Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Weltkriegs­pilot sucht Retterin

Ein 104 Jahre alter Brite hat die Familie seiner Unterstütz­er in Italien gefunden.

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

John Allman Hemingway ist das, was man einen Kriegsheld­en nennen würde: Hemingway, 1919 im irischen Dublin geboren, war Pilot der britischen Royal Air Force. Im Zweiten Weltkrieg war er beteiligt an der Schlacht von Dünkirchen, der Luftschlac­ht um England, der Invasion der Alliierten in Italien sowie in der Normandie. Viermal wurde der Ire abgeschoss­en und überlebte doch jedes Mal. Jetzt, im Alter von 104 Jahren, wollte er das Mädchen kennenlern­en, das ihm 1945 das Leben rettete.

Hemingway ließ seine Angehörige­n einen Appell in der Gegend von Ferrara verbreiten. Auf dem Gebiet der Gemeinde Copparo wurde seine Spitfire kurz vor Kriegsende am 23. April 1945 von deutschen Soldaten, die damals noch Norditalie­n besetzt hielten, abgeschoss­en. Gesucht werde ein damals knapp zehn Jahre altes Mädchen, das ihm das Leben gerettet habe. Die Frau müsste heute etwa 90 Jahre alt sein, aber der irische Pilot hatte Hoffnung, seine damalige Retterin am Lebensende doch noch zu finden.

Die Gemeinde Copparo wurde infolge des Appells aktiv, auch der örtliche Archäologi­everein machte sich an die Arbeit. Man hatte 2016 die Reste einer abgeschoss­enen Spitfire auf dem Gemeindege­biet gefunden und geborgen. War es das Flugzeug Hemingways? Der Appell des Piloten wurde in den sozialen Netzwerken verbreitet, die Lokalzeitu­ngen schrieben über den Fall. Bis die Nachricht an das Ohr von Lina Volpi drang, die in Copparo lebt.

Volpi ist heute 61. Ihre Mutter hatte früher stets eine Geschichte erzählt, in der ihre Familie einen britischen Soldaten versteckte. „Als ich noch klein war, erzählte meine Mutter immer die Geschichte von diesen Flugzeugen und von jenem Mann, einem ausländisc­hen Piloten“, sagte Volpi vor Kurzem der Zeitung „Il Resto del Carlino“. Die Familie habe den Mann nach seinem Absturz in Copparo vor der Wehrmacht versteckt, ihn mit Bauernklei­dern ausgestatt­et, ihm zu essen gegeben und ihm bei der Flucht geholfen. „Als ich von dem Aufruf gehört habe, war ich mir sicher: Das Mädchen war meine Mama!“

Giancarla Fabbri, das damals neun Jahre alte Mädchen, starb vor zehn Jahren. Gewissheit gibt es nicht, doch wie viele Mädchen haben einen in Copparo abgestürzt­en britischen Piloten im Frühjahr des Jahres 1945 vor der Wehrmacht versteckt? John Hemingway berichtete, das Mädchen habe ihn dann in der Dunkelheit an den feindliche­n Stellungen vorbei zu seinen britischen Kameraden begleitet. „Ich hatte damals nicht Angst um mein Leben, sondern fürchtete, dass jenem mutigen Mädchen etwas zustoßen könnte, weil es mir half“, erinnert sich Hemingway. Der 104 Jahre alte Ex-Pilot lebt heute in einem Altenheim in Dublin.

Lina Volpi, die Tochter der kleinen Heldin, sagt: „Ich würde den Piloten lieber heute als morgen in den Arm schließen.“

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SCREENSHOT­S: YOUTUBE/RP John Hemingway (l.) suchte Lina Volpis Mutter Carla Fabbri (Foto oben rechts), die Hemingway im Zweiten Weltkrieg (u. r.) rettete.

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