Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Millionen-Invest zur City-Stabilisierung
Der Hauptausschuss steht vor einer zukunftsweisenden Entscheidung: Kauft die Stadt die leere Kaufhof-Immobilie oder nicht? Aus Sicht von Wirtschaftsdezernent Frank Gensler kommt Neuss um diese Investition gar nicht herum. So argumentiert und plant die Ver
Mit Horst Hanraths planerischer Vision einer Markthalle und Wolfgang Waldners Entwürfen für ein „Urbanes Dorf“liegen zwei Vorschläge von Architekten zur Nutzung der leeren Kaufhaus-Immobilie (ehemals Galeria Kaufhof) an der Niederstraße auf dem Tisch. Beiden fehlen nach Ansicht von Ralf Kriesemer, Geschäftsführer der städtischen Neusser Bau- und Immobilienmanagement GmbH (NBI), zwei entscheidende Aspekte: Ein Preisschild – und die planungsrechtlichen Voraussetzungen.
Sie spielen deshalb keine Rolle in der Argumentation, mit der die Verwaltung den Hauptausschuss am 25. Januar davon überzeugen will, für einen kleinen zweistelligen Millionenbetrag die KaufhausImmobilie zu erwerben. Der Kaufpreis entspricht ziemlich genau dem Grundstückswert plus dem Preis der Tiefgarage und ist aus Sicht der Verwaltung angemessen. Als Kämmerer halte sich seine Begeisterung für diese Investition trotzdem sehr in Grenzen, räumt der Beigeordnete Frank Gensler ein, als Wirtschaftsdezernent muss er aber zugeben: „Die Stadt kommt nicht drumherum.“Schon damit sich in dem Objekt schnell wieder neues Leben regt.
„Wenn wir nicht zugreifen, findet der Eigentümer am Ende einen Käufer, der das Haus aus spekulativen Gründen erwirbt und liegen lässt“, sagt Gensler überzeugt. Ihm ist noch
immer die von der Politik vertane Chance sehr präsent, das Areal der ehemaligen Schraubenfabrik für einen Sonderangebotspreis zu erwerben, das dann an einen privaten Investor ging. Passiert ist auf dieser Fläche bis heute nichts, und genau einen solchen Stillstand befürchtet Gensler auch im Fall Kaufhof – und zwar für Jahre. Diese Zeit habe die Stadt aber nicht, sagt er. Der Kauf – für Kriesemer hat er auch mit Stadtreparatur zu tun.
Die Stadt würde aber keine Katze im Sack kaufen. Denn zuvor ließ sie durch die Kölner Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) eine Machbarkeits- und Potenzialanalyse erstellen, die Geschäftsführerin Birgitt Wachs im Hauptausschuss vorstellen wird. Machbar ist einiges, sinnvoll auch, ein Renditeobjekt aber ist der Kaufhof nach Genslers Überzeugung nicht. „Wenn man den Kosten ein mögliches
Mietniveau gegenüberstellt, bleibt immer eine Lücke, die die Stadt schließen muss“, sagt er. Eine Lösung des Problems zum Nulltarif sieht der Beigeordnete nicht.
Eine Wohnnutzung, wie sie die schon genannten Architekten in Erwägung ziehen, sei nicht untersucht worden, sagt Wachs. Das kann Gensler, der als nebenamtlicher Geschäftsführer
des städtischen Bauvereins die Situation im Bausektor kennt, nachvollziehen. Angesichts der Baukosten und der sogenannten Freimachungskosten – etwa für die Abtragung der Obergeschosse – hält er Wohnungsbau momentan für eine betriebswirtschaftliche Unmöglichkeit. Auf lange Sicht sei Wohnen sicher ein Thema, sagt er, aber nur „für die Gegend“und weniger für das Objekt selbst.
Die Stadt möchte investieren, auch wenn das Invest keine Rendite abwirft. Aber sie tut dies in einer Situation, in der Experten eine Renaissance der Innenstädte ausmachen. Die Zeit innerstädtischer Einkaufszentren, die vor mehr als zehn Jahren zwei Investoren auch in Neuss (vergebens) ihr Glück suchen ließen, ist nach Ansicht der GMA vorbei. Aktuell sieht Birgitt Wachs sogar die Einkaufstempel auf der grünen Wiese unter Druck, sich angesichts wachsender Leerstände umzustrukturieren. Das RheinparkCenter macht da keine Ausnahme. Die Innenstädte besäßen hingegen weiterhin eine gewisse Attraktivität, allerdings, so Wachs, „muss man diese stützen.“
Dazu sind Frequenzbringer nötig, wie die Galeria es in ihren besten Zeiten war. Die GMA hält dazu eine Einzelhandelsnutzung im Erd- und im ersten Obergeschoss für unumgänglich. Auf Straßenniveau regt sie die Ansiedlung von Lebensmittelanbietern an, die zur Belebung beitragen. Für sie sieht Wachs eine Marktchance, obwohl es in der City vier Discounter, den Rewe-Markt am Büchel und den neuen Edeka an der Gielenstraße gibt – wenn sie um Degustationsangebote und Gastronomie ergänzt werden. Im ersten Obergeschoss hält die GMA Fachmärkte etwa für Elektro- oder Sportartikel für sinnvoll. „Die gibt es in der Stadt derzeit nicht“, sagt Wachs, die bei den entsprechenden Anbietern das Interesse an einer Ansiedlung abfragen will. Im zweiten Obergeschoss könnten Fitnessoder Wellnessangebote angesiedelt werden und aus dem Bürotrakt ein Ärztehaus oder eine Nebenstelle des Rathauses werden.
Aber das ist ferne Zukunft. Sollte die Politik den Kauf beschließen, würde die NBI Eigentümerin und – beraten durch die GMA – als Generalunternehmerin auch den Umbau stemmen. Man werde das Objekt aber nicht gleich in Gänze anfassen, sagt Kriesemer. Vorrang müssen das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss haben, ergänzt Gensler. Wenn alle Baustellen laufen – und ohne Umbauten und weitere Investitionen im mittleren einstelligen Millionenbereich werde es nicht gehen – „haben wir Ruhe genug, Pläne für das zweite Obergeschoss und den Büroturm zu entwickeln“.
Vorrang hat aus Sicht der Verwaltung, das Kaufhaus schnell wieder in Nutzung zu bringen. Gensler hält Interimslösungen für möglich, sagt aber auch: „Wir müssen uns auf einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren verständigen.“