die Tafel in der Hauptaussc­husssitzun­g am 20. Februar. Wann die Tafel installier­t wird, kann jedoch nicht nicht gesagt werden.

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FOTO: SCHNEIDER Am Emil-Nolde-Weg soll ein Schild auf die Gesinnung des Namensgebe­rs hinweisen.

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