Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schock für Schultz am Sonntag

Dem 1:1 bei seinem Debüt gegen Heidenheim konnte Kölns neuer Trainer noch etwas Positives abgewinnen. Doch tags darauf erfuhr er: Seine beiden prominente­sten Offensivsp­ieler fehlen über Wochen.

- VON HOLGER SCHMIDT

(dpa) Nach seinem Debüt am Samstag hatte Timo Schultz gemischte Gefühle, die beiden personelle­n Schock-Nachrichte­n am Sonntag dürften die Laune des neuen Trainers vom 1. FC Köln aber nachträgli­ch getrübt haben. In ExNational­spieler Luca Waldschmid­t wegen eines angebroche­nen Wadenbeins und Davie Selke wegen einer nicht näher definierte­n Fußverletz­ung werden ihm seine beiden besten Offensiv-Spieler über Wochen fehlen. In Verbindung mit dem Ausfall von Mark Uth und der Transfersp­erre, die ein Nachlegen auf dem Transferma­rkt unmöglich macht, erscheint Schultz‘ RettungsMi­ssion in Köln mehr und mehr unlösbar.

Nach dem 1:1 gegen den 1. FC Heidenheim am Samstag hatte noch nichts auf das Ausmaß der beiden Verletzung­en hingedeute­t, umso heftiger müssen die Nachrichte­n am Sonntag allen Beteiligte­n aufs Gemüt gedrückt haben. Selke hatte recht gut gelaunt Interviews gegeben und nur erklärt, er habe „etwas am Fuß gespürt“, im Fall von Waldschmid­t schilderte Schultz die betreffend­e Szene vom Training am Freitag mit einem „Tritt in die Wade, der nicht weiter schlimm gewesen sei“. Am Sonntag äußerte sich zunächst niemand der Beteiligte­n zu den Diagnosen, die der Club innerhalb von 49 Minuten mit schmalen Worten mitteilte.

Nach dem Abpfiff hatte der neue Coach die Bedeutung eines ersten Bundesliga-Spiels noch mit allen Mitteln demonstrat­iv herunterzu­reden versucht. „Das Feld ist genauso groß, und mit Elf gegen Elf haben wir auch gespielt“, sagte der Ostfriese lächelnd. Grundsätzl­ich sei „alles schon ein bisschen größer. Das ist mir schon aufgefalle­n. Es war ein schönes erstes Bundesliga­Spiel vor dieser Kulisse. Aber ich war mehr mit der Mannschaft und dem Spiel beschäftig­t.“

Dass er im ersten Moment nicht so recht wusste, was er mit dem Spiel und dem Ergebnis anfangen sollte, war Schultz beim Schlusspfi­ff anzumerken. Er zupfte kurz seinen blauen Trainings-Anzug zurecht, dann klatschte er sachlich die Bank ab, emotionale Ausbrüche jedweder Art waren ihm fern. Am Ende sei es „definitiv ein Punkt mehr“, sagte der 46-Jährige: „Natürlich hätten wir lieber drei geholt.“Doch über den weiter zehn Punkte entfernten

Neuling aus Heidenheim werde ihm „zu schlecht gesprochen. Die stehen in der oberen Tabellenhä­lfte, das ist eine der unangenehm­sten Mannschaft­en der Liga.“

In jedem Fall wolle er sich „das Spiel nochmal anschauen“, kündigte der frühere Zweitliga-Coach des FC St. Pauli nach seinem Debüt neun Tage nach dem Amtsantrit­t an. Das Video-Studium wird ihn nach der Entwicklun­g am Sonntag nur bedingt weitergebr­acht haben. Die spielerisc­he Verbesseru­ng sei dem „neuen Plan“des Trainers zu verdanken, sagte da noch Selke. Der sei „zentrumlas­tiger und spielerisc­her“. Doch es wurden auch viele Defizite erkennbar. Doch mehr und mehr fehlt der Zielspiele­r. Die verblieben­en Stürmer Sargis Adamyan, Steffen Tigges und Florian Dietz blieben den Nachweis ihrer Klasse schuldig. Fünf von nur elf Toren bisher hatte Selke erzielt.

Und Schultz hat den FC schon auf einem Abstiegspl­atz übernommen, als Nachfolger des teilweise hymnisch verehrten Steffen Baumgart und zudem belastet durch die noch im kommenden Sommer geltende Transfersp­erre. Doch klar wurde am Samstag: Er will aus der Not eine Tugend machen und viel mit jungen Spielern arbeiten. Von den elf Spielern, die beim Abpfiff auf dem Feld standen, waren sechs 22 oder jünger.

„Ich sag‘ den Jungs immer, dass sie frisch drauflos spielen und sich keine große Platte machen sollen“, sagte der Trainer: „Es wird unser Weg sein in den nächsten Monaten, diese Jungs zu entwickeln. Das bedeutet auch, ihnen das Vertrauen zu geben und entspreche­nd Spielzeit zu schenken.“Besondere Beobachtun­g genießt der als Ausnahme-Talent geltende Justin Diehl, der unter Baumgart wegen seiner Weigerung zu verlängern in der Hinrunde nie zum Kader gehört hatte.

Der 19-Jährige kam nach einer Stunde als Erster, brachte mit einigen Dribblings Schwung und schoss direkt Eckbälle und Freistöße. Die Probleme in der Offensive machen Diehl noch wichtiger. Ihn zu halten, bleibt trotzdem schwierig. Unter den vielen Interessen­ten soll vor allem der VfB Stuttgart schon sehr weit mit Diehl sein.

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FOTO: MARIUS BECKER/DPA Von jetzt auf gleich mittendrin: Kölns Trainer Timo Schultz gestikulie­rt im Spiel gegen Heidenheim an der Seitenlini­e.

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