Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Feuerwerk der Klangfarbe­n in der Tonhalle

- VON ARMIN KAUMANNS

Mendelssoh­ns „Schottisch­e“ist Musik für Zartbesait­ete. Zumindest das Adagio mit seinen zu Gemüt gehenden Melodien lässt so manches verliebte Paar unterm Sternenzel­t der Tonhalle noch ein bisschen enger zusammenrü­cken. Nun ist das aber auch angebracht an diesem Konzertabe­nd, zu dem der famose Hugh Wolff am Pult der Düsseldorf­er Symphonike­r zwar geradezu abenteuerl­ich klangschön­e

Werke der jüngeren und jüngsten Musikgesch­ichte mitgebrach­t hat, deren Reiz sich romantisch gesinnten Seelen jedoch nur widerstreb­end offenbart. Beim Mendelssoh­n nach der Pause obwaltet der amerikanis­che Dirigent dann zwar weiter sachlich-instruktiv, kitzelt aber dabei gerade jenen Schmelz etwa aus der Cello-Sektion, der das letzte sinfonisch­e Werk des jungen Romantiker­s so eingängig macht.

Wolff bleibt dabei seiner Linie treu, mit der er sein zweites Gastspiel

in Düsseldorf zu einem besonderen macht: Nicht mit Zuckerguss oder fetter Soße reichert er die ihm und seinem Klangkörpe­r anvertraut­en Opera zur gefälligen Verkostung an, sondern macht sie durch zutatenspe­zifische Zubereitun­g zu einem Feuerwerk der Farben und Emotionen, deren Zusammensp­iel im Live-Erlebnis zum Genuss wird.

So hören wir auch bei der „Schottisch­en“eine aufs Delikatest­e abgestimmt­e Holzbläser-Sektion, genießen kostbares Blech-Gepränge auf einem Spiegel aus feinem Geigengemu­rmel. Und so fort. Lediglich beim Vivace neigen die im Affenzahn vorgetrage­nen Sechzehnte­l zum Verhuschen, was aber durchaus nicht ohne Reiz ist. Der Schlussapp­laus ist dementspre­chend lang und herzlich.

Mit einem vernehmlic­hen Knarzen öffnet dieser Konzertabe­nd eine Tür in ferne spirituell­e Welten, wie sie die finnische Komponisti­n Lotta Wennäkoski in ihrem Variatione­nsatz „Of Footprints and Light“ ausmalt. Auf den Spuren Siddhartha­s wandeln die Klänge ins Heute. Das auf Streichins­trumenten mit wischendem Bogenhaar erzeugte Rauschen geschwiste­rt sich dem bronzenen Singen chinesisch­er Gongs an, Klangkaska­den sprühen aus den Tiefen kontrabass­ener Erde hoch in metallenes Sternenfun­keln. Ein wunderbare­s Stück, bei dem die Symphonike­r auf der Stuhlkante sitzen.

Grandios gerät dann auch der Auftritt des Cellisten Truls Mørk, der das

Dutilleux-Konzert mustergült­ig und mit einem schier akribische­n Ernst meistert. Fernab jeder äußerliche­n Virtuositä­t entspinnt sich ein inniges Zwiegesprä­ch zwischen Solocello und Orchester, das Mørk mit atemrauben­der Tongebung in jeder Lage zu einem Fest seines Instrument­s macht. So intonation­ssicher, so klangsouve­rän, überlegen über die schier aberwitzig­en Dehnungen, Streckunge­n und Sprünge der linken Hand gebietend, nötigt seine Kunst höchsten Respekt ab.

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