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Streit um Delons Erbe

Der Schauspiel­er ist noch nicht tot, trotzdem beharken sich seine Kinder in der Öffentlich­keit. Sie fürchten, der 88-Jährige könnte sein Testament ändern.

- VON ULRIKE KOLTERMANN

(afp) Das Testament ist gemacht, aber der alte Herr verliert an Verstand, und seine Kinder fürchten, dass er es noch einmal ändern könnte: Was in den besten Familien vorkommt, scheint sich derzeit auch unter den drei Kindern des 88 Jahre alten französisc­hen Filmstars Alain Delon abzuspiele­n. Obwohl alle Beteiligte­n zurückweis­en, dass es ihnen ums Erbe geht, streiten sich die beiden Söhne und die Tochter des Schauspiel­ers seit Wochen in aller Öffentlich­keit über den angemessen­en Umgang mit dem schwer kranken Vater.

Der 59 Jahre alte Anthony, die 33 Jahre alte Anouchka und der 29 Jahre alte Alain-Fabien streiten vor allem darüber, ob Alain Delon seine letzten Tage in der Familienre­sidenz in Frankreich verbringen oder in die Schweiz übersiedel­n soll. Der Schauspiel­er hat einen Wohnsitz in der Schweiz und die doppelte Staatsbürg­erschaft.

Seine Tochter Anouchka wohnt ebenfalls in der Schweiz und bemüht sich seit Längerem, ihren Vater dorthin zu holen. Die geringere Erbschafts­teuer in der Schweiz spiele dabei jedoch keine Rolle, betont sie. „Der einzige Grund dafür ist, dass er dort von Spezialist­en behandelt werden soll“, erklärte sie kürzlich dem Sender TF1. Anthony, der mit den beiden deutlich jüngeren Halbgeschw­istern lange kaum Kontakt hatte, wirft Anouchka unlautere Absichten vor. „Jemand, der die Familie manipulier­t und belügt, dem ist alles zuzutrauen“, sagte er in der vergangene­n Woche der Zeitschrif­t „Paris Match“. Er erklärte auch, dass er seine Vorwürfe der Polizei zu Protokoll gegeben habe.

Damit trat er eine Welle juristisch­er Rangeleien los: Der Anwalt des Vaters kündigte eine Verleumdun­gsklage gegen Anthony an. Der jüngere Bruder Alain-Fabien erklärte, dass er seinerseit­s die Schwester verklage, die seiner Ansicht nach die Schwäche seines Vaters ausnutze. Zudem veröffentl­ichte er eine heimliche Aufnahme, in der Anouchka ihren Vater warnt, in eine Falle zu laufen.

Im Hintergrun­d steht wohl auch die jahrelange Ungleichbe­handlung der Kinder durch den Schauspiel­er. Antho- ny war vier, als der Vater sich von dessen Mutter trennte. Er wuchs bei seinem Patenonkel auf und driftete in seiner Jugend in die Kleinkrimi­nalität ab. Alain Delon zog den beiden Jungen seit jeher seine Tochter vor, die er in Anspielung auf seine berühmtest­e Geliebte Romy Schneider „die neue Romy“nannte.

Anouchka bekam laut „Paris Match“nicht nur eine führende Stellung in dem Unternehme­n, das die Lizenzen und Werbevertr­äge ihres Vaters verwaltet, sondern auch eine Villa mit eigenem Schwimmbad auf Delons Grundstück in Douchy, südlich von Paris. Sie war die Einzige, die Delon 2019 in Cannes begleitete, als er eine Ehrenpalme für sein Lebenswerk erhielt. Vor allem aber vermacht der Schauspiel­er seiner Tochter – nach Aussage des Sohnes Anthony – in seinem Testament die Hälfte seines Vermögens, während die beiden Söhne jeweils nur ein Viertel erhalten sollen. Eine Entscheidu­ng, die nicht zur Eintracht der drei Ge- schwister beigetrage­n haben dürfte.

Einig waren sich die drei lediglich, als sie im vergangene­n Jahr gegen eine weitere Anwärterin auf das Erbe vorgingen. Gemeinsam verklagten sie Hiromi Rollin, die langjährig­e japanische Hausgenoss­in des Schauspiel­ers. Sie hatten sie im Verdacht, sie wolle Alain Delon heiraten und sich so einen Teil des Erbes sichern. Rollin wurde gezwungen, aus Delons Villa auszuziehe­n. Das Verfahren wurde mittlerwei­le eingestell­t, aber nun wirft Rollin den Geschwiste­rn vor, die medizinisc­he Behandlung Alain Delons abgebroche­n zu haben. „Damit haben sie ihn in Lebensgefa­hr gebracht“, sagte sie am Donnerstag dem Sender RTL.

Wie schlecht es Alain Delon wirklich geht, der 2019 mehrere Schlaganfä­lle hatte, ist nicht bekannt. „Manchmal ist er geistig da, manchmal nicht“, so beschreibt AlainFabie­n Delon den Zustand des Schauspiel­ers in der jüngsten Ausgabe von „Paris Match“. „Er fragt mich ständig, ob es Morgen oder Abend ist“, fügt er hinzu. Es scheint gut möglich, dass Alain Delon von den Streiterei­en seiner Kinder nicht mehr viel mitbekommt.

Ein von der Justiz beauftragt­er Arzt wird nun den Gesundheit­szustand des Schauspiel­ers beurteilen, nachdem der 88-Jährige und sein Sohn Anthony bei der Staatsanwa­ltschaft beantragt hatten, „aus gesundheit­lichen Gründen“unter Schutz gestellt zu werden. Die Staatsanwa­ltschaft habe „einen befugten Arzt eingeschal­tet, um die Situation von Alain Delon zu beurteilen“, erklärte der Staatsanwa­lt von Montargis, Jean-Cédric Gaux am Donnerstag.

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FOTOS: PATRICE LAPOIRIE/IMAGO, IMAGO (4) Alain Delon im Mai 2019 in Cannes, wo ihm eine Ehrenpalme für sein Lebenswerk verliehen wurde.
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Alain Delon 1967 in einer Szene des Films „Mit teuflische­n Grüßen“.
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Alain-Fabien Delon
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Anouchka Delon
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Anthony Delon

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