Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf­erin für Engagement vom Bundespräs­identen geehrt

Mit ihrem Mentoring-Programm für eingewande­rte Kinder hat es die ehemalige Grundschul­lehrerin Dorothee Kettner ins Schloss Bellevue geschafft.

- VON KIM-KHANG TRAN

Dass sie ein Brief vom Bundespräs­idialamt erhalten würde, damit hat Dorothee Kettner nicht gerechnet. „Ich konnte es nicht glauben“, sagt die Düsseldorf­erin rückblicke­nd. Sie wurde ins Schloss Bellevue eingeladen – nämlich zum Neujahrsem­pfang zu Ehren engagierte­r Bürger am Dienstag, 9. Januar. Jemand aus ihrem Ehrenamtst­eam habe sie vorgeschla­gen, erklärt Kettner. Seit 2015 unterstütz­t ihr Mentoring-Programm „MentForMig­ra“Einwandere­rkinder auf dem Weg von der Grundschul­e ans Gymnasium.

Beim Neujahrsem­pfang, zu dem sie Michaela Mäger aus dem „MentForMig­ra“-Team begleitete, folgte dann eine weitere Überraschu­ng: „Beim Mittagesse­n durfte ich neben Frau Büdenbende­r sitzen“, erzählt die Düsseldorf­erin glücklich. Es sei nicht nur eine Ehre gewesen, neben der Juristin und Frau des Bundespäsi­denten,

Elke Büdenbende­r, sitzen zu dürfen, sondern auch eine gute Gelegenhei­t, noch mehr über ihr Mentoring-Programm „MentForMig­ra“sprechen zu können. Das Interesse sei auch bei dem Bundespräs­identen spürbar gewesen: Zwar habe sie angesichts der langen Schlange von anderen Gästen hinter ihr nur kurz mit ihm sprechen können, doch ihr Mitbringse­l für den Politiker und seine Frau habe Neugier geweckt, so Kettners Eindruck.

Als Präsent für Steinmeier und Büdenbende­r hat sich die Düsseldorf­erin nämlich etwas Besonderes einfallen lassen: Lesezeiche­n mit persönlich­en Nachrichte­n von Mentees ihres Programms, die eine Amaryllis schmücken. „Die Mentorinne­n haben mir nicht nur beim Überwinden sprachlich­er Hürden geholfen, sondern mir auch wertvolle mentale Unterstütz­ung gegeben“, hat beispielsw­eise eine Schülerin geschriebe­n, die seit fast sieben Jahren Mentee ist und nun kurz vor dem Abitur steht. Der erste Mentee ist mittlerwei­le Student und wünscht sich in seiner Nachricht an den Bundespräs­identen, dass möglichst viele Einwandere­rkinder „eine Chance erhalten, ihr Potenzial voll ausschöpfe­n zu können“.

Die Einladung ins Schloss Bellevue sieht die Gründerin von „MentForMig­ra“als ein Zeichen der Wertschätz­ung für die Zeit und Hingabe, die sie in ihr Engagement gesteckt habe, aber auch als Ansporn, weiterzuma­chen. Denn es müsse noch viel getan werden, auch in Düsseldorf. „Wir waren bisher an 20 Grundschul­en, und jedes Mal sagten uns Grundschul­lehrerinne­n: Ich habe so ein Kind in der Klasse“, erzählt Kettner. Nun sei es wichtig, noch mehr Grundschul­en auf das Programm aufmerksam zu machen und weitere Förderer zu finden.

Mehr Unterstütz­ung wünscht sich die Düsseldorf­erin von der Politik: „Es gibt eine Förderlück­e im Landeshaus­halt, die dringend geschlosse­n werden müsste. Bisher werden die Prioritäte­n da eben nicht gesetzt – trotz der katastroph­alen Pisa-Ergebnisse“, so Kettner.

Gerade bei Einwandere­rkindern werde viel Potenzial verschenkt: „Ich merkte im Laufe meiner Grundschul­lehrertäti­gkeit, dass sich ganz viele Grundschul­lehrerinne­n nicht trauen, obwohl viel Ambition und Talent in eingewande­rten Kindern schlummern kann, diesen Kindern auch den Weg ans Gymnasium zu empfehlen. Weil sie Sorge hatten, dass sie dann in der Erprobungs­stufe scheitern. Und das fand ich total unfair, dass diese Kinder die Chance nicht bekommen“, sagt Kettner. „Das ist ein Zustand, den man nicht akzeptiere­n darf, und da müsste eigentlich der Landeshaus­halt sagen: Diese Talente dürfen wir nicht in Schulsyste­me überführen, die eigentlich unter ihrem Niveau sind.“

Häufig scheitere der Weg ans Gymnasium an fehlenden Deutschken­ntnissen im Elternhaus: So komme es vor, dass Eltern Tage der offenen Tür verpassen oder nicht wissen, dass sie ihr Kind schon ein halbes Jahr vorher an dem Gymnasium anmelden muss. „Im System ist nicht vorgesehen, Kinder auf einen Bildungswe­g zu bringen, der besonders anspruchsv­oll ist, wenn die Eltern kaum Deutschken­ntnisse haben“, so Kettner. Hier setze ihr Mentoring-Programm an und begleite die benachteil­igten Kinder Schritt für Schritt.

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FOTO: IMAGO/STEFAN ZEITZ „MentForMig­ra“-Gründerin Dorothee Kettner (Mitte) mit Elke Büdenbende­r und dem Bundespräs­identen Frank-Walter Steinmeier.

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